Mami Staffel 10 – Familienroman. Lisa Simon. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Lisa Simon
Издательство: Bookwire
Серия: Mami Staffel
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740951436
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einen Kinobesuch. Sie wohnte gleich in der Nähe des Kinos und hatte nur einige Schritte zu laufen. Langsam schlenderte sie durch den Abend und atmete tief die kühle Luft ein. Die Leuchtreklame warf unruhiges Licht auf den nassen Asphalt.

      »Hallo, Kathrin!« Der Klang dieser Stimme durchschauerte sie. Sie fuhr herum und blickte geradewegs in Peters blaue Augen. Nichts Schlimmeres konnte ihr passieren.

      »Wie kommen Sie hierher?«

      »Eigentlich wollte ich ins Kino gehen.«

      »Soso. Nun, ich eigentlich auch.« Sie lächelte. Wenn Peter jetzt vorschlug, daß sie gemeinsam ins Kino…

      »Da können wir vielleicht gemeinsam gehen. Das heißt, wenn es Ihnen nichts ausmacht.« Peter blickte sie fragend an, und sie konnte seinem Blick nicht ausweichen.

      Und wie es ihr etwas ausmachte. Daß Peter jetzt fast zwei Stunden nur wenige Zentimeter neben ihr im Dunkeln saß, dieser Gedanke erregte und ängstigte sie zugleich. Wie einem Teenager klopfte ihr das Herz bis zum Hals. Er mußte es bemerkt haben, denn ein verschmitztes Lächeln stahl sich auf sein Gesicht.

      Das Kino war nur mäßig besetzt, und sie saßen allein in einer Reihe. Kathrin war nicht in der Lage, dem Geschehen auf der Leinwand zu folgen. Alle ihre Gedanken kreisten um den Mann an ihrer Seite. Sie spürte seine Nähe, jede seiner Bewegungen und manchmal berührte er sie wie unbeabsichtigt. Eine geraume Weile schaute auch Peter nach vorn, doch auch sein Interesse galt nicht dem Geschehen auf der Leinwand. Er überlegte krampfhaft, wie er Kathrin aus der Reserve locken konnte. Ihm schien, daß sie sich über seine Gesellschaft freute, andererseits versuchte sie immer wieder, eine Distanz zwischen ihnen aufzubauen. Es fiel ihm schwer, ihr näherzukommen.

      »Ich finde den Film nicht sonderlich interessant«, flüsterte er ihr zu.

      »Na ja, diese wilden Schießereien sind auch nicht gerade das, was mich vom Hocker reißt.«

      Ein richtiger Liebesfilm wäre jetzt passender gewesen, dachte Peter. Vielleicht wäre Kathrin dann etwas aufgetaut.

      »Wollen wir gehen?« fragte er unvermittelt. »Wir könnten irgendwo noch eine Flasche Wein trinken.«

      »Ich weiß nicht recht, ich muß ja morgen wieder zur Arbeit und…«

      »Kathrin, bitte! Sie weichen mir aus. Dabei bin ich froh, einmal mit Ihnen allein zu sein. Aber bei dieser Ballerei da vorn – ich lade Sie zu einem etwas angenehmeren Abend ein. Hoffe ich wenigstens.«

      Er ergriff einfach ihre Hand und zog sie vom Sitz. Kathrin folgte ihm, und ihre Hand wurde schweißfeucht. Peter ließ ihre Hand nicht wieder los. Auf der Straße holte er tief Luft. »Hier draußen ist es doch angenehmer. Ich kenne ein hübsches italienisches Restaurant. Da gibt es guten Rotwein. Mögen Sie Rotwein?«

      »Ja, ich trinke ihn ganz gern.« Was rede ich da für einen Unsinn, schalt sich Kathrin in Gedanken. Mir ist der Wein völlig egal, wenn ich nur mit ihm zusammensein kann! Und der Abend dürfte nie zu Ende gehen.

      Sie fanden einen kleinen Tisch in einer Nische des italienischen Restaurants, verborgen vor den Blicken der anderen Gäste. Peter erhob sein Glas und hielt es Kathrin entgegen.

      »Auf einen schönen Abend«, sagte er leise. Das Kerzenlicht brach sich im Rubinrot des Weins. Kathrin hielt mit zitternden Fingern den Stiel ihres Glases umfangen. Sie schlug die Augen nieder. Sein Blick verunsicherte sie. Vor allem aber befürchtete sie, daß ihre Augen sie verraten würden, ihre Gefühle für ihn, die sie kaum noch verbergen konnte. Sie atmete tief durch. Stark bleiben, sprach sie sich selbst Mut zu.

