Ferkel kreischte „Da war noch einer!“
Wolle: „Ach ja?“ – Er setzte die Astschere etwas präziser am unteren Fingergelenk an.
„Wartet!“ – Pure Panik in Ferkels Augen. „Das Geld kam von Dallmann“.
Marlowe: „Du und der Boedecker, ihr habt das doch auf keinen Fall allein durchgezogen.
Wer hat da noch mitgemacht?“
„Kameramann, Regisseur und reiche Kerle“
„Namen!“
„Die bringen mich um!“ – Ferkel war jetzt kurzatmig.
Wolle: „Wir dich auch“.
Ferkel hustete und spuckte Blut.
„Der Kameramann kam aus Teterow, - Heinz hieß der, - Heinz Giessen, glaub ich“
„Weiter!“
„Der Regisseur war Profi, - Studio Hamburg“ – Wolle legte sich das Fingergelenk zurecht und drückte versuchsweise.
„Nein, nein, - Georg! - Georg Schlüter!“
„Ok, - und wie lief das Ganze ab?“
„Naja, - der Klaus und ich sind immer zu den Schulen und haben da Ausschau gehalten, wir wussten ja wonach wir suchen sollten“.
„Woher?“
„Na, der Dieter …“
„Was für ein Dieter?“
Ferkel hatte sich verplappert. Man sah ihm an, dass er angestrengt überlegte, wie er aus der Sache rauskam. Dicke Schweißperlen rollten von seiner Stirn.
„Dieter halt, - der war so dazwischen und hat die Anweisungen gegeben“.
„Nachname?“
„Weiß nicht, - wir kannten ihn nur als Dieter!“ – Ferkel schwitzte heftig, - es war offensichtlich, dass er log.
Ein hässliches Knackgeräusch, - dann ein erstickter Schrei „Ahhh, nein, ahh“.
Wolle drückte ihm den Eisbeutel zunächst auf den Mund, dann auf den Finger.
Marlowe hatte das Gefühl, dass ihm die morgendliche Fischkonserve zusammen mit Sergeijs Schnaps hochkam, - riss sich aber zusammen.
„Du siehst, wir machen keinen Spaß. Also: Weiter!“
Ferkels Gesicht war schmerzverzerrt, er stand unter Schock, wenn sie Pech hatten, würde er gleich ohnmächtig werden.
Ferkel stöhnte, blickte kurz auf das abgetrennte Fingergelenk, das Wolle in den Eisbeutel gelegt hatte und rang nach Worten.
„Glaser, - wie der Schauspieler. Dieter Glaser“.
„Ok, der hat euch also die Aufträge gegeben. Wie habt ihr die Mädchen dann in den Keller und ins Studio gebracht?“
„Der Dieter hat immer mit dem Ford-Kombi oder dem VW-Bus gewartet, - je nachdem wie viele bestellt waren. Wir haben sie reingesteckt, manchmal wurden sie dann betäubt und ab die Post“. Das war in einem fast herausfordernden, frechen Ton gekommen.
Wolle griff kurzentschlossen zu dem Druckluftnagler und fixierte auch die linke Hand.
Ferkel schrie wie am Spieß. Wolle drückte ihm den Eisbeutel, samt Fingerglied auf den Mund. Es wurde Zeit, dass sie verschwanden, - es war doch etwas laut geworden.
„Wie ging es dann weiter?“
Ferkel, nunmehr schluchzend: „Naja, - meistens waren wir ja gar nicht dabei, - aber, wenn, - dann ging es zum Keller. Da haben wir sie untergebracht. Feldbetten, Dusche, Klo, später was zu essen“.
„Und von da aus?“
„Ich war nur einmal dabei, - hab mit Dieter die Mädels in den Bus geschleppt und dann ab zum Studio“
„Wo war das?“
„In Hochkamp, in einer großen, alten Villa, zwei neben Waalkes seiner Bude“
„Links oder rechts?“
„Rechts, glaub ich, - gehörte einem reichen Macker“ – Ferkel war am Ende seiner Kraft.
„Und die Dreharbeiten?“
„Da waren wir nie dabei, - Dieter hat erzählt, die Schickies hätten da so Partys gemacht und zwischendurch immer mit den Mädels rumgemacht, - Kamera immer dabei und später gabs Abzüge für die Reichen“.
„Na gut, - eventuell belassen wir es bei einem Finger. Aber wie kommt Dallmann ins Spiel?“
Ferkel hatte gerade Hoffnung geschöpft, - sein Gesichtsausdruck spiegelte nun den blanken Horror.
„Äh, äh, - das hat der Dieter erzählt.“
„Ach ja?“ – Wolle kramte in den Instrumenten, - „Das hier ist für Fingernägel und so“
„Halt, halt, - einmal haben wir ihn gesehen. Er kam mit dem Dicken aus dem Haus, als wir gerade in die Auffahrt sind“
„Welcher Dicke?“ – Marlowe hatte jetzt den bösen Unterton von Wolle angenommen.
„Den kannten wir nicht!“ – Wolle setzte das silbern glänzende Werkzeug an.
Ferkel kreischte „Wirklich nicht, - wirklich, wir kannten ihn nicht. Das Gesicht haben wir auch nicht gesehen. Er war dick und hatte teure Klamotten an. Und – er ist in einen dicken Bentley eingestiegen. Mehr weiß ich nicht,- wirklich“ – Ferkel schluchzte.
„Ok, - und was wurde nach den Drehs?“
Ferkel blickte nach oben links zur Decke. Ein sicheres Indiz. Jetzt kam eine Lüge.
„Wir haben die Mädels dann abgeholt und in den Keller zurückgebracht“.
„So, - und dann?“ – Ferkel wusste nicht, was er sagen sollte.
„Äh, - ja, später haben wir sie dann irgendwo ausgesetzt“.
„Und vorher, - im Keller?“
Wolle hatte mit der Verbandsschere den Gefrierbeutel an der linken Hand aufgeschnitten, sich den linken Daumennagel vorgenommen und riss ihn nun ohne Vorankündigung heraus.
„Ahhhh!“ – Ferkel kreischte. „Ahhh, nein, aufhören!“ – Der Daumen blutete heftig.
„Was war zwischen Keller und Freilassen?“
„Naja, wo sie schon mal da waren, da haben Dieter, Klaus und ich sie uns vorgenommen, - waren ja nun keine Jungfrauen mehr“.
Sven sah, wie Wolles ohnehin schon angespannte Halsmuskeln sich verhärteten. Gleich würde es einen Toten geben.
„Gut, - wir gehen jetzt. Werkzeug einpacken! – Die kleine Beißzange lassen wir dir da“.
Wolle nahm die Beißzange und löste die linke Hand. Ferkel kreischte erneut. Wolle packte seine Werkzeuge und den Luftdrucknagler ein und griff zu einer kleinen Flasche aus dem Arztkoffer. Sagrotan.
„Nur noch kurz desinfizieren“.
Er kippte das Zeug über Ferkels Hände und anschließend über die frische Zahnlücke. Ferkel brüllte auf, - Wolle schlug ihm den, inzwischen schmaler gewordenen Eisbeutel kräftig über den Kopf.
„Gehen wir“.
Später in Wolles Auto: „Sven, du bist ein Weichei! – Solche Typen gehören wech! – Und zwar für immer!“
Sven war immer noch schlecht. – „Ja Wolle, - ich weiß, - aber das ist nicht unser Job“. Zweihundert Euro wechselten den Besitzer. Wolle setzte Marlowe bei der „Bunten Kuh“ ab.
„Bunte Kuh“, Früher Abend
Marlowe