Stattdessen wählt man entschiedenen Widerspruch.
Das ist die Absicht dieser Arbeit. „Eine christliche Kirche ohne ein klares Bekenntnis […] wäre eine peinliche Erscheinung, welche ihren Auftrag verfehlt.“48 Leider ist meines Erachtens dieses klare Bekenntnis aber eher Seltenheit geworden.49 Künneth, einst gegen Rosenberg50, auch heute aktuell: Wehe einer Kirche, deren Christusverkündigung kein Ärgernis in der Welt mehr bedeutet. “51
Die Gründung einer neuen Bekennenden Kirche52 ist meines Erachtens überfällig. Ich kann aber diesen Gedanken in diese Arbeit nicht weiter vertiefen.
Meinen Widerspruch werde ich vor allem mit zahlreichen, ausgewählten, gewichtigen Gegenstimmen zu Bultmann formulieren und in den Kapiteln „Gegenrede“ zeigen, daß sich Bultmann mit seinem Aufsatz „Neues Testament und Mythologie“ wissenschaftlich disqualifiziert und theologisch als Irrlehrer und als Antichrist erwiesen hat.
„Die rettende Wahrheit […] soll aber nicht elender Relativität überantwortet werden. Und auch nicht der herrschend gewordenen Selbst-Religion, der Autonomie […] dem individuellen Absolutismus, in dem jeder Einzelne sich wie ein absoluter Fürst vorkommt, […] dem unanständigen Absolutismus von uns Modernen als den individuellen oder kollektiven Subjektivitätsidioten, den schmächtigen Wichtigtuern, Bescheidwissern und Verzeihung, Klugscheißern, sogar noch gegenüber Gott. “53
Am 25.2.1968 unterzeichneten lutherische Kirchen mehrerer Länder die Sittenser Erklärung in Reaktion auf die um sich greifende „Entmythologisierung“ und „existentiale Interpretation“, wie sie Bultmann propagiert hatte. Dort heißt es im Artikel 3:
„Wo […] Christus, seine Gott-Menschheit, sein Sühnetod, seine leibhaftige Auferstehung und seine Erhöhung geleugnet werden [wie von Bultmann] da gibt es keine Kirche. […] Wo der biblische Grund und der apostolische Auftrag der Kirche geleugnet werden, entartet christlicher Glaube zu einem Programm bloßer Mitmenschlichkeit, Politik oder Weltanschauung. “54
„Die wahrhaft sachgemäße Weise der Auseinandersetzung mit der Theologie Bultmanns wird […] das ernste Bemühen sein, den Sachverhalt des Evangeliums von dem her zu erschließen […], worauf das Kerygma als Zeugniswort hinweist, auf das transsubjektive Handeln Gottes in Christus, das über eine bloße Uminterpretation auf seine existentiale Bedeutsamkeit hin weit hinausgeht.“ 55
Methodisches
Diesen Vorschlag Hohmeiers versuche ich in dieser Arbeit umzusetzen durch zahlreiches und umfangreiches Zitieren neutestamentliche Texte, als auch aus der unübersehbaren Fülle, ausgewählte, neutestamentlich begründete Gegenpositionen zu Bultmann.
Was wir gemäß der Bibel zu verkünden haben, was eine Predigt ist, was das Kerygma, was das Evangelium ist, wovon Christen sprechen und an was sie glauben, das wird in den Gegenreden zu jedem Kapitel und zu jedem von Bultmann verleugneten Bibelworten ausführlich behandelt.
Die zitierten Gegenpositionen stellen auch ein persönliches Bekenntnis dar. „Ich schäme mich des Evangeliums nicht; denn es ist eine Kraft Gottes, die selig macht alle, die daran glauben“ (Röm 1,16a) Auch wenn ich nicht mit allen Einzelheiten der zitierten Begründungen immer vollständig übereinstimme, werde ich diese Differenzen hier nicht weiter thematisieren.
In der Sprache, den verwendeten Vokabeln, Begriffen, in Ton und Stil habe ich streckenweise Bultmann übernommen, der sich nicht zurückhält und z. B.: den Glauben an das uns versöhnende Heilswerk Jesu Christi als „primitiv“56 oder die an die Parusie Glaubenden als „nicht zurechnungsfähig“57 verunglimpft und die neutestamentlich Verkündigung heute für „sinnlos“ erklärt.58 Ich habe mich auch den deutlichen Worten der Theologen Martin Hengel, Karl Barth, Helmuth Thielicke, Walter Künneth, Julius Schniewind und anderen angeschlossen. Wie diese, habe ich meinen Widerspruch zu Bultmanns Thesen, Methoden, Vorverständnis und zu seiner „Theologie“ sehr deutlich zum Ausdruck gebracht.
