Und wenn die Safeknackerin erfuhr, wer sie reingelegt hatte, dann… Ha! Arnie klopfte sich auf die Schenkel und zerdrückte vor Lachen eine Träne. Was würde er darum geben, ihre dumme Visage dabei zu sehen. Das war der beste Witz, den er je gehört hatte. Er hatte immer schon Sinn für Humor. Und er, Arnie hatte den Witz erfunden. Ha!
In seinen goldenen Hirnzellen war er entstanden. Man konnte vieles über ihn behaupten, aber er war nicht unintelligent. Zufrieden mit dieser Selbsterkenntnis rutschte er etwas tiefer in seinen Sitz.
Die Idee war ihm bei einem Besuch in einem Swinger-Club gekommen. Er hatte sich mit einer gutgebauten Dame, undefinierbaren Alters für ein Nümmerchen ins Separee zurückgezogen. Ihr unersättlicher Appetit erforderte all seine Energie. Endlich schien sie zufrieden, ließ von ihm ab und so lagen sie nebeneinander, satt und matt. Da begann sie zu plaudern, über sich, ihr Leben und ihren Mann. Arnie döste gelangweilt weiter. Als sie jedoch erwähnte, dass ihr Mann ein Juwelier war, klingelte es bei ihm wie in einer Registrierkasse. Nun, hellwach, mimte er weiter gequälte Höflichkeit beim Zuhören. Eine unverfängliche Frage hier, und eine da, bescherten ihm wertvolle Informationen.
Die kleinen Zahnrädchen in seinem Kopf begannen emsig ineinander zu greifen und formten einen Plan. Offenbar hatte der Juwelier einen Tick, ja fast schon eine Manie, was die Sicherheit seiner Edelsteine betraf. Trotz Alarmanlage und topaktuellem Sicherheitssystem für den Safe, traute er der Sache nicht und war krankhaft vorsichtig. Wenn er zum Beispiel vor einer Auktion eine größere Menge Diamanten aufbewahrte, und er befürchtete, dass eingebrochen werden könnte, schien ihm der Safe zu unsicher. Dann räumte er die Juwelen um, und zwar in den Tresor in seinem Büro. Er hoffte, so den Ganoven ein Schnippchen zu schlagen.
Nur, diesmal war es umgekehrt gelaufen. Arnie hatte den Juwelier ausgetrickst. Er musste lachen. Dass er ausgerechnet auf die Frau des Bijoutier traf, war pures Glück gewesen. Sie konnten beide voneinander profitieren, war quasi eine klassische Win-win-Situation.
Er summte gut gelaunt vor sich hin. Nur noch wenige Minuten, dann war er in Winterthur Geschichte. Er würde sich nie mehr die blöden Gesichter von seinem Bewährungshelfer, der Sozialtante und dem Stadtrat ansehen müssen. Diese Gutmenschen, die sich für die Resozialisierung von Straffälligen einsetzten. Die einen, um ihren Hang zur selbstlosen Liebe zu kultivieren, hoffend einen Platz im Himmel zu sichern, und die anderen, um sich für die Wiederwahl in Szene zu setzen. Er und seinesgleichen diente ihnen da lediglich als Steigbügelhalter.
Er würde den selbstgefälligen Verein nicht vermissen. Obwohl, die eine Sozialarbeiterin hatte ein Figürchen zum Träumen. Arnie leckte sich die Lippen. Seine Fantasien wurden vom Brummen eines sich nähernden Autos unterbrochen.
Aha, da kam Liz.
Der Fiat hüpfte wie ein aufgeblasener Floh über die Landstraße. In eine Staubwolke gehüllt brauste sie über den Platz und hielt in sicherer Distanz an. Sie stieg aus, warf die Tür zu und kam auf ihn zu.
Erwartungsvoll schaute er sie an. »Hallo, Schätzchen«, grüßte er.
»Hallo Arnie«, schnappte sie.
»Na, wie geht’s, wie stehts? Die Kinder gesund und munter?«
Wie sie es hasste, wenn er das Bild des besorgten Familienvaters gab. »Das geht dich nichts an. Ich konnte dein geheucheltes Interesse noch nie ausstehen. Du wirst nie als liebender Vater in die Annalen der Geschichte eingehen. Aber das weißt du besser als ich. Also lass die Kinder aus dem Spiel.« Sie griff entschlossen in ihre Handtasche. »Bringen wir es hinter uns.«
»Das wollte ich auch gerade sagen. Sowie du mir die Kohle rüberschiebst, werde ich – Simsalabim - verschwinden, wie der Geist aus der Flasche.« Er schnippte mit den Fingern. »Auf Nimmerwiedersehen«. Er hatte es nun eilig.
»Ich werde dir keine Träne nachweinen, sondern tanzen vor Glück«, bemerkte Liz.
