Andreas Vöst. Ludwig Thoma. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Ludwig Thoma
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783849637590
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des für Leut san?«

      »Wann er ihr 's Heirat'n g'hoaßen hat, nacha muaß er do b'steh drauf,« mischte sich die Schullerin ein. »Gib's denn do gar koa G'setz?«

      »Host ja g'hört, daß er si wegschwör'n will. Der werd si scho was z'sammlüag'n, daß sie mit Schanden dosteht. Dös hätt' sie de Loas z'erscht denka kinna. Jetzt geh außi in Stall!«

      Ursula brummte vor sich hin und ging.

      »Du sollst it gar a so grob sei,« sagte die Schullerin, »dös helft jetzt aa nix mehr.«

      »Da host recht. Bal no was helfet, nacha tat i mi net so zürna.«

      »Es is andere Leut'n aa scho passiert, vielleicht geht's besser außi, als d' moanst.«

      »Ös Weiberleut seid's glei tröst. I ko dir's g'nau sag'n, wia's nausgeht. Der Hierangl suacht scho lang was geg'n mi, und jetzt hat er was g'funden. Bal si der Jung bloß weglaugna tat, dös waar no gar it des ärgst. Aba der Alt' freut si, wenn's an Prozeß gibt; der setzt oa Lug auf de ander, und des meist geht geg'n mi, net geg'n 's Madel.«

      »Red'n muaßt halt do mit eahm.«

      »Mit'n Junga scho; mit'n Alten it.«

      Die Unterredung kam bald. Nach ein paar Tagen, als der Hierangl Xaver am Jägerbergl ackerte. Der Schuller säte nicht weit von ihm Winterroggen und ging bedächtig die Höhe hinan.

      Die blaue Schürze, in welcher die Saatkörner lagen, hielt er zusammengerafft und warf bei jedem zweiten Schritte eine Handvoll über die Furchen. Er gab wohl acht, daß die Würfe nicht gegen den Wind geschahen, weil sie sonst zusammengeschoben oder verweht werden.

      Als der Schurz geleert war, ließ ihn der Schuller fallen und stieg über die Schollen zum Xaver hinüber.

      »Du, i ho mit dir was z'red'n,« sagte er.

      Der Hierangl hielt an und fragte:

      »Was denn nacha?«

      »Du woaßt, wia's mit der Urschula steht. Wia is denn nacha dös?«

      »Do werd it viel sei,« sagte der Xaver.

      »So?«

      »Na. Dös bekümmert mi gar nix.«

      »Du mögst di gern weglaugna, gel?«

      »I bekümmer' mi gar nix drum.«

      »Du muaßt it moan, daß i di ums Heirat'n bitt'. Du müaßt erscht sehg'n, ob's mir recht waar.«

      »Auf dös brauchst it wart'n, daß i um a deinige Tochta kimm.«

      Der Schuller wurde zornig, wie er den frechen Burschen ansah. Der getraute sich, den gestandenen Mann zu verhöhnen, und zog die Mundwinkel hinauf, als wollte er lachen.

      »Du schamst di gor it?« fragte der Bauer. »Du tatst di no prahl'n damit, ha? Aber paß auf, ob's dir so nausgeht, wia's d' moanst.«

      »Dös wer'n mi ja sehg'n.«

      »Dös werst aa sehg'n, bal's zum Zahl'n kimmt.«

      »Dös scheuch i gor it; es teilen sie grad' gnua drei, da trifft auf an jed'n nit viel.«

      »Sagst du dös? Derfst du dös sag'n?«

      Der Schuller packte den Burschen an der Brust und schüttelte ihn heftig.

      »Laß aus!« schrie Xaver. »I laß mi vo dir it beuteln.«

      »Du ... du Lausbua, du ganz schlechta ... derschmeißen tat i di allaweil, wann'st ma net z'weni waarst.«

      »Laß aus! sag' i.«

      »Da ... Rotzbua!«

      Der Xaver bekam einen Stoß, daß er ein paar Schritte nach rückwärts stolperte, und war wieder frei.

      Seine heimtückischen Augen funkelten vor Wut, aber er sagte bloß:

      »Dös werd si aufweisen, ob du mi auf insern Grund o'packen derfst.«

      Er trieb seine Pferde an, und der Schuller kehrte um, ohne ihm eine Antwort zu geben. Wie er auf seinem Acker stand und den Schurz wieder mit Saatkörnern füllte, hörte er laut schreien.

      Der Xaver schimpfte gegen ihn herunter und drohte ihm mit der Faust.

      Er konnte die Worte nicht hören, aber er wußte wohl, daß sie nicht freundlich waren.

      »Jetzt schimpfst,« sagte er vor sich hin, »weil'st weit g'nua weg bist, du Haderlump! Geh hoam, du paßt zu dein Vatern.«

      Er schritt an und säte. Aber die Körner flogen ihm weiter, als er wollte, und zuweilen blieben sie ihm in der geballten Faust.

      Es verdroß ihn, daß der halbgewachsene Bursche sich so frech gegen ihn gestellt hatte und beinah mit ihm gerauft hätte. Was sich der traute gegen ihn! Daß man deutlich merkte, wie sein Ansehen nichts war gegen den Rotzlöffel.

      Der Schuller ging zornig vom Felde heim und setzte sich zornig an den Tisch. Die Ursula hatte keine schönen Tage, und sie tat gut daran, wenn sie dem Vater aus dem Wege ging.

      Der Schullerin half es wenig, daß sie beschwichtigen wollte. Es war dummes Zeug, was sie redete.

      »Du muaßt halt denken, jetzt is scho, wia's is, und mit dein ganzen Vadruß kannst'as nimma anderst macha, und jetz is schon vorbei.«

      Es war nicht vorbei. Freilich, die Bäuerin sah das nicht.

      Aber der Schuller wußte gut, daß die Unordnung im eigenen Haus einen Mann schädigt, der für andere hinstehen will, und daß der geringste Gegner im Vorteil ist, wenn er einen wunden Fleck zum Angriff erwischt.

      Er bekam schon den Sonntag darauf recht mit seiner Befürchtung.

      Da predigte der Pfarrer über das Evangelium des heiligen Matthäus vom bösen Knecht.

      »In derselben Zeit trug Jesus seinen Jüngern dieses Gleichnis vor. Im Himmelreich ist es wie mit einem Könige, der mit seinen Knechten abrechnen wollte. Da er zu rechnen anfing, brachte man ihm einen, der ihm zehntausend Talente schuldig war. Als dieser nichts hatte, wovon er bezahlen konnte, befahl sein Herr, ihn und sein Weib und seine Kinder und alles, was er hatte, zu verkaufen.«

      Hier knüpfte der hochwürdige Herr an und sagte:

      »Warum befahl der König, nicht nur den Schuldner, sondern auch sein Weib und seine Kinder zu verkaufen? Ihr-Leute, das will ich euch erklären. Wo es in einem Hause schlecht geht, hat selten eines allein die Schuld. Von den anderen wird häufig dazu Anlaß gegeben durch Einwilligung, Stillschweigen, Übersehung. Da gibt es Leute, welche der Meinung sind, sie wären so gescheit, daß sie überall darein reden dürfen. Sie widersprechen der weltlichen Obrigkeit und geben Ratschläge, wie man es besser macht; ja sogar die geistliche Obrigkeit muß es sich gefallen lassen, daß so ein Siebengescheiter seinen Willen durchsetzen will.

      Aber wie sieht es oft aus bei einem solchen in Dingen, die ihn mehr angehen? In seiner Familie, in seinem Hause? Da merkt man nichts von der großen Gescheitheit und vom guten Regiment.