Kritik der reinen Verleugnung. Volker Kulessa. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Volker Kulessa
Издательство: Readbox publishing GmbH
Серия:
Жанр произведения: Религия: прочее
Год издания: 0
isbn: 9783347067189
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5,21)

      „Denn was dem Gesetz unmöglich war, weil es durch das Fleisch geschwächt war, das tat Gott: er sandte seinen Sohn in der Gestalt des sündigen Fleisches und um der Sünde willen und verdammte die Sünde im Fleisch.“ (Röm. 8,3)

      „sie sind allesamt Sünder und ermangeln des Ruhmes, den sie bei Gott haben sollten und werden ohne Verdienst gerecht aus seiner Gnade durch die Erlösung, die durch Christus Jesus geschehen ist. Den hat Gott für den Glauben hingestellt als Sühne in seinem Blut zum Erweis seiner Gerechtigkeit, indem er die Sünden vergibt, die früher begangen wurden in der Zeit seiner Geduld, um nun in dieser Zeit seine Gerechtigkeit zu erweisen, dass er selbst gerecht ist und gerecht macht den, der da ist aus dem Glauben an Jesus.“ (Röm. 3,23-26)

      „welcher ist um unsrer Sünden willen dahingegeben und um unsrer Rechtfertigung willen auferweckt.“ (Röm. 4,25)

      „Denn die Liebe Christi drängt uns, zumal wir überzeugt sind, daß, wenn einer für alle gestorben ist, so sind sie alle gestorben. Denn Gott war in Christus und versöhnte die Welt mit sich selber und rechnete ihnen ihre Sünden nicht zu und hat unter uns aufgerichtet das Wort von der Versöhnung.“ (2 Kor 5,14 +19)

      „Am nächsten Tag sieht Johannes, daß Jesus zu ihm kommt, und spricht: Siehe, das ist Gottes Lamm, das der Welt Sünde trägt!“ (Joh. 1,29)

      „Und er ist die Versöhnung für unsre Sünden, nicht allein aber für die unseren, sondern auch für die der ganzen Welt.“ (1 Joh. 2,2)

       1.2.3.3 Gegenrede: Unsere Erlösungsbedürftigkeit

      Welch ein absurdes Sündenverständnis bei Bultmann -- in der Begrifflichkeit Heideggerschen Philosophie -- das doch nichts mit dem neutestamentlichen Verständnis zu tun hat. Welch ein Verkennen der Bedeutung des Todes Jesu am Kreuz. Die Behauptungen, das sei alles Mythologie, sind auch hier nicht belegt. Und ob die neutestamentliche Sündenvergebung durch Gottes Selbstopfer „nachvollziehbar“ ist oder nicht, sagt allenfalls etwas über den aus, der behauptet, sie sei es nicht, sagt aber nichts darüber aus, ob es hier nicht gerade um die Wahrheit des Evangeliums geht. Bultmanns unbegründeten Vorurteile über die Sündenvergebung, die er bezeichnet als „undenkbar“, „nicht verstehbar“, „nicht nachvollziehbar“, und seine verleumderische Herabsetzung der an die Sündenvergebung Glaubender mit: „primitive Gottesvorstellung“, sagen nichts über den tatsächlichen Wahrheitsgehalt des neutestamentlichen Texte aus.

      Zum Verständnis der Erlösungsbedürftigkeit des Menschen von seiner Sünde wird aber ein Sündenverständnis vorausgesetzt, „das in der Sünde entschieden viel mehr sieht als bloß die einzelne sündige >Tat< und die durch sie hervorgerufene, den Sünder tödlich bedrohende Last. Die Sünde ist vielmehr die Größe, die den Sünder in seinem >Sein< betrifft und zeichnet. Sie ist die vom Menschen her vollzogenen Zerstörung der personalen Verbundenheit mit dem ihm zugewandten Gott und als solche die fundamentale Verfehlung der Daseinsbestimmung, von Gott her und für Gott zu leben. Die Sünde greift deshalb ins Zentrum der >Person< des Sünders. Weil die Zerstörung des Gottesverhältnisses vom Sünder her eine totale und irreparable ist und weil das Sein des Sünders gottfernes Sein ist, deshalb hat der Sünder sein [ewiges] Leben definitiv verwirkt. “296

       „Die Übertretung des Gebotes Gottes durch den Vollzug des Ungehorsams in der Tat ist die Abwendung von Gott aufgrund der Missachtung seines Wortes im Unglauben. Diese Abwendung von Gott (aversio a Deo) ist die Sünde als solche. Sie besteht in der mutwilligen Zerstörung der Relation zu Gott durch die Preisgabe seines Wortes im Unglauben. Nicht insuffizienz, biologische oder moralische, sondern die Weigerung, auf den zu hören, dem der Mensch gehört, weil er ihn erschaffen hat; die in nichts begründete Verweigerung des Vertrauens und der Liebe durch den Unglauben, der in der Tat des Ungehorsams manifest geworden ist: das ist die Sünde, die durch den einen Menschen in die Welt hineingekommen ist; das ist die Ursache des Übels und des Unheils, das in der Verfallenheit an den Tod sichtbar wird. Mit der Tat des Ungehorsams […] sind Adam und Eva aus dem Vertrauensverhältnis zu Gott herausgetreten und in ein Verhältnis der Feindschaft gegen Gott eingetreten (Röm 8,7).177 Damit hat der Mensch seine Bestimmung irreparabel verfehlt; die Absicht, die Gott mit der Schöpfung hatte, ist dadurch durchkreuzt worden. “ 297

