Umwege zu R.. Ulf Häusler. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Ulf Häusler
Издательство: Readbox publishing GmbH
Серия:
Жанр произведения: Контркультура
Год издания: 0
isbn: 9783347075269
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Vater stellte immer die gleiche Frage, ob er die Antworten des Jungen so richtig aufnahm, wusste man nicht so recht. Er redete wenig, eigentlich gar nicht, es sei denn, es musste unbedingt sein, wie z.B. im Beruf bei seiner Firma, in der er sich von ganz unten als kleiner Diplom-Ingenieur bis zum Entwicklungs-Chef hochgearbeitet hatte. Die Mutter war auch nicht viel gesprächiger – beide waren halt Ostfriesen. Und das seit Generationen. Und die ganze Jugend in Emden. Heins bester Freund hatte mal vor vielen Jahren mit diversen Gläsern Bier und Korn wohl versorgt, gemeint, sie würden halt zu den Fußkranken der Völkerwanderung gehören. Nun, diese Erkenntnis hatte Hein Lügen gestraft, als er damals bei einer Kunststoff-Firma in Erbach im Odenwald ein Angebot bekommen und es angenommen hatte.

      „Wat mut, dat mut.“ hatte Hein seiner Rose damals klar gemacht. Rose hatte nur gelacht, als der Freund das mit der Völkerwanderung gesagt hatte. Und Hein hatte ihr als Zeichen seiner innigen Zuneigung einen ordentlichen Klaps auf ihr hübsches, strammes Hinterteil gegeben.

      Fietje musste ein wenig grinsen, als er an seine Eltern dachte. Vor allem daran, was seine Oma ihm vor zwei Jahren erzählt hatte, als sie mal wieder bei seinen Großeltern in Emden gewesen waren.

      Die Eltern waren richtig glücklich miteinander, immer noch. Zwar hatte Rose als junges Mädchen nach der Schule als Au-Pair ein Jahr nach England gewollt, aber da war ihr Hein erst sauer und dann richtig deprimiert geworden.

      „Das halte ich nicht aus, ein ganzes Jahr ohne Dich.“ Sie sah das irgendwie ein und hatte auch kein Problem mit dem Wechsel in den Odenwald gehabt.

      „Au Pair in England ist‘s zwar nicht, aber schön weit weg von Ostfriesland ist es schon.“ hatte sie nur gemeint.

      Ihre beiden Eltern hatten sich erst einmal quergelegt, als Rose mit Hein mitziehen wollte. Zwar waren sie schon länger ein Paar und Ihre Eltern glaubten keineswegs, dass Ihre Tochter noch nie mit dem Hein so richtig zusammen war. Aber sie unverheiratet mit Hein soweit fortziehen zu lassen, empfanden sie schlicht als unschicklich. Und Heins Vater hatte gemeint, das mache einen sehr schlechten Eindruck bei seiner Firma, wenn er da mit so einem Mädchen ankäme.

      „Da bekommt Ihr ja nicht einmal eine Wohnung.“

      Hein hatte nur gelacht.

      „Damit Ihr beruhigt seid – Rose und ich werden vielleicht vorher heiraten.“

      Wieder meinten beide Elternteile, etwas dagegen haben zu müssen.

      „Dafür bist Du noch viel zu jung.“ meinte ihre Mutter. „Und außerdem halte ich den Hein für einen Schluri.“

      „Was meinst Du damit; Modder?“

      „Hein ist keiner, der treu sein kann.“

      „Woher weißt Du das?“

      „Der schaut immer so hungrig.“

      „Meinst Du, er bekommt nicht genug zu essen?“ grinste Rose ihre Mutter an.

      „Du weißt genau, was ich meine.“

      „Bis jetzt wird er immer ganz gut satt bei mir.“

      So, nun war es raus, die elterliche Vermutung war zur Gewissheit geworden.

      „Wie – Ihr habt schon…“

      „Ach Modder, wir leben doch nicht mehr im vorigen Jahrhundert.“

      Roses Mutter war ganz blass geworden, als ihre Befürchtung durch die töchterliche Aussage Realität geworden war. Ihre Rose war doch erst 23 und dieser Hein 25. Die waren doch eigentlich noch Kinder. Und wenn sie womöglich schwanger würde – wie soll das denn alles gehen. Na ja, sie war schließlich erst 20 gewesen, als sie ihren Peter Petersen geheiratet hatte, der damals 23 war.

