Das Hashimoto-Programm. Izabella Wentz. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Izabella Wentz
Издательство: Readbox publishing GmbH
Серия:
Жанр произведения: Здоровье
Год издания: 0
isbn: 9783954843695
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medizinisches Standard-Konzept gab, und das hieß oft, dass man nur aus Fallstudien und Forschungsartikeln hilfreiche Informationen gewinnen konnte. Genauso ging ich vor, um zu finden, was es alles zum Thema Hashimoto und Autoimmunerkrankungen gab.

      Ich fing auch an, in Diskussionsforen von Patienten mitzulesen, denn sie sind oft die Ersten, die über positive und negative Erfahrungen mit verschiedenen Behandlungsmethoden von Krankheiten berichten. Ich wusste aus erster Hand, dass Patienten immer die wertvollsten Erkenntnisse hatten, manchmal bereits mehrere Jahre, bevor die Informationen als medizinische Tatsache akzeptiert wurden.

      Dankbar für die Erfahrungen, die andere Patienten mit ihrer Krankheit hatten, begann ich meine Recherche über Hashimoto. Zwischen PubMed und Patientenforen hoffte ich, Informationen über innovative Behandlungsoptionen sowie Maßnahmen bezüglich der Lebensweise zu finden. Während meines Pharmaziestudiums betonten die Professoren immer wieder, dass bei chronischen Krankheiten in leichten Fällen vor der Einnahme von Medikamenten immer zuerst Maßnahmen bezüglich der Lebensweise getroffen werden und Medikamente begleitend in fortgeschrittenen Stadien eingesetzt werden sollten. Mit diesem Ansatz arbeitete ich als beratende Apothekerin auch. Mein Team fragte immer erst nach der Lebensweise, bevor wir eine Verordnung von Medikamenten in Betracht zogen.

      Bei Depressionen fragten wir vor der Verschreibung von selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmern (SSRI) immer, wie es denn mit einer Beratung oder Therapie wäre. Und ob jemand von einer Psychotherapie profitieren würde, wenn er schon Medikamente bekam. Vor der Verschreibung von Metformin bei Diabetes vom Typ 2 fragten wir, ob der Betroffene eine Ernährungsberatung bekommen hatte.

      Sie verstehen, was ich meine. Für praktisch jede häufige Krankheit gab es eine Empfehlung bezüglich der Lebensweise, doch damals konnte ich für Hashimoto und Autoimmunerkrankungen keine finden. Ich versuchte sogar, wieder meine verlässlichen medizinischen Fachbücher und Texte zum Thema zurate zu ziehen, doch auch sie waren keine Hilfe. Genauso wenig waren es meine Kollegen, meine Ärzte, nicht einmal der Endokrinologe, den ich aufsuchte.

      Die Reaktion der meisten Mediziner lässt sich folgendermaßen zusammenfassen: „Wenn Sie aufgrund von Hashimoto eine Hypothyreose haben, nehmen Sie synthetische Schilddrüsenhormone ein und ersetzen damit die Hormone, die Ihr Körper nicht mehr selbst bildet. Mit zunehmender Schädigung Ihrer Schilddrüse erhöhen wir dann die Dosis. Da Sie jetzt ein höheres Risiko haben, an anderen Autoimmunerkrankungen zu erkranken, werden wir Sie entsprechend überwachen. Wenn Sie eine Autoimmunerkrankung haben, steigt die Wahrscheinlichkeit, von einer weiteren betroffen zu sein.“

      Auch wenn sie es sehr gut gemeint haben (manche waren liebe Freunde und Kollegen von mir), klaffte bei ihnen in Bezug auf die Lebensweise bei Hashimoto eine riesige Wissenslücke. Das war der Grund, warum ich mir vornahm, das System zu verändern.

      Nachdenken über Grundursachen: Manchmal weiß der Patient selbst am besten Bescheid

      Während ich 2006 als Apothekerin im kommunalen Bereich arbeitete, berichtete einer meiner Patienten, dass die generische Version des Antidepressivums Wellbutrin (unter diesem Namen in Österreich, Luxemburg und der Schweiz erhältlich; in Deutschland unter den Namen Elontril und Zyban) nicht so gut wirke wie das Originalpräparat. Ich tauschte das Generikum aus und meldete es der Arzneimittelzulassungsbehörde FDA. Zwei weitere Patienten äußerten sich in diesem Monat genauso, und jedes Mal erstattete ich der FDA Bericht.

      Erst drei Jahre später, also im Jahr 2009, drang diese Information zu den klinischen Datenbanken durch und es dauerte bis Oktober 2012, bis die FDA sich schließlich dazu entschloss, das Generikum vom Markt zu nehmen.

      Das heißt, dass die etablierte medizinische Welt fast sechs (!) Jahre brauchte, um ein einfaches Problem zuzugeben, das einer meiner Patienten bereits innerhalb weniger Tage nach Einnahme des Medikaments erkannt hatte. Das ist nur ein kleines Beispiel. Es dauert seine Zeit, um in einem so großen System wie unserem Gesundheitswesen eine Veränderung herbeizuführen.

      Haben auch Sie schon einmal festgestellt, dass manches in Bezug auf Ihre Gesundheit von der etablierten Medizin ignoriert wurde – und was war das?

