Manfred Ehmer
Götter und Göttinnen
in Mythologie, Kunstund Esoterik
© 2020 Manfred Ehmer
Umschlagbild: Giuseppe Collignon,
Der Feuerraub des Prometheus (1812)
Bildquelle: Wikipedia Commons
Bilder S. 13, S. 254: Wikipedia Commons
Buchschmuck: gemeinfreie Bilder
Verlag und Druck: tredition GmbH,
Halenreie 40-44, 22359 Hamburg
Teil 2 der Reihe edition theophanie
ISBN: 978-3-7482-1081-8 (Paperback)
ISBN: 978-3-7482-1082-5 (Hardcover)
ISBN: 978-3-7482-1083-2 (e-Book)
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Inhaltsverzeichnis
Die Götter Griechenlands
Götter ~ Heroen ~ Dämonen
Schöpfungsmythen
Ge ~ Gäa ~ Gaia
Uranos
Kronos
Die Götter des Olymp
Zeus ~ Dis Pater ~ Jupiter
Hera
Pallas Athene
Aphrodite
Artemis ~ Diana
Demeter ~ Persephone
Hestia ~ Vesta
Hermes ~ Merkur ~ Thot
Dionysos
Apollon
Poseidon
Hephaistos
Ares ~ Mars
Die Urgötter
Nacht ~ Nyx ~ Nott
Hekate
Die Titanen
Atlas
Prometheus
Die Musen
Die Moiren
Die Plejaden
Der Äther
Hyperion ~ Helios
Pan ~ Cernunnos
Orpheus
Ganymed
Bellerophon
Kirke und Kalypso
Isis ~ Neith ~ Nuth
Die Gottesmutter Maria
Die Hierarchie der Engel
Die Wiederkehr der Götter
Götter aus der Retorte
Bibliographie
Zitatnachweis
Die Götter Griechenlands
Wo jetzt nur, wie unsre Weisen sagen,
Seelenlos ein Feuerball sich dreht,
Lenkte damals seinen goldnen Wagen
Helios in stummer Majestät.
Diese Höhen füllten Oreaden;
Eine Dryas lebt‘ in jedem Baum,
Aus den Urnen lieblicher Najaden
Sprang der Ströme Silberschaum.
Friedrich Schiller1
Wie ein „Goldenes Zeitalter“ mutet uns jene längst versunkene Zeit an, in der die Welt noch als durchgeistigt erlebt wurde, als durchwirkt von Göttermacht: Da zog der Gott Helios allmorgentlich seinen Sonnenwagen über den Himmelsrand, da streifte der Große Pan durch die Wälder Arkadiens, ein Schrecken der Hirten zur Mittagsstunde. Nachts ließ die Mondgöttin Selene ihre silberne Sichel über den Himmel gleiten, und die Sternbilder leuchteten ewig am Firmament als Verkörperungen halbgöttlicher Helden. Poseidon, der Beherrscher der Meere, ließ Sturmwind und Wogenschlag aufkommen, und wenn im Frühjahr heftige Gewitter niedergingen, dann war es Zeus selbst, der grollend die Blitze schleuderte. In allen Naturvorgängen wurde das Ergebnis eines göttlichen Waltens, einer wirkenden Göttermacht gesehen.
Die Götter Griechenlands, wie sie uns in der Mythenwelt Homers und Hesiods entgegentreten, tummelten sich in einem Universum, das bevölkert war von Nymphen, Satyrn, Dryaden und Naturgeistern jeder Art, in einem wahrhaft verzauberten Universum. Aber nicht nur lichtvolle Zauberwesen gab es in diesem mythischen Universum, sondern auch Schreckgespenster, etwa die lehmigen plumpen Titanen, diese ewigen Widersacher der Götter, die Kyklopen, einäugige Ungeheuer, die Giganten und die Erinnyen. So gab es also Mächte der Höhe und solche der Tiefe, des Lichts und der Finsternis – und es gab ein ewiges Ringen zwischen diesen polaren Mächten, das die Welt letztlich im Gleichgewicht hielt. Immer sind die Götter jedoch Wesen, die in den Naturerscheinungen zum Ausdruck kommen, sei es in der Sonne oder im Mond, in Flussquellen oder in Bäumen, im Himmelsgewölbe oder im Wogenschlag des Meeres.
Wir dürfen davon ausgehen, dass die Griechen ursprünglich ihre Götter noch ganz naturmystisch im Weltganzen wahrnehmen konnten. Mit Animismus, mit fetischistischer Naturverehrung hat diese hochgeistige Naturmystik nichts zu tun. Die Götter wurden gesehen als numinose Geistmächte, die eigentlich „hinter“ den Naturerscheinungen stehen, aber nur „in“ ihnen zum Ausdruck kamen. So war die ganze Natur mit allem Belebten darin eine Epiphanie des Göttlichen.
Im weiteren Verlauf der Entwicklung ist es jedoch dazu gekommen, dass der ursprüngliche naturmystische Götterglaube langsam dahinschwand; ja es traten in späterer Zeit Kritiker und Spötter auf, die das einstige heilige Wissen um die Götter und ihr Wirken in der Welt als reines Ammenmärchen hinstellen wollten. Der Dichter Homer (um 800 v. Chr.) war wohl der Letzte, der die Götter der alten mykenischen Zeit noch als lebendig empfinden konnte; dann setzte eine Entwicklung ein, die man als eine „Entgötterung“ oder – um mit Max Weber zu sprechen – eine „Entzauberung der Welt“ kennzeichnen kann. Das Schicksal der Götter fortan war es, dass sie aus der harten rauen Wirklichkeit dieser Welt verbannt wurden, dass sie hinübergingen in das Land der Märchen und Mythen, auch in das Traumland der Dichter – zurück blieb eine entgötterte, eine leergewordene und darum tote Natur. Niemand hat diesen Verlust tiefer, schmerzlicher empfunden als Friedrich Schiller (1759-1805), der in seinem Gedicht Die Götter Griechenlands klagt:
Schöne Welt, wo bist du? Kehre wieder,
Holdes Blütenalter der Natur!
Ach, nur in dem Feenland der Lieder