      „Dann wird aber geheiratet, bevor ihr abhaut.“

      „Mal sehen.“

      Hein war es bei seinen Eltern ganz ähnlich ergangen. Beide hatten es für absolut unmöglich gehalten, dass der Junge ohne Trauschein mit dem Mädel fortzog und ihr womöglich noch ein Kind aufhalste.

      „Warum heiratet Ihr nicht vorher?“

      „Das hat doch alle Zeit der Welt.“ hatte Hein ziemlich frech grinsend gemeint. Eine Aussage, die auf wenig elterliche Gegenliebe stieß.

      Im Grunde wollten beide heiraten. Und zwar bald. Denn beide hatten die Heimlichtuerei gründlich satt, wenn sie mal richtig schön beieinander sein wollten – mit Trauring war das alles viel einfacher. Und dass die Eltern nun die Herat auch begrüßten – wenn auch einerseits ‚nur‘ wegen des Fortzugs in den für einen Ostfriesen fernen Süden und andererseits aus Angst, die unverheiratete Rose könnte womöglich ledig und allein gelassen ihren Eltern ein ‚süßes Geheimnis‘ verraten. So hatten sich beide Elternpaare an einem Sonntag, als Hein und Rose einen kleinen Segeltörn machten, zum Mittagessen in einem Restaurant getroffen und ‚ahns klor mokt‘, wie sie es nannten.

      Der Gasthof lag direkt am Hafen und als die beiden Segler an Land kamen, wurden sie von Heins Vater reingerufen.

      „Rose, ich glaube, die haben was ausbaldowert. Wollen wir sie ein bisschen zappeln lassen?“

      „Ziemlich gemein. Meinst Du nicht auch?“

      „Nö, ein wenig Strafe muss sein. Macht doch Spaß.“

      „Schäm Dich. Aber meinetwegen.“

      Kaum hatten beide am elterlichen Tisch Platz genommen, fragte der alte Petersen den alten Beneke:

      „Willst Du, oder soll ich?“

      „Ich mach das. Jens. Also hört mal Ihr zwei, wir haben beschlossen, dass Ihr heiratet, bevor Ihr loszuckelt. So das war’s. Alles klar? Pfarrer Hinrichs würde Euch in zwei Wochen trauen.“

      Rose hatte allergrößte Mühe, ihr Strahlen zu verbergen und auch Hein war ganz rot geworden vor Freude, da er aber ein ziemlich ernstes Gesicht hinbekam, wirkte er so eher zornig. „Spinnt Ihr jetzt alle total? Wir sind schon über 18, falls Euch das entgangen sein sollte. Und ich weiß noch nicht einmal, ob die Rose mich überhaupt haben will, außer zum Schmusen und so. Die will vielleicht viel lieber einen temperamentvollen Südländer haben und nicht einen sturen Ostfriesen. Los, sag auch mal was, Rose.“

      „Weiß nicht, Hein. Also recht hast Du ja, dass wir schon volljährig sind…“

      Weiter kam sie nicht, denn Roses Mutter war kreidebleich geworden, Heins Mutter puterrot und die beiden Väter starrten ins Leere. Zum Glück kam gerade der Kellner, um nach den Wünschen der jungen Gäste zu fragen.

      „Ich brauch jetzt einen Korn.“ stellte Heins Vater fest.

      „Zwei doppelte, junger Mann.“ ergänzte Vater Beneke, um sogleich fortzufahren: „Bring mal besser gleich die ganze Boddel.“

      Inzwischen konnte sich Hein nicht mehr länger zurückhalten. „Rose, komm mal her.“

      Er setzte sie auf seinen Schoß, gab ihr einen Kuss und meinte zu den alten Herrschaften:

      „Haben wir Euch wenigstens einen ordentlichen Schrecken eingejagt? Hättet es uns ja etwas schonender beibringen können, was Ihr mit uns vorhabt. Aber ist schon in Ordnung. Wollten wir nämlich auch. Heiraten.“

      Rose saß inzwischen wieder auf ihrem Stuhl. Sie wollte das Spielchen noch ein wenig fortsetzen.

      „Ich werde also überhaupt nicht gefragt? Wisst Ihr eigentlich, dass der Kerl da“ – sie deutete auf Hein – mich noch nicht mal gefragt hat, ob ich ihn nehmen will?“

      Nun war Hein etwas irritiert.

      „Also vorhin auf dem Boot…“

      „Was heißt hier auf dem Boot – gefragt hast Du mich da auch nicht.“

      „Soll ich jetzt…?“

      „Klar sollst Du. Und zwar unter Zeugen.“

      Sie schaute ihren Hein so frech und herausfordernd an, wie schon lange nicht