„Ach so. Äh. Nein …“ Der Räuber schaut sich um und entdeckt den Sack in der Hand des Weihnachtsmannes. Mit einem Schritt ist er bei ihm und greift hastig danach: „Her damit!“
„He! Das ist meiner!“, protestiert der und hält mit beiden Händen seinen Sack fest.
„Halt den Mann, alter Mund!“, herrscht der Bankräuber den Weihnachtsmann an. „Äh, ich meinte, halt den Mund, alter Mann! Den brauche ich jetzt!“
„Da sind Geschenke für die Kinder drin!“
„Na und? Und jetzt kommen da Geldgeschenke für mich rein! Gib mir sofort die Mütze, oder ich klau dir den Sack! … äh, umgekehrt: Du gibst mir den Sack oder ich klau dir die Mütze!“ Damit entreißt er dem Weihnachtsmann grob den Sack und reicht ihn der Bankangestellten hinter dem Schalter. „Hier, bitteschön! Da kommt die Polizei rein! Aber kein Geld rufen, verstanden?
Die Bankangestellte zuckt kurz mit einer Augenbraue: „Wie bitte? Kein Geld rufen?“
„Ach, umgekehrt natürlich! Sie haben schon verstanden! Geld in den Sack, keine Polizei rufen!“
Die Bankangestellte nickt und geht mit dem Sack zu einem Tresor im Hintergrund.
„Und denk dran: Keinen Alarmknopf drücken!“, ruft die Bankräuber-Frau ihr hinterher. „Dann sind wir auch ganz schnell wieder weg!“
Lasse und ich schauen uns ängstlich an. Können wir hier irgendwie helfen? Wenn wir mal erwachsen sind, wollen wir beide Polizist werden. So wie Papa. Darum versuchen wir auch jetzt als Kinder schon mal, Kriminalfälle aufzuklären und der Polizei zu helfen. Ich habe mir sogar eine Anstecknadel gebastelt mit der Aufschrift: „Agent Benjamin Baumann“. Aber hätte ich, Agent Benjamin, hier heute überhaupt eine Chance? Bis jetzt fällt mir nichts ein.
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5. Dezember
Der Bankräuber-Mann wischt sich mit der Hand, in der er die Pistole hält, einige Schweißperlen von der Stirn.
Luis-Anatol schaut ihn forschend an. „Ist die Pistole echt?“
„Natürlich!“, blafft ihn der Mann an.
„Darf ich die mal haben? So eine wünsche ich mir zu Weihnachten!“
„Ich glaube, du spinnst! Das ist kein Spielzeug!“
Luis-Anatol hat das wohl nicht richtig verstanden, denn er klatscht begeistert in die Hand. „Was? Spielzeug? Oh ja, spielen wir Räuber und Polizist? Ich bin der Räuber!“
Obwohl die Lage ernst und gefährlich ist, beginnt Lasse leise zu kichern. Schnell hält er sich beide Hände vor den Mund. Gleichzeitig frage ich mich, ob ich in diesem Alter auch so einfältig gewesen bin. Kapiert dieser Luis-Anatol nicht, wie gefährlich es hier gerade ist?
„Quatsch, Mann!“, schimpft der Bankräuber. „Der Räuber bin ich! Und Polizisten spielen hier nicht mit! Verstanden? Und jetzt Ruhe hier!“
Eingeschüchtert drückt sich Luis-Anatol noch fester an die Beine seiner Mutter. Die streichelt ihm mit beiden Händen über den Kopf.
„Brüll den armen Jungen doch nicht so an!“, faucht die Bankräuberin ihren Kollegen an. „Der kann doch nichts dafür!“
Plötzlich zucken alle zusammen. Von draußen vor der Bank ertönen Polizei-Sirenen. Autos rollen an, Bremsen quietschen, Autotüren schlagen zu.
„Wer hat hier die Polizei gerufen?“, brüllt der Bankräuber ungehalten. „ Hä? Ich hatte gesagt, keine Polizei! Das macht die Sache nur noch komplizierter!“ Wieder geht er auf den Weihnachtsmann zu, umgreift ihn von hinten mit dem freien Arm und richtet die Waffe auf dessen Brust. „Wir sind bewaffnet!“, brüllt er so laut Richtung Ausgangstür, dass es die Polizisten draußen hören sollen. „Lassen Sie uns knallen oder es geht! … äh … umgekehrt … Sie lassen uns gehen oder es knallt! Wir haben den Weihnachtsmann in unserer Gewalt!“
Als Antwort hören wir eine laute Stimme, die von draußen durch ein Megaphon nach drinnen schallt: „Achtung! Hier ist die Polizei! Die Bank ist umstellt! Geben Sie auf und kommen Sie mit erhobenen Händen raus!“
„Niemals!“, bellt der Räuber. „Geben Sie auf! Wir haben den Geiselmann als Weihnacht! … äh … den Weihnachtsmann als Geisel! Und einige Kinder! Also besorgen Sie uns einen Fluchtwagen und lassen Sie uns in Ruhe gehen!“
Lasse drückt sich ängstlich an mich. Ich nehme ihn in den Arm. Es dauert eine Weile, bis die Stimme des Polizisten wieder zu hören ist: „Lassen Sie wenigstens die Kinder frei!“
„Ich denk ja nicht dran!“, ruft der Räuber zurück.
Die Räuberfrau zischt ihm halblaut zu: „Nun komm schon! Die Kinder können wir ja wohl laufen lassen!“
„Nein, das können wir nicht!“, braust der Räubermann auf. „Die sollen uns einen Fluchtwagen besorgen! Und wenn sich die Kinder beeilen, dann sind auch die Polizisten schnell wieder frei! … äh, umgekehrt!“ Nach draußen brüllt er wieder laut: „Also beeilen Sie sich! Dann bekommen Sie auch Ihre Polizisten! … äh, Kinder!“
Das Megaphon krächzt. Menschenstimmen vor der Bank reden durcheinander. Schließlich meldet sich der Polizist durch den Lautsprecher: „In Ordnung! Wir beeilen uns!“
Der Räuber wischt sich erneut den Schweiß von der Stirn. Dann dreht er seinen Kopf zu der Bankangestellten nach hinten: „Haben Sie mal langsam den Sack in das Geld gesteckt?“
Die Bankangestellte kommt zum Schalter zurück: „Das Geld in den Sack gesteckt. Ja. Habe ich. Hier, bitte.“ Damit reicht sie den Nikolaussack der Räuberfrau, die ihn sogleich annimmt und in der Hand behält.
„Wie lange spielen wir das noch?“, fragt Luis-Anatol seine Mutter. „Ich hab keine Lust mehr. Ich will nach Hause.“
„Ja, wir gehen gleich nach Hause“, antwortet die Mutter leise.
„Die Räuber sollen ihre Verkleidung ausziehen“, sagt Luis-Anatol. „Die machen mir Angst.“
Da meldet sich die Frau, die vorhin mit in der Schlange gestanden hat, zu Wort: „Nun lassen Sie doch die Kinder gehen. Sie sehen doch, dass die Angst haben.“
„Die Spielregeln bestimmen immer noch wir!“, blafft der Räuber.
„Doofe Spielregeln“, findet Luis-Anatol. „Wir können doch spielen, die Bankräuber sind eigentlich ganz lieb und sie brauchen das Geld nur, damit sie für ihre Mama Weihnachtsgeschenke kaufen können. Dann müssen sie auch keine Mütze über ihren Kopf ziehen.“
„Klappe halten!“, herrscht der Bankräuber ihn an. Für einen Augenblick habe ich die Befürchtung, jetzt rastet er komplett aus.
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