Die Notwendigkeit zur kundenorientierten Betrachtung des Geschäftsmodells wird immer noch von vielen Unternehmen ignoriert. Während große Unternehmen dies i.d.R. längst zu einem zentralen Element ihrer Unternehmensentwicklung gemacht haben, verlassen sich viele kleine und mittlere Unternehmen in Deutschland jedoch immer noch darauf, dass ihnen der Zufall den Weg weisen wird, sich aus ihrem Kerngeschäft kurzfristig neue Gelegenheiten ergeben, die dann situativ wahrgenommen werden.
4.2 Vision
Die Vision eines Unternehmens beschreibt den Status eines Unternehmens in der Zukunft. Sie beschreibt – oft kühn formuliert – was das Unternehmen in der Zukunft erreichen möchte. Volkswagen formulierte 1996 die Vision, sich bis 2020 zum größten Automobilhersteller der Welt zu entwickeln, eine Vision, die zu Anfang eher belächelt wurde, 2015 jedoch schon vorzeitig erreicht wurde. Man kann sich vorstellen, welche motivierende Kraft gerade für Mitarbeiter von einer solchen Vision ausgehen kann.
Microsofts Vision war diejenige von „einem Computer auf jedem Schreibtisch und in jedem Haus“. Diese Vision unterstützte Microsoft mit der Entwicklung von Office- und Betriebs-Software, die von Kunden leicht bedienbar war und damit den Siegeszug von Personal Computern unterstützte.
4.3 Werte
Die Werte eines Unternehmens beschreiben, wie sich Mitarbeiter und Manager im Unternehmen verhalten sollten, welchen Regeln und Prinzipien man folgen möchte, um die Mission des Unternehmens zu erfüllen. Werte formen und beeinflussen also das Verhalten der Beschäftigten im Unternehmen und bilden damit die Grundlage für die Unternehmenskultur.
In vielen Fällen kann man die Unternehmenskultur als eine Quelle von Wettbewerbsvorteilen für das Unternehmen begreifen. Der über Jahrzehnte nachhaltige wirtschaftliche Erfolg von Toyota ist ohne eine Unternehmenskultur der kontinuierlichen Verbesserung, die tief im Bewusstsein aller Mitarbeiter verankert ist, nicht vorstellbar. Alle Automobilunternehmen haben versucht, das Produktionssystem von Toyota mit seinen Lean-Prinzipien auf ihre Weise nachzubilden, oft nur mit geringem Erfolg, weil Werte und Verhalten nicht nur formuliert, sondern auch gelebt werden müssen.
Werte, die mit Hochleistungsorganisationen korrelieren, sind insbesondere Respekt für die Interessen der wichtigsten Stakeholdergruppen eines Unternehmens: Anteilseigner, Mitarbeiter, Kunden und Gesellschaft. Die Unterstützung von unternehmerischem Denken und Handeln und der Übernahme von Führungsverantwortung auch auf den mittleren und unteren Hierarchieebenen durch die Organisation ist ebenfalls mit hoher Leistungsfähigkeit von Unternehmen verknüpft.[3]
Verhaltensweisen, die mit eher unterdurchschnittlichen Unternehmensergebnissen einhergehen, sind Arroganz gegenüber anderen Unternehmen und externen Ideen, mangelnder Respekt gegenüber vermeintlich weniger wichtigen Stakeholdergruppen wie Mitarbeitern und Kunden und Unbeweglichkeit gegenüber Veränderungsdruck und Verharren in ehemals erfolgreichen Denk- und Handlungsmustern.
4.4 Ziele
Nach der Definition von Vision, Mission und Werten des Unternehmens kann im Strategieprozess der nächste Schritt getan werden: die Formulierung der übergeordneten Unternehmensziele. Ein Ziel ist eine präzise und messbar formulierte Aussage über die zukünftige Entwicklung des Unternehmens. Dazu müssen Ziele SMART formuliert werden, nämlich:
Spezifisch,
Messbar,
Angemessen,
Realistisch,
Time scaled, mit zeitlichem Horizont.