      „Die Sünde aber ist kein partieller Bruch einer sonst bestehenbleibenden Ordnung, sondern allumfassende Zerstörung des Verhältnisses zwischen Schöpfer und Geschöpf. […] Der Tod ist das, was in der Sünde bereits enthalten ist. […] die Sünde wirkt den Tod, indem sie die Entfremdung des Geschöpfs vom Schöpfer ist, von der „Quelle des Lebens“. Sie empfängt, was sie ist. “298

      „Die Wirklichkeit der Sünde ist die Dislokation des Menschen in seinem Verhältnis zu Gott“ […] Der Widerspruch gegen Gott, der dort vollzogen wird, wo der Mensch mehr als ein Mensch sein will, durchzieht alle Beziehungen des Menschen, sein Selbstverhältnis und sein Weltverhältnis. Der Widerspruch gegen Gott ist immer auch Selbstwiderspruch […] Sünde als Widerspruch gegen Gott den Schöpfer wird dort vollzogen, wo der Mensch dem Evangelium der Schlange >eritis sicut deus< folgt, und sich selbst an die Stelle Gottes im Beziehungsnetz der Schöpfung stellt. Die Erhebung des Menschen über sich selbst in dem Versuch, die Stelle Gottes zu usurpieren, ist darum immer zugleich der Aufstand des Menschen gegen sein Geschöpflichkeit, der Mißbrauch der geschöpflichen Freiheit als radikal schöpferische Freiheit. Im Horizont des Glaubens erweist sich die Sünde so als >hybris< oder als >superbia<. An die Stelle des Glaubens an Gott den Schöpfer tritt der Glaube an die eigene schöpferischen Möglichkeiten der menschlichen Freiheit.[…] Ist der Glaube an Gott den Schöpfer durch den Glauben an die eigene Freiheit ersetzt, gibt es keinen anderen Grund der Rechtfertigung als die Selbstrechfertigung.“299 vgl. Kapitel 1.3 und 3 und 4 und 6.5 über die Selbstfertigung durch das neue Selbstverständnis bei Bultmann.

       „Im Licht des Evangeliums wird erkennbar, dass alle Menschen unter dem Gesetz stehen […] Letztlich und eigentlich wird das Menschsein vor Gott dadurch bestimmt, dass der Mensch unter dem Gesetz steht und gegenüber Gott eine verlorene Position einnimmt. Die Verlorenheit des

      Menschen wird im Urteil des Gesetzes über die Schuld der Sünde vor Gott rechtskräftig. […] Gott vollzieht jedoch das Urteil nicht, das alle, Juden und Heiden, auf sich gezogen haben. Vielmehr verwahrt er die, die unter die Sünde eingeschlossen sind (Gal 3,22),88 unter dem Gesetz auf den Glauben hin (3,23), bis die Verheißung erfüllt ist. Die Befreiung von dem Fluch ist durch Christus erfolgt. Sie ist die Erfüllung der Verheißung. “300

       „Der Mensch ist etwas, das überwunden werden muss. Erst da, wo der Mensch, der wir sind, am Ende ist, wo er n den Tod und Untergang gegeben wird, da beginnt Gottes Reich und Gottes Wahrheit.“ 301

       „Der >usus theologicus< des Gesetzes weist auf, daß der Mensch in der Situation des Widerspruchs sich nicht nur im Selbstwiderspruch und im Widerspruch gegen die Welt der Schöpfung befindet, sondern daß er in dieser Situation den Grund seines Seins und das Ziel seiner Bestimmung negiert. Das Gesetz erweist insofern die Situation des Menschen im Widerspruch gegen Gott als der Todesverfallenheit.[…] Zur Erkenntnis der Sünde kann es erst aus der Perspektive ihrer Überwindung, aus der Relokation des Menschen in der Beziehung zu Gott kommen, in der im Licht der Christusoffenbarung auch die Offenbarung Gottes in der Schöpfung wieder sichtbar wird und damit die Situation der Dislokation des Menschen in der cognitio peccati< als das erkannt werden kann, was sie ist: Widerspruch gegen Gott. “ 302

       1.2.3.4 Gegenrede: Dass heilige Ereignis finde nur im Bewusstsein statt

      „Das „heilige Ereignis“ ist, wie Bultmann feststellt, völlig unabhängig von der zeitlichen Geschichte. Es ereignet sich nur als eschatologisches „Nun“, und zwar ausschließlich im Bewusstsein des einzelnen Existierenden. (Verweis auf Bultmann Theologie, S 295-301, Kerygma und Mythos, Bd. 1, S 47ff. (44ff.) Bd. 2, S 204ff).“303

      „Kreuz und Auferstehung werden [bei Bultmann]