»Buh!«
Aveline machte vor Schreck einen Satz. Verärgert schob sie ihre Brille hoch und starrte Harold an, der grinsend auf sie herabblickte. Er bewegte sich lautlos wie ein Kater, der sich an einen Spatz anschleicht.
»Na, schon irgendwelche Geister gesehen?«
»Nein, du hast sie alle verscheucht«, erwiderte Aveline und kam zu dem Schluss, dass sie den Großonkel lieber mochte als den Großneffen. Sie hielt das Buch hoch, in dem sie gerade gelesen hatte. »Ich muss gehen, meine Tante wartet auf mich. Wie viel kostet das?«
Harold warf seine Haare zurück und betrachtete stirnrunzelnd das Buch.
»Keine Ahnung. Die Bücher haben keine Preisschilder, aber mein Großonkel weiß immer genau, wie viel sie kosten. Gib’s her, dann frag ich ihn.«
Nur widerwillig reichte sie Harold das Buch. Sie hatte das Gefühl, als würde es bereits ihr gehören.
Aveline folgte Harold nach unten in den Verkaufsraum und wartete nervös, als er seinem Großonkel das Buch gab.
»Sie will wissen, wie viel es kostet.«
»Aveline möchte wissen, wie viel es kostet«, korrigierte ihn Mr Lieberman.
»Ja, klar.«
Mr Lieberman zog eine halbmondförmige Brille hervor und setzte sie auf seine große Nase. Blinzelnd begutachtete er den Buchrücken und summte dabei halblaut vor sich hin. »Ah, das ist eine echte Rarität. Dieses Buch wird schon seit Jahren nicht mehr gedruckt. Es würde mich nicht wundern, wenn dies das letzte Exemplar wäre. Womöglich das einzige im ganzen Land? Ach, stell dir vor, du besitzt etwas ganz Besonderes wie dieses seltene Buch!«
Avelines Augen wurden immer größer. Mr Lieberman gab ihr das Buch, setzte die Brille ab und strahlte Aveline an.
»Für ein Pfund gehört es dir.«
»Wirklich? Ich meine, mehr kostet es nicht?«, fragte Aveline. Sie hatte den Verdacht, dass der richtige Preis sehr viel höher war. Sie blickte zu Harold, aber der zuckte nur mit den Schultern, als wäre alles völlig normal.
»Ganz sicher«, bekräftigte Mr Lieberman. »Ich kenne den Preis jedes einzelnen Buches in diesem Laden und dieses hier kostet zweifellos ein Pfund. Möchtest du es kaufen?«
Aveline zog einen Zehn-Pfund-Geldschein aus ihrer Tasche und hielt ihn hoch. »Ja, bitte!«
»Ausgezeichnet!«, sagte Mr Lieberman. »Und schon findet wieder ein Buch ein schönes Zuhause. Harold, sei bitte so nett und gib Aveline das Wechselgeld.«
Harold tippte den Betrag in die Kasse, dann steckte er das Buch in eine braune Papiertüte. »Für dich.«
»Danke«, sagte Aveline.
»Tut mir leid, wenn ich dich vorhin erschreckt habe.«
»Hast du nicht«, antwortete Aveline, denn Harold musste ja nicht wissen, dass er ihr einen ziemlichen Schrecken eingejagt hatte. »Dahinten ist es eben ein bisschen gespenstisch.«
»So wie überall in Stormhaven«, erwiderte Harold grinsend. »Keine Sorge, du gewöhnst dich dran.«
Mr Lieberman streckte den Arm aus, um Avelines Hand zu schütteln. »Herzlichen Dank für den Einkauf, es war mir ein Vergnügen, Aveline.« Versonnen legte er einen Finger an seine Wange. »Jetzt, wo ich so darüber nachdenke … mit dem Buch hat es irgendetwas auf sich … was war es doch gleich noch mal?«
Aber Aveline konnte nicht länger warten, denn sie wollte es sich nicht mit ihrer Tante verscherzen.
»Tut mir leid, ich muss jetzt gehen. Auf Wiedersehen – und vielen Dank!«
Beim Hinausgehen hörte sie die Türglocke fröhlich zum Abschied bimmeln.
»Oh mein … ach herrje«, murmelte Mr Lieberman. »Jetzt fällt es mir wieder ein.«
Das Gesicht des alten Mannes war bleich geworden wie das einer Schleiereule.
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