Das Familienleben der Tiere. Mario Ludwig. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Mario Ludwig
Издательство: Автор
Серия:
Жанр произведения: Журналы
Год издания: 0
isbn: 9783806242270
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Anteil. Kein Wunder, schließlich handelt es sich ja um die eigenen Kinder.

      Auch die älteren Geschwister, sprich der Nachwuchs aus dem Vorjahr, leisten ihren Beitrag dazu, dass es ihren jüngeren Brüdern und Schwestern gut geht. Wenn Mama und Papa Wolf auf die Jagd gehen, passen die sogenannten „Jährlinge“ als eine Art familieneigener Babysitter darauf auf, dass die Welpen, gepackt von kindlicher Neugier und Entdeckerdrang, nicht irgendeinen gefährlichen Unsinn anstellen. Die geschwisterliche Fürsorge geht sogar so weit, dass die älteren Geschwister für ihre kleinen Schutzbefohlenen eine Art, wenn auch ziemlich unappetitliche „Babynahrung“ produzieren: Sie würgen einfach vorverdautes Futter hoch, das sie den Welpen verabreichen.

      Die Sache mit dem Mond

      Man kennt das oft noch aus den Gruselfilmen aus der Traumfabrik in Hollywood: Wölfe heulen den Mond an. Da sitzt ein riesiger Wolf, meist nur als Silhouette zu erkennen, vor einem prächtigen Vollmond, wirft den Kopf in den Nacken und lässt dabei ein Geheul ertönen, das derart schaurig klingt, dass es dem geneigten Zuschauer eiskalt den Rücken herunterläuft. Aber was hat ein Wolf mit dem Mond zu tun? Gar nichts, sagen die Experten. Dass Wölfe den Mond anheulen, ist ein Gerücht, das sich heute immer noch hartnäckig hält. Aber davon wird es auch nicht wahrer. Das Ganze beruht auf einer fehlerhaften Naturbeobachtung. Im Spätwinter, im Februar und März, heulen Wölfe, zumindest in Mitteleuropa, besonders häufig. Da beginnt nämlich ihre Paarungszeit. Geheult wird dabei, um neue Geschlechtspartner anzulocken oder um die Bindung mit alten Partnern zu festigen. Und da man dieses Geheule vor allem in mondhellen Nächten besonders gut beobachten konnte und Wölfe beim Heulen meist den Kopf in den Nacken werfen, um auf möglichst große Entfernung gehört zu werden, schloss man früher fälschlicherweise daraus, Wölfe würden den Mond anheulen.

      In seltenen Fällen kommt es auch zu Adoptionen von jugendlichen Wölfen, die den Kontakt zum eigenen Rudel aus welchen Gründen auch immer verloren haben, in das eigene Rudel.

      Meist im Alter von zwei Jahren, wenn sie geschlechtsreif sind und sich selbst ernähren können, verlassen die jungen Wölfe ihre Familie. Die jungen Wölfe und Wölfinnen suchen sich dann außerhalb des eigenen Territoriums einen Partner fürs Leben, mit dem sie ein eigenes Rudel gründen. Bei der Suche nach einem Geschlechtspartner und einem freien Territorium werden dabei oft gewaltige Strecken zurückgelegt. Das können im Extremfall mehrere Hundert Kilometer sein. Einige abgewanderte Jungwölfe fügen sich manchmal geradezu nahtlos in ein benachbartes Rudel ein und übernehmen dort die vakant gewordene Stelle eines getöteten Elternwolfes.

      Junge männliche Wölfe, die noch keine feste Partnerin finden und kein Territorium erobern konnten, nähern sich in der Paarungszeit oft vorsichtig etablierten Rudeln und versuchen, sich mit den Töchtern des dort herrschenden Elternpaares zu paaren. Das Ganze ist jedoch im Regelfall eine Art One-Night-Stand. Nach einem Erfolg ihrer Bemühungen gehen diese sogenannten „Casanova-Wölfe“ mit ihrer Kurzzeitpartnerin keine feste Bindung ein, sondern verlassen sie wieder.

      Die Größe des ursprünglichen Rudels bleibt jedoch fast immer identisch. Die Abwanderung der geschlechtsreifen Jungwölfe wird in den allermeisten Fällen durch den Wurf einer vergleichbaren Zahl neuer Welpen kompensiert.

      Jedes Wolfsrudel, sprich jede Wolfsfamilie, beansprucht für sich ein klar abgegrenztes Territorium. Ein Revier, das das Rudel gegenüber anderen Wolfsrudeln, aber auch Einzelgängern vehement verteidigt. Die Größe des Territoriums hängt dabei stark von der Anzahl der zur Verfügung stehenden Beutetiere ab. In Landstrichen mit vielen Elchen, Rentieren, Hirschen, Rehen oder Wildschweinen sind die Wolfsreviere eher klein. Bei einer geringen Dichte an Beutetieren, zum Beispiel in einigen Gegenden Alaskas, können die Reviere jedoch riesig sein: Ist ein Wolfsrevier in Polen im Schnitt um die 200 Quadratkilometer groß, wurden in Alaska Reviere von über 6000 Quadratkilometern ermittelt. Mit der Wahl der Reviergröße wird sichergestellt, dass für alle Rudelmitglieder ausreichend Futter vorhanden ist.