      »Ich glaube, es ist an der Zeit, daß ich Ihnen etwas gestehen muß«, begann Peter Kilian stockend. Er suchte nach Worten. Dann hob er entschlossen den Kopf. »Auch wenn es gegen die Etikette des alten Knigge ist, schlage ich vor, daß wir das förmliche ›Sie‹ beiseite lassen und ›du‹ zueinander sagen.«

      Eine heiße Welle stieg in Kathrin auf. Sicher wurde ihr Gesicht jetzt rot. Zum Glück konnte man das im Kerzenlicht nicht so deutlich erkennen. Sie erhob ihr Glas und befürchtete, vor Aufregung den Wein zu verschütten. Sie stießen die Gläser aneinander, ein leiser Klang stand für Sekunden im Raum. Sie nippten an ihren Gläsern. Peter beugte sich zu Kathrin hinüber, und Kathrin schloß erregt die Augen. Sie spürte seine Lippen auf ihren und dieser Kuß war so zart wie der Flügelschlag eines Schmetterlings. Diese winzige Berührung nahm ihr fast den Atem, und sie wagte kaum, die Augen wieder zu öffnen. Sein Gesicht war ihr immer noch nahe, und Kathrin hatte plötzlich das Gefühl, in einem Fahrstuhl in die Tiefe zu sausen. In ihren Fingern kribbelte es, und ein leichter Schauer durchfuhr ihren Körper. Mit einer mechanischen Handbewegung stellte sie ihr Glas ab, dann schlang sie die Arme um seinen Hals und erwiderte den Kuß heftig und leidenschaftlich. Es war wie ein Taumel. Sie befürchtete, daß ihr Herz zerspringen würde, so heftig klopfte es, und das Blut pulsierte in ihrem Hals. Nur zögernd löste sie sich von ihm, um im gleichen Augenblick ob ihres Gefühlsausbruches heftig zu erröten. Peter betrachtete sie verwundert und erfreut zugleich.

      »Oh, Kathrin! Das erleichtert mir alles, alles, was ich eigentlich sagen wollte. Ich bin kein Mensch großer Worte, und ich hatte schreckliche Angst, daß du mich auslachst.«

      »Warum sollte ich dich auslachen?« flüsterte sie mit rauher Stimme.

      »Ich habe mich in dich verliebt. An dem Sonntag am See wurde mir klar, nur du bist es. Ich hatte überhaupt nicht die Absicht, auf Brautschau zu gehen. Nach dem Tod meiner Frau lebte ich sehr zurückgezogen, hatte überhaupt gar kein Interesse an Frauen. Erst meine Jungs haben mich wieder darauf gebracht, daß etwas in meinem Leben fehlt. Das Schicksal hat unsere Wege sich kreuzen lassen.«

      Kathrin hatte sich wieder einigermaßen gefaßt und blickte ihm fest in die Augen. »Ich gebe zu, daß du mir vom ersten Augenblick an nicht gleichgültig warst. Mehr noch, dieser Tag am See hat in mir ein Gefühl für dich geweckt, das ich bisher nicht kannte.«

      »Ich bin so froh darüber, daß du meine Gefühle erwiderst. Ich habe befürchtet, du würdest mich auslachen, mir einen Korb geben. Ich bin sehr unbeholfen, kann vielleicht meine Gefühle nicht so deutlich zum Ausdruck bringen. Ich wußte nicht einmal, was du für mich empfinden würdest. Vielleicht nur Mitleid.«

      »O nein. Vielleicht hast du mir damals im Schuhgeschäft etwas leid getan, weil dich deine Sprößlinge so in arge Bedrängnis gebracht haben, aber da war dieses Kribbeln im Bauch…«

      Peter ergriff Kathrins Hand und drückte sie fest. »Ich bin so glücklich. Und du bist über die kleine Kuppelei von Martin nicht böse? Ich hatte wirklich keine Ahnung. Aber ich freue mich, daß die Kinder dich akzeptieren.«

      »Bist du dir denn wirklich sicher, daß ich diejenige bin? Ich habe keine Erfahrung mit Kindern, vielleicht bin ich zu jung und der ganzen Verantwortung gar nicht gewachsen.«

      »Ich bin mir ganz sicher, daß du diejenige bist. Weißt du, die Kinder brauchen wieder eine Frau im Haus. Die Jungs sind jetzt in einem schwierigen Alter. Kai wird altklug und fühlt sich als Boss, möchte alles bestimmen und beherrschen. Ich bin ja froh, daß er so selbständig ist, aber Martin leidet darunter. Er braucht eine einfühlsame Hand. Die beiden streiten sich ständig, ich weiß oft gar nicht, wie ich sie beruhigen kann. Schließlich hat Martin ja auch ein Meinungsrecht, auch wenn er der jüngere ist. Ich möchte nicht, daß er sich zurückgesetzt fühlt. Mit etwas Geschick kannst du ihm vielleicht etwas mehr Selbstvertrauen geben. Jetzt will er Armeegeneral werden, damit er über seinen Bruder befehlen kann, stell dir das einmal vor. Zwischen den beiden muß dringend etwas klargestellt werden. Ja, und Jenny ist mein Sorgenkind. Während die Jungs sich lautstark auseinandersetzen, ist sie immer still. Sie lacht kaum. Sie ist ein liebes Kind, macht kaum Probleme. Aber genau diese Verschlossenheit ist es, die mir Sorgen bereitet. Sie braucht eine Bezugsperson, die sie aus der Reserve lockt. Ich befürchte sonst ernsthafte seelische Schäden…«

      Der Redeschwall brach aus Peter, als hätte sich ein Fluß hinter einer Mauer angestaut, die er nun endlich durchbrach. Kathrins Augen weiteten sich immer mehr, sie starrte Peter an. Sie spürte eine kalte Hand um ihren Hals, die sich immer mehr zuzog. Ihre aufgewühlten Gefühle schlugen in Verwirrung um. Also