Ein Unterlassen ist nach § 13 StGB nur dann strafbar, wenn eine Verpflichtung zum Tätigwerden besteht, der »Täter« also Maßnahmen hätte treffen können und müssen. Es muss deshalb eine so genannte Garantenstellung vorliegen, aus der sich dann die Garantenpflicht (eine »Hilfspflicht«) ergibt.
Die Garantenstellung kann sich aus dem Gesetz (beispielsweise Eltern für ihre Kinder, hoheitlich tätige Personen) oder aus dem Vertrag (z. B. Heimvertrag oder Krankenhausvertrag in Verbindung mit dem Arbeitsvertrag) ergeben. Pflegekräfte haben zumindest aufgrund des Krankenhaus- oder Heimvertrages in Verbindung mit ihrem Arbeitsvertrag eine derartige Garantenstellung. Daraus ergibt sich die Garantenpflicht, gesundheitliche Schäden der Bewohner bzw. Patienten zu verhindern. Hierzu zählt auch die Verhinderung eines Suizides, die Schädigung durch einen Verkehrsunfall oder durch Kälteeinwirkung.
Subjektiver Tatbestand
Die inneren Vorgänge im Täter werden vom subjektiven Tatbestand erfasst. Dazu zählen
• der Vorsatz bei Vorsatzdelikten und
• die Fahrlässigkeit bei Fahrlässigkeitsdelikten.
Es gibt in einzelnen Vorschriften daneben noch weitere subjektive Merkmale, wie die Absicht des Betrügers, sich einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen. Sofern das Gesetz nichts anderes aussagt, ist jedoch nur vorsätzliches Handeln strafbar.
Mit Vorsatz handelt derjenige, der den objektiven Tatbestand mit Wissen und Wollen verwirklicht. Der Täter weiß daher, dass er eine strafbare Handlung begeht und will diese auch begehen, um den strafbaren Erfolg herbeizuführen.
Für Pflegende sind folgende Vorsatzdelikte bedeutsam:
Mord
(1) Der Mörder wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft.
(2) Mörder ist, wer aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen, heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln oder um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken, einen Menschen tötet.
Totschlag
(1) Wer einen Menschen tötet, ohne Mörder zu sein, wird als Totschläger mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft.
Tathandlung ist bei beiden Tatbeständen die Tötung eines Menschen.
Aussetzung
(1) Wer einen Menschen
1. in eine hilflose Lage versetzt oder
2. in einer hilflosen Lage im Stich lässt, obwohl er ihn in seiner Obhut hat oder ihm sonst beizustehen verpflichtet ist,
und ihn dadurch der Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung aussetzt, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.
(2) Auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter
1. die Tat gegen sein Kind oder eine Person begeht, die ihm zur Erziehung oder zur Betreuung in der Lebensführung anvertraut ist, oder
2. durch die Tat eine schwere Gesundheitsschädigung des Opfers verursacht.
(3) Verursacht der Täter durch die Tat den Tod des Opfers, so ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
(4) […]
Tathandlung ist dabei das Aussetzen oder Verlassen eines anderen in hilfloser Lage, wobei sowohl das aktive Tun als auch das Unterlassen strafbar sind.
Körperverletzung
(1) Wer eine andere Person körperlich misshandelt oder an der Gesundheit schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Der Versuch ist strafbar.
Dieser Straftatbestand ist bei der körperlichen Misshandlung oder der Gesundheitsschädigung eines Menschen gleich welcher Art erfüllt. Selbst die medizinische Behandlung ist eine Körperverletzung, sofern der Betroffene nicht einwilligt. Die Einwilligung20 macht jede Körperverletzung nach § 228 StGB rechtmäßig:
Wer eine Körperverletzung mit Einwilligung der verletzten Person vornimmt, handelt nur dann rechtswidrig, wenn die Tat trotz der Einwilligung gegen die guten Sitten verstößt.
Ansonsten hat die Einwilligung zur Folge, dass eine Bestrafung nicht möglich ist.
Der obige Körperverletzungstatbestand umfasst die »normale« Misshandlung. Bei der Herbeiführung von schweren Folgen wie
• der Verlust
− eines wichtigen Körpergliedes,
− des Sehvermögens,
− des Gehörs,
− der Sprache oder
− der Zeugungsfähigkeit oder
• einer dauernden Entstellung,
• einem Siechtum,
• einer Lähmung oder »Geisteskrankheit«,
liegt nach § 226 StGB eine schwere Körperverletzung vor, und es ist eine höhere Freiheitsstrafe vorgesehen. Dies gilt entsprechend bei einer gefährlichen Körperverletzung mit einer Waffe, insbesondere mit einem Messer oder einem anderen gefährlichen Werkzeug, oder von mehreren gemeinsam (§ 224 StGB).
Ein weiterer für Pflegekräfte wichtiger Körperverletzungstatbestand ist die Misshandlung Schutzbefohlener (§ 225 StGB). Durch diese Strafvorschrift werden sogenannte Wehrlose geschützt, die aufgrund eines besonderen Verhältnisses dem Täter ausgeliefert sind. Eine eventuelle Einwilligung des betroffenen Menschen, des Patienten oder Heimbewohners, wäre wegen Sittenwidrigkeit unwirksam.
Von Bedeutung ist im Bereich der Kranken- und Altenpflege sowie in der Psychiatrie in gleicher Weise die …
Unterlassene Hilfeleistung
Wer bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not nicht Hilfe leistet, obwohl dies erforderlich und ihm den Umständen nach zuzumuten, insbesondere ohne erhebliche eigene Gefahr und ohne Verletzung