Wie bereits ausgeführt, ist die wirtschaftliche Profitabilität eines Unternehmens sicher eines der zu definierenden Hauptziele. Für viele Unternehmen ist die Maximierung des Shareholder Values die einzige Richtschnur. Damit laufen Unternehmen jedoch Gefahr, dass sie zur Maximierung des kurzfristigen Gewinns die langfristige Profitabilität des Unternehmens aus den Augen verlieren und dem Unternehmen durch falsche Entscheidungen schaden. So kann die Kürzung und Streichung von Investitionen kurzfristig die momentane Profitabilität erhöhen, schadet aber langfristig dem Unternehmen durch den Verlust von Innovationsfähigkeit. Hat man jedoch den ersten Schritt des strategischen Managementprozesses richtig durchgeführt, dann werden sich auch kurzfristige Entscheidungen an der langfristig angelegten Vision und Mission des Unternehmens ausrichten.
5 Strategiefindung – externe Analyse
Die zweite Komponente des strategischen Managementprozesses ist die externe Analyse. Wie bereits ausgeführt, ist es sinnvoll, vor der internen zunächst die externe Analyse durchzuführen. Eine Analyse nach dem SWOT-Prinzip (Strengths, Weaknesses, Opportunities, Threats), also zunächst mit der internen Sicht auf Stärken und Schwächen des Unternehmens zu beginnen, kann zu völlig falschen Strategieentscheidungen führen.
Auch die deutsche Automobilindustrie steht vor einem ähnlichen Dilemma. Über ein Jahrzehnt wurden die Entwicklungen auf den Weltmärkten hin zu mehr Elektromobilität und alternativen Mobilitätskonzepten vernachlässigt. Stattdessen konzentrierte man sich auf die bestehenden Kernkompetenzen – PS-starke Verbrennungsmotoren, Dieselkompetenz und Freude-am-Fahren-Konzepte – deren Nachhaltigkeit unter den sich verändernden Rahmenbedingungen zumindest fragwürdig erscheint.
Vielmehr muss mit einer externen Analyse geprüft werden, welche Chancen und Risiken am Markt bestehen und sich entwickeln. Die Betrachtung des Wettbewerbsumfelds und der globalen Parameter, die Auswirkungen auf die strategische Ausrichtung eines Unternehmens haben, lassen sich unter drei Begriffen zusammenfassen: die PEST-Analyse (Political, Economic, Sociological, Technological) für das makroökonomische Umfeld, die Betrachtung des Lebenszyklusmodells der Industrie und die Branchenanalyse nach Michael E. Porters Five-Forces-Modell.[4]
5.1 Analyse des makroökonomischen Umfelds – die PEST-Analyse
Bei der PEST-Analyse, auch manchmal als PESTEL-Analyse (Political, Economic, Social, Technological, Environmental, Legal) bezeichnet, werden das makroökonomische Umfeld und die Wettbewerbsbedingungen so umfassend wie möglich betrachtet. Mit ihrer Hilfe wird ein Überblick über die politischen und legalen (P), ökonomischen (E), sozio-kulturellen (S) und technologischen (T) Einflussfaktoren auf die Unternehmung gewonnen.
So wie die Entscheidungen und Handlungen strategischer Manager die Wettbewerbsstruktur innerhalb einer Branche beeinflussen können, so können sich entwickelnde Rahmenbedingungen im weiteren makroökonomischen Umfeld den Kontext verändern, in den Unternehmen und Industrien eingebettet sind. Veränderungen der Kräfte innerhalb der Makroumgebung können einen direkten Einfluss auf eine Industrie nehmen, so dass sie die Attraktivität und Profitabilität einer Industrie stark beeinflussen können.
Im letzten halben Jahrhundert hat sich das Wirtschaftssystem der Welt enorm verändert. Viele Hemmnisse für internationalen Handel und Investitionen wurden abgebaut und immer mehr Länder konnten ein anhaltendes Wirtschaftswachstum verzeichnen. Diese Entwicklung hat es viel leichter gemacht, im Ausland in ehemals nicht zugängliche Märkte zu investieren und dort von geringen Lohnkosten und neuen