In den Stellungnahmen zur Eröffnung des neuen Büros des Weltzukunftsrats in China war klar zu erkennen, dass die chinesi-schen Behörden die Klimabedrohung sehr ernst nehmen und sowohl nach Lösungen suchen als auch nach Partnern. Auch hier wird offenbar deutlich gesehen, was die Ursachen dafür sind, dass die Himalaja Gletscher und Tibets Permafrost zu schmelzen beginnen.
Auch die Kohle-Lobby ist sich inzwischen der Lage bewusst und sieht die Zeichen an der Wand: Man wird uns hassen und verteufeln, so wie früher die Sklavenhändler, sagte der Generalsekretär des Verbandes der Europäischen Kohle-Industrie (Financial Times, 16.12.2015). Und die Tagesschau vom 5. Juli 2016 berichtete von zehntausend Todesfällen aufgrund von Kohlekraft und stützte sich auf die Auswertung von 257 der insgesamt 280 europäischen Kohlekraftwerke. Demnach belaufen sich die durch sie verursachten Gesundheitskosten jährlich auf bis zu 63,3 Milliarden Euro.
Leider gilt das nicht für die USA: Donald Trump behauptet zum Beispiel, dass der Klimawandel eine „chinesische Erfindung“ sei. Das Wall Street Journal (3.8.2015) befürchtet: „Wenn es stimmt, dass der Klimawandel von Menschen verursacht wurde, kann ein solch riesiges Problem nur von der Regierung gelöst werden. Für die Linke wäre das ein Himmelsgeschenk, um im großen Stil staatliche Kontrollen über die Wirtschaft und das Leben der Bürger einzuführen.“
Solche Verschwörungstheorien werden von einer machtvollen und gierigen Elite verbreitet, damit sie ihre Privilegien in einer zunehmend ungleichen Welt nicht verlieren.
Die Geschichte der vergangenen 40 Jahre zeigt, dass der oft umstrittene Bericht (des Club of Rome) über die Grenzen des Wachstums sehr prophetisch war, selbst für die USA: „Das durchschnittliche Haushaltseinkommen 2014 in den USA betrug 50.000 Dollar. Hätten wir das Produktivitäts-Wachstum der Zeit vor 1970 beibehalten, läge das Einkommen bei 97.300 Dollar“ (Financial Times, 20.2.2016).
Das ist wohl auch einer der Gründe, warum in den USA in den Vorwahlkämpfen 2016 viele junge Wähler für einen Sozialisten stimmten, als ob sie sich vom Sozialismus mehr versprächen als vom Kapitalismus. Aber hier handelt es sich eher um ein Aufbegehren gegen eine unsichere Zukunft, gegen die Brüche in den letzten Jahrzehnten, gegen die anonymisierende Globalisierung und dagegen, dass sich die Jugendlichen den amerikanischen Traum ihrer Eltern nicht mehr leisten können.
Viele glauben auch nicht, dass neue Technologien ihre Pro-bleme lösen werden, was, um das Weltzukunftsrat-Mitglied Prof. Rolf Kreibich zu zitieren, ein gutes Zeichen ist, denn: „Es gibt keinen einzigen Hinweis auf nachhaltige Entwicklung in der gesamten Big Data- und Smart Data-Diskussion.“ In Japan würden die Menschen anfangen, den neuen Technologien zu misstrauen, da diese über die Realität hinwegtäuschten und nicht als sinnstiftend empfunden würden. Die neue Satori-Generation will weniger Konsum und sucht nach „Erleuchtung“(Baku Eye, Mai 2014). Der Demokratie und den demokratischen Institutionen vertrauen sie und ihre Gleichaltrigen in Europa und den USA immer weniger (World Values Survey, 2015).
Das ist das Ergebnis einer Politik, die auf der Grundlage von Kosten-Nutzen-Analysen, die ihr Ökonomen vorschreiben, ihre Entscheidungen trifft. Denn deren Modelle sind ideologisch und dienen den Interessen der Privilegierten, die sich um die Bedürfnisse zukünftiger Generationen nicht scheren. Mit ihrem Tunnelblick übersehen sie, dass unsere Wirtschaft von funktionierenden Ökosystemen abhängt. Wenn das Ökosystem zusammenbricht, wird nicht nur das gegenwärtige Bruttosozialprodukt zunichtegemacht, sondern auch das natürliche Kapital.
So berechnet das allgemein benutzte DICE-Modell (Dynamic Integrated Climate-Economy), dass selbst ein katastrophaler Temperaturanstieg von 4 °Celsius das Bruttosozialprodukt nur um 4 %, und ein Temperaturanstieg um 6 °Celsius dieses um weniger als 10 % reduzieren würde, trotz der Vorhersage, dass dann große Teile des Planeten unbewohnbar wären. Bei solchen Modellen, könnte weltweit das Bruttosozialprodukt immer noch wachsen, selbst wenn Afrika schon unbewohnbar ist.