      Die Suche nach einem neuen Lebensstil ging weiter

      Dass das bereits alles sein sollte, überzeugte mich nicht. Da ich beratend im Gesundheitswesen tätig war, wusste ich aus eigener Anschauung, dass Ärzte ganz gewiss nicht alles wussten. Eines von vielen Beispielen war ein kleines Mädchen mit einer Zerebralparese (Bewegungsstörung durch eine frühkindliche Hirnschädigung; Anm. d. Übers.), das wegen aggressiven Verhaltens und Schreiattacken an unser Team verwiesen wurde – die Ärzte wollten der Kleinen Neuroleptika geben, doch mein Team stellte fest, dass sie tatsächlich Schmerzen hatte und empfahl, es zuerst mit Krankengymnastik zu versuchen. Innerhalb von wenigen Wochen war sie wieder das nette und glückliche Mädchen, das wir kannten. Das Verhalten war ihre Art gewesen, ihre Schmerzen auszudrücken, und die Medikamente hätten sie wahrscheinlich nur ruhiggestellt! Vielleicht gab es ja neue Informationen über Hashimoto, die andere Ärzte und Patienten noch nicht kannten.

      Ich stürzte mich in die Recherche, um nach Maßnahmen in Bezug auf die Lebensweise zu suchen, die mir bei meiner Schilddrüsenstörung helfen konnten. Ich stieß rasch auf einen vielversprechenden Artikel, der eine Verbindung zwischen Zöliakie und Hashimoto herstellte (ich fragte mich, ob ich vielleicht meine Ernährung umstellen könnte). Ich nahm den Artikel mit zu meinem nächsten Termin beim Endokrinologen (auf den ich fast zwei Monate hatte warten müssen), um sicherzugehen, dass ich alles tat, was ich für mich tun konnte und dabei die richtige Richtung einschlug.

      Der Endokrinologe war sehr nett, sagte mir jedoch erneut, dass ich nichts anderes tun konnte, als meine Schilddrüsenhormone mit einem entsprechenden Medikament zu ersetzen. Er sagte sogar, dass die meisten meiner Symptome, auch Haarausfall und meine Stimmung, nichts mit der Schilddrüse zu tun hätten. Und dass die Weichen gestellt seien – mein Immunsystem würde die Schilddrüse weiterhin angreifen und die Dosierung der Medikamente müsse mit fortschreitender Zerstörung des Organs erhöht werden. Das Risiko einer weiteren Autoimmunerkrankung, die potenziell mit ziemlichen Einschränkungen verbunden sein könne, etwa Lupus erythematodes oder Multiple Sklerose, sei erhöht, aber mit der Ernährung habe all das gar nichts zu tun, versicherte er mir. Ich könne einfach nichts weiter für eine Besserung tun. Er sagte mir, das sei nicht meine Schuld, was ich dankbar zur Kenntnis nahm und ihm auch glaubte, doch gleichzeitig fühlte ich mich so ohnmächtig, weil ich einfach nur abwarten und tatenlos zusehen sollte, wie mein Immunsystem den Körper angriff.

      Ich ging also mit meinem Rezept nach Hause und brach in Tränen aus. Ich dachte darüber nach, wie es wäre, Lupus zu haben (während des Studiums haben wir uns lange damit beschäftigt), kahlköpfig zu werden und keine Kinder haben zu können, und ich fühlte mich völlig hoffnungslos.

      Aber natürlich gab ich nicht auf. Ich forschte weiter und wurde mein eigenes Versuchskaninchen. Ich probierte zahlreiche alternative und innovative Möglichkeiten der Lebensweise und der funktionellen Medizin aus. Ich verfolgte meine Ergebnisse, einschließlich der subjektiven Symptome und der objektiven Schilddrüsenantikörper, kontrollierte Herzfrequenz, Blutdruck und das Thyreoidea-stimulierende Hormon (TSH). Ich hackte mich in mein biologisches System wie in einen Computer.

      Den größten Teil des Jahres 2010 verbrachte ich damit, verschiedene Behandlungen auszuprobieren, auch immunmodulierendes niedrig dosiertes Naltrexon, individuell für mich zubereitete Schilddrüsenpräparate (eine Möglichkeit, die in den USA in bestimmten Apotheken, den sogenannten Compounding Pharmacies, gang und gäbe ist; Anm. d. Übers.), Dehydroepiandrosteron (DHEA), Progesteron und Pregnenolon (mehr darüber können Sie meinem ersten Buch Hashimoto im Griff entnehmen). Einige meiner Schilddrüsensymptome besserten sich daraufhin – der Süden von Kalifornien erwies sich schließlich auch für mich als warm und es begannen sich Besserungen beim Gedächtnis und bei der Energie zu zeigen. Ich hatte jedoch weiterhin mit Reflux, Reizdarmsyndrom, Blähungen, einem Karpaltunnelsyndrom, Kopfschmerzen und Allergien zu kämpfen. An diesem Punkt erkannte ich, dass ein vermehrt ganzheitlicher Ansatz erforderlich war. Ich ergriff nicht nur eine Maßnahme, damit es mir besser ging – ich ergriff viele, damit es mir besser ging!