„Nun aber halblang. Naja, wahrscheinlich hast du nicht ganz Unrecht. Also … Ich war mal in der DDR, habe dort auf der Werft gearbeitet. Und ich kann mich daran erinnern, dass es in der Kantine immer Suppe gab. Aber die war viel dicker als bei uns, so richtig nahrhaft und mit viel Fleisch drin. Die Deutschen aßen das als Hauptgericht.
Ich habe in Erinnerung, dass sie nicht Suppe dazu sagten, sondern ,In einem Topf‘. Das hat mir damals sehr gut geschmeckt. Wenn Sie das auch können, dann laden Sie mich doch einmal zu ,In einem Topf‘ ein. Geld brauche ich nicht.“
Ich musste lachen. Nie im Leben hätte ich gedacht, dass ich in Russland mit einem Eintopf würde punkten können, aber eigentlich gefiel mir der Vorschlag. Ich kochte für mein Leben gern und so könnte ich ihnen etwas von meiner Kultur zeigen, auch wenn Eintöpfe nicht unbedingt zu meinen Lieblingsgerichten gehörten und ich davon eigentlich nichts verstand.
„Das finde ich eine sehr gute Idee. Morgen ist Sonnabend, da würde ich gern die Wohnung auf Vordermann bringen – die Wände streichen und alles putzen. Danach würde ich mir die Möbel vornehmen. Wenn Sie nichts dagegen hätten, würde ich sie anmalen. Was halten Sie von Sonntag oder Montag? Sie und Tatjana bei mir, zum Eintopf? Ich muss Sie aber warnen. Es wird nach Farbe stinken und es gibt keinen Esstisch, nur den hier.“ Ich zeigte auf den Couchtisch. Ehrlich gesagt, wusste ich nicht einmal, ob es ausreichend Teller und einen großen Topf gab. Ich müsste sicher noch einmal in den Raum mit den Küchen-Utensilien.
„Wenn Sie Werkzeuge brauchen oder einen Pinsel, dann kommen Sie wieder. Das habe ich auch alles hier. Sie wissen ja nicht, was die Leute alles wegschmeißen. Einmal benutzt, dann weg damit. So etwas hätte es früher nicht gegeben.“
Wolodja war Gold wert. Wir schleppten zwei Kisten mit Kleinkram nach oben. Den Rest würden mir zwei Studenten vor die Tür stellen. Tatjana erklärte mir, wo der nächste Baumarkt war und ich machte mich noch schnell auf den Weg, damit es morgen früh gleich losgehen konnte. Wer hätte gedacht, dass alles so einfach sein würde. Ich musste unbedingt Martin davon schreiben. Bornecker sollte ich auch endlich mal informieren. Er platzte sicher vor Neugier. Vielleicht hätte ich am Sonntag Muße. Bisher hatte ich mich nur kurz gemeldet, denn hier überschlug sich alles.
Der Baumarkt war ein besserer Haushaltswarenladen, dafür aber nur zwei Busstationen entfernt. „1 000 kleine Dinge“. Früher hatte ich diese Läden geliebt, weil es dort so viel Kleinkram gab. Man fand all das, was man auch in den nächsten zehn Jahren nicht gebrauchen konnte, kaufte es aber trotzdem. Ich hatte Glück, dass es überhaupt weiße Wandfarbe gab, denn eigentlich tapezierten Russen ihre Wände. Kaum einer strich einfach nur. Aber wahrscheinlich hatte sich auch das geändert. Jetzt brauchte ich nur noch Farbe für die Möbel. Auch da war die Auswahl beschränkt. Ich entschied mich für ein mattes Weinrot, denn bei Wolodja hatte ich eine hellbraune Decke fürs Sofa, einen dunkelbraunen Teppich und Vorhänge in beige mitgenommen. Das würde passen. Ich war froh über meine plötzliche Entschlossenheit. Das war sonst nicht meine Stärke.
Als ich mit meinem schweren Farbeimer endlich zu Hause ankam, war es bereits dunkel. Vor der Tür stand schon der Hausrat. Ich bugsierte den Eimer daran vorbei, machte das Licht an und plötzlich sah ich sie. Oh, nein, das hatte ich komplett vergessen. Kakerlaken. Ich erlegte die zwei aufgescheuchten Tiere, erst dann schloss ich die Tür hinter mir. Dann schaute ich an die Decke. Ich würde Wolodja nach einer Lampe fragen müssen. Dieses Neon-Monstrum war ja grauenhaft. Auch der Kühlschrank musste weg. Das Brummen ging mir schon jetzt auf den Geist.
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