Spätestens seit den Staats- und Verwaltungsreformen in der Habsburgermonarchie um die Mitte des 18. Jahrhunderts wurde es üblich, die österreichischen und die böhmischen Erblande, die ja (letztere nur mit Einschränkungen) bis zu dessen Auflösung 1806 zum Heiligen Römischen Reich (deutscher Nation) und von 1815 bis 1866 zum Deutschen Bund gehörten, als »deutsche Erblande« zu bezeichnen. Zu den »ungarischen Erblanden« (Erblande der Habsburger waren sie seit 1687) gehörten das Königreich Ungarn im engeren Sinn, die ihm inkorporierten Königreiche Kroatien und Slawonien sowie das Großfürstentum Siebenbürgen.
Der Österreichische (Reichs-)Kreis
Das Heilige Römische Reich, dessen oberste Lehensherren (Kaiser bzw. Könige) von 1438 bis 1740 ohne Unterbrechung Habsburger und von 1745 bzw. 1765 bis 1806 Mitglieder des Hauses Habsburg-Lothringen waren, wurde auf den Reichstagen von 1500 und 1512 in Kreise gegliedert. Seit 1512 gab es auch einen Österreichischen Kreis, zu dem neben den österreichischen Ländern auch sogenannte »Kreismitstände« gehörten, insbesondere die Fürstbischöfe von Trient und Brixen, aber auch die Bischöfe von Gurk, Seckau und Lavant, die Landstände der Steiermark und Kärntens waren, sowie die Deutschordensballeien »Österreich« und »An der Etsch und im Gebirge«, die in Österreich bzw. in Tirol landsässig waren, später auch einige der im 17. Jahrhundert installierten »neuen« Reichsfürsten, insbesondere die Eggenberg und die Dietrichstein. Die böhmischen Länder (Böhmen, Mähren, Schlesien und die beiden Lausitzen) waren mit dem Heiligen Römischen Reich nur durch den böhmischen König in seiner Funktion als ranghöchster weltlicher Kurfürst verbunden und verblieben daher außerhalb der Kreiseinteilung. Das Erzstift Salzburg gehörte zum Bayerischen Reichskreis, und als die Landeshoheit über die Reichsgrafschaft Hohenems um 1765 an Österreich fiel, verblieb die Grafschaft weiterhin beim Schwäbischen Kreis.
Monarchia Austriaca (Österreichische Monarchie) und Kaisertum Österreich
Die spanischen Königreiche, Länder und Herrschaften waren schon seit längerem als Monarchia Hispanica bezeichnet worden, als parallel dazu um 1700 die Bezeichnung Monarchia Austriaca (»Österreichische Monarchie«) aufkam. Zum Beispiel finden sich in dem Testament, das der künftige Kaiser Karl VI. als König Karl III. von Spanien am 26. September 1711 in Barcelona aufstellte, bevor er zur Kaiserkrönung nach Frankfurt am Main aufbrach, beide Bezeichnungen nebeneinander. Es war also »der Wiener Hof und somit die Politik, die den Begriff um 1700 aus dem Spanischen herüberholte« (Grete Klingenstein ).
Der erste bekannte Beleg für den Begriff »Österreichische Monarchie« oder eigentlich »Monarchie des Hauses Österreich« ist der Titel eines 1673 in Prag erschienenen Buches, Johann Jakob von Weingartens Fürstenspiegel oder Monarchia deß Hochlöblichen Ertzhauses Oesterreich. In den siebziger Jahren des 18. Jahrhunderts, also etwa dreißig Jahre nach dem Beginn der maria-theresianischen Staatsreform, kam der Wandel des Begriffs »Österreichische Monarchie« von einer dynastischen Herrschaftsbezeichnung zu einer Territorial- bzw. Staatsbezeichnung zu einem Abschluss. Der Wiener Arzt Heinrich Johann von Crantz dürfte der erste gewesen sein, der den Begriff in seinem 1777 publizierten Werk Gesundbrunnen der österreichischen Monarchie, einem Verzeichnis von 656 Badeorten mit Erläuterungen, in einem gedruckten Buch im territorialen Sinn verwendete.
Napoleons Krönung zum erblichen Kaiser der Franzosen zeichnete sich bereits ab, als am 11. August 1804 durch ein kaiserliches Patent verkündet wurde, dass Kaiser Franz II. den Titel eines erblichen Kaisers von Österreich (Franz I.) angenommen habe. Zwei Jahre später, am 6. August 1806, liquidierte Kaiser Franz die römische Kaiserwürde, indem er die Niederlegung der »deutschen« Kaiserkrone proklamierte. Im staatsrechtlichen Sinn war erst in den Verfassungsentwürfen von 1848 und 1849 von einem »Kaisertum Österreich« und einem »österreichischen Kaiserstaat« die Rede (»Verfassungs-Urkunde des österreichischen Kaiserstaates« vom 25. April 1848, »Reichsverfassung für das Kaiserthum Oesterreich« vom 4. März 1849). Immerhin bezeichnete bereits Clemens Lothar Fürst Metternich, der maßgebliche österreichische Staatsmann des Vormärz, das komplexe Staatswesen auch kurz als »Kaiserstaat«, »(österreichische) Monarchie« und »österreichischen Staat«.