      In der Nähe von menschlichen Siedlungen, wie einige Vorfälle neueren Datums zeigen, erbeuten Wölfe auch Schafe und sogar Kälber. Sind keine großen Beutetiere verfügbar, wird auch auf Kleinsäuger, Vögel und sogar Frösche zurückgegriffen. Und gibt es gar keine Beutetiere, verschmäht ein hungriger Wolf auch kein Aas oder Abfälle.

      Wölfe markieren dabei ihre Reviere regelmäßig durch Duftmarken aus Urin und Kot. Eine weitere Markierung erfolgt oft auf akustischem Weg: Das Rudel heult lautstark gemeinsam. Ein Geheul, das in der russischen Tundra noch auf eine Entfernung von 16 Kilometern zu hören ist. Oft regt das Revierverteidigungsgeheul eines Wolfsrudels das benachbarte Rudel an, ebenfalls ihr Revier akustisch zu verteidigen. Dabei unterscheidet sich das Geheul der einzelnen Rudelmitglieder deutlich in Tonlage und Lautstärke. Will heißen, man kann oft einzelne Wölfe an ihrem Geheul erkennen.

      Das Rudel durchstreift mit schöner Regelmäßigkeit sein gesamtes Revier, schließlich gilt es, gerade an den Grenzen des eigenen Territoriums, Präsenz zu zeigen.

      Beobachtungen haben gezeigt, dass Wölfe im Schnitt bei diesen Territoriumskontrollwanderungen rund alle 240 Meter eine Markierung absetzen. Lassen sich Wölfe eines benachbarten Rudels von Duftmarken und vom Geheul der Revierinhaber nicht abschrecken und dringen in das „feindliche“ Revier ein, werden sie von den dort heimischen Wölfen im Regelfall sofort attackiert. Wenn es um die Verteidigung von Familie und Revier geht, verstehen Wölfe überhaupt keinen Spaß. Aus diesem Grund enden diese innerartlichen Kämpfe oft tödlich. Nach dem Menschen ist daher der Wolf der größte Feind des Wolfes.

      Die Wölfe eines Rudels pflegen übrigens häufig einen engen Körperkontakt miteinander, der vor allem zum Austausch von Informationen dient. Mithilfe der mit sensiblen Tasthaaren ausgestatteten Schnauze, durch Einsatz der Pfoten, Lecken mit der Zunge oder Anstupsen mit der Nase teilen sich Wölfe all das mit, was im sozialen Miteinander im Wolfsleben wichtig ist. Wissenschaftler sprechen hier von einer sogenannten „taktilen Sprache“ – also Kommunikation durch Berührung.

      Darüber hinaus arbeiten Wölfe mit einer ausgeprägten Körpersprache. So kann man zum Beispiel im Rudel immer wieder Beschwichtigungsgesten, wie etwa eine geduckte Körperhaltung oder eine eingezogene Rute, beobachten. Auf der anderen Seite sind oft regelrechte Begrüßungszeremonielle zwischen Eltern und Welpen zu sehen, bei denen man sich zärtlich gegenseitig die Schnauze leckt.

      Familienglück bei minus 40 Grad Celsius

      Spätestens seit dem spektakulären Erfolg des Films „Die Reise der Pinguine“ des französischen Filmemachers und Antarktisforschers Luc Jacquet, der weltweit immerhin fast 130 Millionen Euro in die Kinokassen spülte, wissen auch weniger naturinteressierte Menschen: Keine andere Vogelart weltweit gründet ihre Familie unter derart unwirtlichen Bedingungen wie der Kaiserpinguin. Der mit einer Größe von immerhin 130 Zentimetern und einem Gewicht von bis zu 37 Kilogramm größte und schwerste Pinguin der Welt zieht seine Jungen nicht nur zur kältesten Jahreszeit in der Antarktis auf, sondern unterzieht sich dabei auch geradezu – wenn man das bei einem Vogel sagen darf – unmenschlichen Strapazen, um seinen Nachwuchs gesund und sicher durch die Kindheit zu bringen. Pinguine sind übrigens die einzigen Vögel, die im Winter brüten.

      Alles beginnt im März bzw. April, sprich wenn der antarktische Herbst ansteht, mit einem langen Marsch. Zu dieser Jahreszeit verlassen die geschlechtsreifen Kaiserpinguine ihr eigentliches Element, das Packeis des antarktischen Meers, und begeben sich zu ihren Gemeinschaftsbrutplätzen, die weit entfernt im sicheren antarktischen Inlandeis liegen. Gebrütet wird vor allem dort, wo Felsen, Eisberge oder Klippen zumindest einigermaßen Schutz vor den eisigen antarktischen Winden, die sich auch schnell mal zu einem Sturm entwickeln können, bieten. Um diese sicheren Stellen zu erreichen, müssen die Pinguine oft Strecken von 100 Kilometern und mehr zurücklegen. Eine ausgesprochen mühsame und zeitintensive Angelegenheit, wenn man von der Natur lediglich mit Schwimmfüßen ausgerüstet wurde und es damit bestenfalls auf eine Marschgeschwindigkeit von 2,5 Stundenkilometern bringt. Marschiert wird übrigens nicht alleine, sondern in langen Karawanen: Die Pinguine watscheln