Mit deutlich mehr innovativen Ideen, ja sogar auf revolutionäre Weise wurde von Hans-Peter Dürr ein „Neues Denken für eine Welt im Umbruch“ beschrieben13. Der Physiker, Vor- und Querdenker versucht in diesem Buch deutlich zu machen, wie wichtig es ist, unser modernes mechanistisches und materialistisches Weltbild durch ein umfassenderes Verständnis von der „geistigen Grundlage der Welt“ zu erweitern. Dieses neue Denken stellt nicht die Atome ins Zentrum unseres Weltbildes, sondern sog. „Wirks“. Das sind kleinste nichtmaterielle Bausteine der Wirklichkeit, welche Materie, Energie und Geist miteinander verbinden. Dieses Denken ist wirklich revolutionär, zumal es von einem international anerkannten Quantenphysiker stammt. Sein neues Denken soll helfen, die negativen Konsequenzen des mechanistischen und materiellen Denkens (atomare Risiken, Umweltverschmutzung, Kriege, etc.) durch menschen- und naturfreundlichere Lösungen zu ersetzen.
Den gleichen Ansatz verfolgt das Autoren-Ehepaar Fido und Christine Mann, der Enkel des Schriftstellers Thomas Mann und die Tochter des Physikers Werner Heisenberg. In ihrem Buch14 „Es werde Licht: Die Einheit von Geist und Materie in der Quantenphysik“ zeigen sie, dass der traditionelle dualistische Gegensatz von Geist und Materie ein altes Denken ist, das durch ein neues Denken ersetzt werden kann / sollte / muss. Sie entwickeln wirklich ein neues Weltbild, in dem das Denken viel mehr Einfluss auf die Materie hat, als sich die Naturwissenschaftler bisher vorstellen konnten. Sie begründen das damit, dass quantenphysikalische Unbestimmtheiten von Elementarteilchen mit geistigen Unbestimmtheiten in Wechselwirkung treten können. Wenn dieses Modell stimmt, dann wird das Denken in einem völlig neuen Licht eine völlig neue Dimension eröffnen.
VERSCHIEDENE MOTIVATIONEN FÜR „NEU DENKEN“ IM ALLTAG
„Neu denken“ wird von allen Protagonisten als ein Begriff verwendet, der einfach, klar und unmissverständlich wirkt. Bei genauerer Betrachtung kann man jedoch feststellen, dass die Menschen vollkommen unterschiedliche Vorstellungen von der Bedeutung dieses Begriffs haben.
Das hat vielfältige Gründe und deshalb werden damit auch verschiedene Absichten verfolgt. Die wichtigsten, weil häufigsten, sind:
1. Aufmerksamkeit erregen: Die beiden Worte „neu denken“ lassen sich im Marketing mit jedem Thema verbinden, egal ob es sich um Politik, Elektromobilität oder Kinderwunsch handelt. Es eignet sich als Schlagwort oder Appell, der dem modernen Zeitgeist entspricht: Neu ist gut. Nur das Neue bekommt Aufmerksamkeit. Alt ist out, es sei denn, es ist hip / retro / shabby chic / vintage, also wieder neu im Vergleich zum Normalen. In diesem Fall kann sogar „alt denken“ wieder als „neu denken“ verkauft werden. Beispiele sind die Renaissancen von Manufakturen15, Kinderbüchern16 oder Geldanlagen in Investmentfonds17.
2. Den Wunsch nach Änderung ausdrücken: Es besteht ein ernstes Bewusstsein dafür, dass es Probleme gibt, die man mit dem herkömmlichen Denken nicht zufriedenstellend lösen kann. Weil man aber nicht weiß, wie ein besseres Denken funktioniert, bleibt es bei dem Appell, dass man (d.h. Mitbürger, Mitarbeiter, Vorarbeiter, Vordenker, alle) sich doch um ein „neues Denken“ bemühen möge. Beispiel: Die Bundeskanzlerin Frau A. Merkel fordert seit Jahren wiederholt, u.a. am 02.07.2007 im Grundsatzprogramm der CDU: „Wir müssen ganz neu denken.“18. Die Forderung besteht heute immer noch.
3. Die eigene Meinung bekräftigen und durchsetzen wollen: Das geschieht, wenn man mit seiner eigenen Meinung oder Idee in Konkurrenz mit den Ideen anderer Menschen steht. Die eigene Idee mag einem selbst als neu erscheinen, aber meist entspringt sie immer noch dem alten Denken. Sie wird in sog. Meetings trotzdem gerne als „neues Denken“ verklärt und verkauft. Die eigene Innovationsfähigkeit wird dabei oft überschätzt. Das hintergründige Ziel ist jedoch, das Denken der anderen Menschen als „alt“ erscheinen zu lassen bzw. abzuwerten, nur um sich selbst aufzuwerten und durchzusetzen.