Kein religiöses Dogma ist so mächtig und gefährlich wie die Dogmen der Ökonomen, die glauben, wir würden selbst auf einem brennenden Planeten immer noch reicher werden.
Dieser gefährliche Unsinn herrscht immer noch in vielen Köpfen, und auch die SDG-Nachhaltigkeitsstrategie der UNO leidet daran.
„Angesichts des heutigen Verhältnisses von Wachstum des Bruttosozialprodukts und dem Einkommenswachstum der ärmsten Länder wird es 207 Jahre dauern, um mit dieser Strategie die Armut zu eliminieren, und um das zu erreichen, werden wir die Weltwirtschaft um das 175-fache ihrer gegenwärtigen Größe anwachsen lassen müssen“ (Seeds of Change, Vol.32, Nr. 1, Jan.-April 2016, S. 15). Was offensichtlich unmöglich ist. Das Nachhaltigkeitsziel 17.1 fordert eine weitere Handels-Liberalisierung und mehr Macht für die Welthandelsorganisation – obwohl aufgrund der Umweltbedrohungen das Gegenteil erforderlich wäre, d. h. Import-Abgaben, um Umwelt-Dumping zu verhindern.
Wie ist es zu erklären, dass wir schon so lange einer Ideologie folgen, die unser Überleben bedroht?
Die US-amerikanische Heritage Foundation, ein einflussreiches konservatives Forschungsinstitut, das im Jahre 1980 anlässlich der Wahl Ronald Reagans als Denkfabrik großen Einfluss hatte und immer noch die US-Politik maßgeblich beeinflusst, hat damals unter anderem für alle Ministerien Politikempfehlungen formuliert. Sie wurden in einem 1000-Seiten-Buch veröffentlicht, mit dem Titel: „Mandat für Führung: Politik-Management in einer konservativen Regierung“. Diese Empfehlungen waren u. a. Privatisierung, Deregulierung, der Abbau von Sozialleistungen, sowie militärische Präventivschläge. Viele der empfohlenen Maßnahmen wurden umgesetzt, auch weil keine Alternativen präsentiert wurden. Um Margaret Thatcher zu zitieren: „Wirtschaft ist die Methode: das Ziel ist die Veränderung der Seele“ (Sunday Times, 1.5.1981).
Heute erkennt selbst das Business-Magazin Forbes an, dass der Kapitalismus es nicht geschafft habe, das Wohlergehen der Menschen im großen Maßstab zu verbessern (9.2.2016). Das Bewusstsein ist also geweckt worden, und nun ist es an uns, eine Methode zu finden, die Zerstörung des Planeten zu beenden. Auch wenn wir nicht über Mittel wie die Heritage Foundation verfügen, so haben wir viele Verbündete.
Da es um den Notfall Erde geht, muss alles, was wir bisher unternommen haben, neu überdacht werden; nicht, weil es falsch ist, sondern weil es nicht mehr ausreicht.
Auf einer unlängst abgehaltenen Konferenz wurde die Gewerkschaftsführerin Sharan Burrow gefragt, warum sie über den Klimawandel spreche und nicht über Jobs. „Weil es auf einem toten Planeten keine Jobs gibt“, antwortete sie. Eine öko-industrielle Umgestaltung würde natürlich Millionen neuer Jobs generieren; aber sie hat die Hierarchie der Risiken und Gefahren verstanden.
Die Herausforderung ist immens, aber nicht neu. Es gibt keine Sache von größerer Schwierigkeit, Gefahr und von zweifelhafterem Erfolg, als die Vorreiterrolle zu übernehmen bei der Einführung einer neuen Ordnung. „Denn alle die, welche sich in der alten Ordnung wohl befanden, sind der neuen feindlich; und diese hat nur laue Verteidiger bei denen, die dabei zu gewinnen hoffen.“ – ein Zitat aus Macchiavellis Schrift Der Fürst, die 1532 erschien.
Aber wir haben viele Verbündete:
•unser lebendiger Planet, wenn wir die Richtung ändern solange er noch reagieren und sich erholen kann
•die Jugend der Welt, die erkennt, dass die Versprechen der gegenwärtigen Ordnung für ihre Zukunft hohl sind und nach einer glaubwürdigen Alternative sucht
•die Schutzlosen dieser Welt, die gemerkt haben, dass diese Ordnung bodenlos ist
•unsere Vorfahren, die uns vertrauen, dafür zu sorgen, dass ihr Leben und ihre Errungenschaften nicht umsonst waren
•und alle zukünftigen Generationen, denn von uns hängt es ab, ob und wie sie leben werden
Der Global Policy Action Plan (GPACT) des Weltzukunftsrats ist unser Handbuch für verantwortliche Politik. Er beschreibt die wichtigsten Reformen für Menschen und den Planeten, die heute durch