Mit einer, in meinen Augen, völlig unangemessenen, herablassenden Arroganz, hat Bultmann große Teile des Neuen Testaments in den Papierkorb befördert und als „erledigt“ erklärt.59 Mit dieser, auch als unwissenschaftlich zu bezeichnenden Art, wie gezeigt werden wird, muss meines Erachtens auch sprachlich ein deutliches Nein entgegengesetzt werden, was in dieser Arbeit auch geschieht.
„Das Maß von Redemut […] mit dem die gesamte Entmythologisierungsrichtung aufzutreten pflegt, ist, wie jedermann weiß, recht oft befremdend hoch. Es wäre dann höchst unbillig, von denen, die anderer Meinung sind, zu verlangen, sie hätten in der Offenheit ihrer Meinungsabgabe bescheidener zu sein. “60
Ich habe in meiner kritischen Untersuchung ganz bewusst darauf verzichtet, Bultmanns Entgegnungen, die zu einigen Stimmen vorliegen, hier zu zitieren. Ich habe ebenso darauf verzichtet, apologetische Stimmen, die Bultmanns Methode und seine „Theologie“ verteidigen, anzuführen und meine, in allen Fällen abweichende Position, darzustellen. Denn Bultmann und seine Apologeten bringen in ihren Entgegnungen substantiell nichts Neues über das hinaus, was hier behandelt wird. Die wesentlichen Gegenargumente und die neutestamentlich begründeten Gegenpositionen sind hier ebenfalls bereits aufgeführt. Zusätzliche Erkenntnisse wären daher kaum zu erwarten gewesen. Thielicke teilt diese Auffassung, wenn er schreibt:
„Wir sehen […] wie B’s Selbstverteidigung nicht weiterführt und wie die Preisgabe des „Faktums“ nicht mehr rückgängig zu machen ist. Die B’schen Argumente und Glaubensbegründungen sind auf den engen Raum der Bewusstsein-Subjektivität zusammengedrängt. […] Das Unternehmen [Bultmanns] ist […] geendet, (Gal 3,3)61 nämlich in einer sarkischen Philosophie.“62
Wogegen ich mich in dieser Arbeit wende
Ich wende mich gegen Bultmanns unwissenschaftlichen Methoden, (wie ich in beinahe allen Kapiteln, insbesondere aber in Kapitel 6 zeige) gegen seine zahlreichen unbegründeten Behauptungen, gegen sein nicht neutestamentlich gewonnenes Vorverständnis und solche Vorannahmen, gegen seine unsachgemäße Hermeneutik, gegen seine Entleerung und Entkernung und Umdeutung zentraler christlicher Begriffe, gegen seine dogmatischen Fehlurteile, gegen seine „Theologie“, und schließe ich mich Künneth an:
„Es handelt sich […] [bei diesem Widerspruch] um ein ernsthaftes, streng theologisches Sachanliegen.“63
Entschieden und unmißverständlich werde ich Bultmanns Behauptungen mit der neutestamentlichen Offenbarung entgegentreten und seine Thesen mit den zitierten Stimmen aus Wissenschaft und Kirche widerlegen.
Die einzelnen Kapitel
Kapitel 1.2.1 ist Bultmanns Verleugnung der Sohnschaft und den Gegenreden dazu gewidmet. Bultmanns Verleugnung der Auferstehung Jesu Christi und die Gegenreden dazu werden im Kapitel 12 behandelt und entgegengetreten. Den Verleugnungen der Sohnschaft und der Auferstehung bilden so den „Rahmen“ der Arbeit.
Das Zentrum neutestamentlichen Verständnisses bezeichnet Bultmann als „erledigt“,64 weil es nur dem mythischen Weltbild entspreche, ja Ausdruck des Mythos sei oder in mythologischer Sprache rede. Die neutestamentlichen Stellen, die Bultmann für erledigt erklärt, zitiere ich im Wortlaut im Kapitel 1.2 im Anschluß an die Darstellung einer Übersicht über alle von Bultmann als erledigt erklärten Texte des Neuen Testaments in Kapitel 1.165,soweit das möglich ist, da Bultmann häufig unscharf mit „usw.“ arbeitet. So kann man sich hier direkt, davon überzeugen, welch zentrale Substanz hier von Bultmann für erledigt erklärt wird, so dass vom Evangelium nichts, aber auch gar nichts übrig bliebe, hätte er recht.
Eine erste Ergebnissicherung erfolgt in Kapitel 1.3
Es ist zu prüfen, ob sich „mythisch“ als Begründung für das „Erledigtsein“ großer und wesentlicher Teile des Neuen Testaments überhaupt eignet.
Oder ob im