4. Informationstechnologie anwenden: Man bemüht sich nicht mehr selbst zu denken, sondern lässt die Informationstechnologie denken. Es ist anzunehmen, dass dies in Zukunft die beliebteste Art des „neuen Denkens“ werden wird. Man befragt das Internet bzw. Suchmaschinen, seinen digitalen Assistenten19 bzw. Chatbots (d.h. sprechende Roboter wie z. B. Siri, Cortana, Alexa, Home, Viv) oder sonstige Programme mit künstlicher Intelligenz. Das ist nicht nur bequem, sondern funktioniert auch sehr schnell. Letzteres kommt dem modernen Bedarf nach Beschleunigung entgegen. Diese neue Methode nutzt natürlich die Zugriffsmöglichkeiten zu schier unendlichen Datenmengen. Das ist wahrhaftig neu. Sie täuscht aber darüber hinweg, dass der größte Teil der abgefragten Informationen dem „alten Denken“ entspricht und mit altem Denken weiterverarbeitet wird. Allerdings können sich aus dieser Unterstützung durch IT auch gravierende Nachteile entwickeln, siehe Kap. ‚Trends für neue Denkarten‘.
5. Pharmazeutische Hilfsmittel verwenden: Ein zunehmender Anteil der Leistungsträger im Beruf sieht sich im unerbittlichen Wettbewerb gezwungen, seine Schaffens- und Denkkraft durch Einwerfen von Pillen zu steigern20. Nicht nur Kindern mit Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörungen wird Methylphenidat (bekanntester Handelsname: Ritalin) verschrieben, sondern auch Erwachsene versuchen, damit bessere Prüfungsergebnisse zu erzielen. Die Erwartungen an Leistungssteigerungen im Gehirn durch Gehirndoping mit Psychopharmaka bzw. Neuroenhancer sowie ihr Konsum nehmen zu. Die Gefahr ist aber, dass nur die Geschwindigkeit, die Menge und die Fehler des „alten Denkens“ zunehmen. Darüber hinaus entsteht eine weitere Gefahr, weil man durch das tägliche Einnehmen von Aufputschmitteln gezwungen wird, am Abend ein Beruhigungsmittel zu nehmen, um zur Ruhe zu kommen. Das Motto hierzu lautet: „Morgens: upper. Abends: downer“. Dass diese Gewöhnung zu einer suchtartigen Abhängigkeit mit der Folge von seelischen und körperlichen Schäden führen kann, wird verdrängt.
6. Physikalische Hilfsmittel verwenden: Es gibt erste Ansätze und manche Hoffnungen, dass man zukünftig mit nichtinvasiven Methoden (Gleichstrom, Magnetfeld, Ultraschall, etc.) die Fähigkeiten des Gehirns verbessern kann21. Solange das Gehirn aber mit „altem Denken“ ausgebildet ist, wird allenfalls das alte Denken verstärkt, jedoch kein „neues Denken“ entwickelt, wie auch unter 5.
7. Unkompliziert denken, bzw. einen Anspruch auf Anspruchslosigkeit erheben: Ein Teil der Gesellschaft will nicht kompliziert denken, sondern beharrt auf einfachen Denkstrukturen, wie z.B. Schwarz-Weiß-Denken, monokausalem Denken, Schubladendenken oder einem egozentrierten Weltbild. Notfalls wird dies mit dem Recht auf Meinungsfreiheit oder Demokratie begründet. Um diesem Anspruch einen revolutionären Anstrich zu geben, wird dieses Denken bei Bedarf mit dem Etikett „neu denken“ verklärt22.
8. Die Schwächen des traditionellen Denkens erkennen und bewusst vermeiden und mit etwas Besserem ersetzen: Um diese Art des „neuen Denkens“ geht es in diesem Buch. Sie dürfte die wohl schwierigste Art in dieser Liste sein. Besonders in der Übergangszeit vom alten zum neuen Denken wird sie sehr viel Anstrengung erfordern. Und es dürfte die wohl wichtigste Art sein, die die Menschheit braucht, um sich weiterzuentwickeln. Schließlich gibt es viele Gründe, weshalb wir uns und unsere Welt verbessern sollten: Kriege, Terror, Folter, Hunger, Armut, Unterdrückung, Grenzen, Unwissenheit, Umweltzerstörung, u.v.a.m.
9. Beliebige Kombinationen zwischen 1. bis 8. sind natürlich auch möglich.
8 https://www.luebbe.de/eichborn/buecher/politik-und-gesellschaft/sonstknallt-s/id_6233875, http://www.rowohlt.de/taschenbuch/natalie-knapp-kompass-neues-denken.html, https ://www.denkwerk-demokratie.de/?p=235, https://www.amazon.de/s/?ie=UTF8&keywords=neu+denken&tag=goo-ghydr08-21&in-dex=aps&hvadid=47330708622&hvpos=1o1&hvnetw=g&hvrand=14621943