Die Österreichisch-Ungarische Monarchie
Die Politik des Neoabsolutismus nach der Niederschlagung der Revolution von 1848/49 mit ihrem primären Ziel der Schaffung eines alle Länder des Hauses Habsburg bzw. Habsburg-Lothringen umfassenden, zentral von Wien aus regierten Kaisertums Österreich scheiterte schließlich vor allem infolge militärischer Niederlagen und der daraus resultierenden schweren Krise der Staatsfinanzen und wurde ab 1860 durch eine zaghafte Konstitutionalisierung sowie 1867 (»Ausgleich« mit Ungarn) durch eine Teilung der Monarchie in zwei »Reichshälften« (»Doppelmonarchie«) ersetzt.
Was verstand man zwischen 1867 und 1918, vom »Ausgleich« bis zum Ende Österreich-Ungarns, unter »Österreich«? Darüber gingen die Meinungen der österreichischen (insbesondere der deutsch-österreichischen) und der ungarischen Politiker und Staatsrechtler auseinander. In der westlichen Reichshälfte hielt man an der Vorstellung von Österreich-Ungarn als – in völkerrechtlicher Hinsicht – einem Staat fest, während man in Ungarn von zwei politisch, militärisch und wirtschaftlich verbündeten selbständigen Staaten unter einem gemeinsamen Monarchen sprach. »Der Österreichbegriff begann sich«, wie es Ernst Bruckmüller treffend formuliert hat, »auf den nichtungarischen Teilstaat der Habsburgermonarchie zurückzuziehen.« »Österreich« wurde damit zum Synonym der Bezeichnungen »westliche Reichshälfte«, »Cisleithanien« sowie »die im Reichsrat vertretenen Königreiche und Länder«. In diesem Sinne gab es seit 1867 ein »österreichisches Staatsbürgerrecht«, eine »österreichische Staatsbürgerschaft«. Dennoch blieben auch nach 1867 alle drei Bedeutungsebenen des Österreichbegriffs in Gebrauch: 1. Österreich als Kronland bzw. zwei Kronländer (Österreich unter und ob der Enns), 2. Österreich als der, von Wien aus gesehen, »diesseitige Staat« (Cisleithanien) und 3. (vor allem in der Umgangssprache) Österreich als die Gesamtmonarchie.
Von der Ersten zur Zweiten Republik
Am 21. Oktober 1918 konstituierten sich im Sitzungssaal des niederösterreichischen Landhauses in Wien die deutschen (d. h. deutschsprachigen) Abgeordneten des Abgeordnetenhauses des Reichsrates, des, neben dem Herrenhaus, zweiten Hauses des Parlaments der österreichischen Reichshälfte, als »Provisorische Nationalversammlung für Deutschösterreich«. Am 30. Oktober nahm die Provisorische Nationalversammlung die von Karl Renner ausgearbeitete, den Anschluss an Deutschland proklamierende »provisorische Verfassung« (»Beschluss über die grundlegenden Einrichtungen der Staatsgewalt«) an. Am 12. November verabschiedete sie das Gesetz, in dem Deutschösterreich als Republik konstituiert wurde, und erklärte gleichzeitig, dass die Republik Deutschösterreich ein Bestandteil der Deutschen Republik sei. Diese Beschlüsse konnten teilweise nicht umgesetzt werden, da der am 10. September 1919 unterzeichnete Friedensvertrag (»Staatsvertrag«) von Saint-Germain-en-Laye den Staatsnamen »Republik Österreich« festlegte und ein Verbot des »Anschlusses« an Deutschland aussprach. Die am 1. Oktober 1920 von der im Februar 1919 gewählten Konstituierenden Nationalversammlung der Republik Österreich beschlossene Verfassung sah eine starke Stellung des Parlaments gegenüber der Regierung vor, stärkte aber auch die Position der Länder gegenüber dem Bundesstaat.
Österreich war – sozusagen im ersten Versuch – nur 14 Jahre und ein paar Monate, von November 1918 bis Anfang März 1933, eine demokratische Republik. In der Präambel der oktroyierten »Maiverfassung 1934« (»Verfassung des Bundesstaates Österreich«) heißt es: »Im Namen Gottes, von dem alles Recht ausgeht, erhält das österreichische Volk für seinen christlichen, deutschen Bundesstaat auf ständischer Grundlage diese Verfassung.« Noch im Aufruf zu der geplanten Volksabstimmung am 13. März 1938 lautete die Parole: »Für ein freies und deutsches, unabhängiges und soziales, für ein christliches