86 Man wird an die »Dominanten« der modernen Reinkeschen biologischen Theorien erinnert. Reinke hat diese freilich schließlich des metaphysischen Charakters, der ihnen begrifflich anhaften muß, wenn sie als Realgrund der Zweckmäßigkeit der Organismen gelten sollen, wieder entkleidet, und sie aus einer forma formans in eine forma formata zurückgedeutet, – damit aber auch gerade das wieder preisgegeben, was sie für eine spekulative Betrachtung des Kosmos leisten konnten, ohne für die empirische Einzelforschung etwas zu gewinnen. S. die Auseinandersetzung zwischen ihm und Drews im letzten Jahrgang der Preuß. Jahrbücher.
87 Es bedarf kaum des Hinweises, daß von dieser Verwendung des Gesetzes der großen Zahl, so mißbräuchlich sie ist, bis zu Quetelets »homme moyen« ein weiter Weg ist. Immerhin lehnt Roscher (§ 18 Note 2 des Systems, Band I) Quetelets Methode nicht eigentlich prinzipiell ab. Er führt aus, daß die Statistik »nur solche Tatsachen als ihr wahres Eigentum betrachten« dürfe, die sich auf »bekannte Entwicklungsgesetze« zurückführen lassen. Die Sammlung anderer (unverstandener) Zahlenreihen habe die Bedeutung des »unvollendeten Experimentes« (§ 18). Der Glaube an die Herrschaft der »Gesetze« kreuzt sich hier mit dem gesunden Sinn des empirischen Forschers, der die Wirklichkeit verstehen, nicht sie in Formeln verflüchtigen will.
88 Nur die prinzipielle Seite der Frage geht uns an. Ein Versuch, R.s wirtschaftspolitische Ansichten systematisch zu analysieren, liegt hier fern.
89 Roscher gliedert, wie er selbst hervorhebt, in seinem Hauptwerke die Fragen der Wirtschaftspolitik den betreffenden Abschnitten der Theorie ein.
90 Konsequent ist sich freilich Roscher auch in dieser Anschauung nicht geblieben. Rein materiell-wirtschaftliche Werturteile der verschiedensten Art durchziehen auch die rein theoretischen Teile des Roscherschen Systems, angefangen von dem in § 1 aufgestellten, durchaus sozialistisch anmutenden »Ideal«: »daß alle Menschen nur löbliche Bedürfnisse fühlten, aber die löblichen auch vollständig, und alle Befriedigungsmittel derselben klar einsähen und frei besäßen«, bis zu den Erörterungen über den Produktivitätsbegriff (§§ 63 ff.) und zur Aufstellung des »Bevölkerungsideals« in § 253: »Ihren Höhepunkt erreicht die volkswirtschaftliche Entwicklung da, wo die größte Menschenzahl gleichzeitig die vollste Befriedigung ihrer Bedürfnisse findet.«
91 §25: »Das Gängelband des Kindes, die Krücke des Greises würden für den Mann eben nur die ärgsten Fesseln sein.« Es gibt »ebensoviele verschiedene Ideale ... wie Volkseigentümlichkeiten«, außerdem wird »mit jeder Veränderung der Völker selbst und ihrer Bedürfnisse auch das für sie passende Wirtschaftsideal ein anderes« (ebenda).
92 Auch auf dem Boden der Ethik des täglichen Lebens kennt er keine subjektiven Grenzen der ethischen Gebote. Vgl. den Protest gegen die »Zuckerbäckermoral« für den Genius, mit besonderem Bezug auf Goethe, Geistl. Gedanken, S. 82. Ueber Faust eine höchst kleinbürgerlich anmutende Auslassung, das. S. 76.
93 Siehe den Vergleich der notwendig individuellen Wirtschaftsideale der Völker mit dem ebenso notwendig individuellen (aber doch objektiv bestimmbaren) Kleidermaß für Individuen (§ 25), vor allem aber die Erörterungen in § 27, wo Roscher bis zu der völlig utopistischen Ansicht gelangt, daß alle Parteigegensätze nur auf ungenügender Einsicht in den wahren Stand der Entwickelung zurückzuführen seien.
94 Syst., Bd. I §§ 15, 264. – Ganz ebenso faßte Ranke (Sämtl. Werke, Bd. 24, S. 290 f.) die Aufgabe der »Staatsökonomie« auf.
95 Syst., Bd. I § 24. – Roscher ist hierin, wie man sieht, mit den Klassikern völlig einig.
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