War es der Ton, wie sie es sagte, oder eine Vorahnung, die ihn aufhorchen ließ. Im nächsten Augenblick wurden seine Augen kugelrund und er blinzelte, als könne er nicht glauben, was er sah. Sie hatte ihre Hand aus der Tasche gezogen und hielt ihm statt des erwarteten Geldbündels einen Revolver vor die Nase. Er schluckte und schluckte, plötzlich lag ihm ein Kloss im Hals. Seine liebliche, kleine Ex-Frau, die keiner Fliege etwas zuleide tun konnte, würde ihn abknallen. Und an der Art, wie sie die Schusswaffe handhabte, war sie darin nicht ungeübt.
»Du hast die Wahl: Verschwinde für immer aus meinem Leben und dem der Kinder. Solltest du dich noch einmal blicken lassen, werde ich dich mit dem Ding hier in die ewigen Jagdgründe befördern. Und stell mich nicht auf die Probe, es juckt mich eh in den Fingern. Hast du verstanden?«
»Was? Natürlich! Kein Problem!« Händeringend kam er einen Schritt auf sie zu. »Das ist doch kein Grund die Nerven zu verlieren. Ich verschwinde spurlos. Darauf kannst du wetten. Bin so zusagen auf dem Sprung und schon fast in einem anderen Leben.« Leicht melancholisch und gekränkt, über ihr knallhartes Ultimatum, deutete er vor sich auf den Boden. »Du siehst mich heute hier zum letzten Mal.«
In Liz' Gesicht regte sich äußerlich kein Muskel, während sie abwägte, ob sie ihm glauben konnte. Sie zweifelte nicht unbegründet an seinem Versprechen. »Hm, ich überlege gerade. Was, wenn du mich wie immer belügst? Wieso sollte ich dir diesmal glauben? Besser ich erschieße dich gleich hier und jetzt. Das ist sicherer.« Liz legte an. »Früher oder später wird dich dein krimineller Lebenswandel sowieso umbringen. Das hättest du dann schon hinter dir. Eigentlich erweise ich dir damit einen Gefallen. Du, das geht ruck, zuck. Ich mach es so, dass es gar nicht wehtut. Das ist viel schmerzfreier, als wenn du einem deiner Widersacher in die Hände fällst. Die würden dich genüsslich zu Tode quälen. Es spricht also alles dafür.« Sie zielte über Kimme und Korn.
»Nein, nein!« Arnies Hände schossen zum Stoppzeichen hoch. Die dumme Kuh kapierte aber auch gar nichts! Seine Zunge fuhr nervös über seine Lippen. »Das ist keine gute Idee. Gar keine! Das belastet nur unnötig dein Gewissen. Tu es nicht! Ich bleibe ganz sicher weg. Bedenke: Mord! Das ist keine gute Basis für den Beginn eines neuen Lebens. Das bringt Unglück!« Er verhaspelte sich vor Aufregung. Schweißtropfen bildeten sich auf seiner Stirn. »Stell dir vor, was das für ein schlechtes Karma ergäbe. Ein Mörderleben, das du sieben Leben lang abbüßen müsstest. Das ist nicht gut. Glaub mir. Gar nicht!«
Arnie schüttelte den Kopf wie ein Autodackel. Mit einer fahrigen Bewegung wischte er sich über die Stirn. »Schau Kleines. Liz! Ich bin doch so gut wie weg!« Mit den Händen abwinkend bewegte er sich rückwärts auf sein Fahrzeug zu.
»Halt! Wir sind noch nicht fertig. Ich sag, wenn du gehen kannst!« Sie hob drohend den Revolver und Arnie stoppte.
»Vielleicht ist es wirklich besser den Vater meiner Kinder nicht zu erschießen«, überlegte sie laut. »Wegen des Karmas.« Dann legte sie den Kopf zur Seite und fragte: »Hast du nicht etwas vergessen?« Sie griff erneut in ihre Tasche und brachte ein Bündel Geldnoten zum Vorschein. Verächtlich warf sie es Arnie vor die Füße. »Ich will doch sicher gehen, dass du hier wegkommst. Na los, heb es auf!«
Arnie bückte sich umständlich ohne Liz aus den Augen zu lassen. Er hob das Bündel auf und wägte es in seiner Hand ab. »Das sind keine zehn Riesen. Willst du mich verscheißern? Du Nu…!« Doch als er sah, dass sie den Revolver anlegte, verstummte er wütend.
Sie zielte: »Ich kann ja noch ein paar Kugeln drauflegen.«
»Nein, nein. Lass das! Aber, das ist Betrug. Das wirst du mir büßen!«
Nun geschah genau das, was Liz befürchtet hatte. Ihr platzte der Kragen. Sie drückte ab. Die Kugeln schlugen einen halben Meter vor Arnies Füssen ein. Er machte erschrocken einen Satz auf die Seite. »Als Gedächtnisstütze, du Mückenhirn! Wenn ich dich noch einmal hier sehe, lege ich dich um. Dasselbe gilt für die Jungs. Wenn Du noch einmal in ihre Nähe kommst, lege ich dich um. Und wenn Du noch einmal