Hanna sah ihrer Mutter jedoch an, dass sie darüber nachdachte. In diesem Moment kamen Opa und Oma Humpi zurück. Sie sahen Hanna zunächst nicht und berichteten betrübt: „Tut mir leid, Yvonne, wir haben deine Tochter nicht gefunden.“
Doch da sprang ihnen Hanna auch schon in die Arme und sie drückten sich ausgiebig.
„Stimmt’s, Opa? Dich hat doch unterwegs eine Biene geärgert, als ihr mit dem Motorrad gefahren seid? Das war ich!“
„Das Kind ist etwas überdreht“, entschuldigte sich ihre Mutter für Hanna.
„Wir werden sie erst mal ins Bett bringen. Und Euch wäre ich dankbar, wenn ihr meinen Mann holt. Ihr wisst ja, wo er Hanna suchen wollte.“
Opa Humpi war verwundert. Er erinnerte sich an die Biene, die ihn geärgert hatte, genau.
„Und wenn ihr mein Fahrrad noch holen könntet, wäre das prima.“
Sie beschrieb, wo es zu finden sei, und abermals wunderten sich alle, dass es so weit entfernt liegen soll.
„Wie bist du denn hergekommen, Hanna“, fragte Opa.
„Na geflogen. Ich hab dir doch gesagt, dass wir uns getroffen haben. Biene Bumm hat mich in eine Schokobiene verwandelt und nachdem Mutti mich gesehen hat, habe ich mich zurückverwandelt.“
„Du hast sie als Biene gesehen, Yvonne?“
„Quatsch,“ widersprach sie „denkst du, ich bin verrückt?“
Und nachdem Opa Humpi den mitleidigen Blick von Oma Humpi, den unsicheren Blick von Hannas Mutter und den stolzen Blick von Hanna betrachtete, wusste er, dass seine Enkeltochter eine Schokobiene war. Er zwinkerte Hanna zu und machte sich auf, ihren Vater zu suchen.
Hannas Mutter jedoch nahm sie auf den Arm, trug sie ins Bett und sie kuschelten eine Weile.
Von der Schokobiene sprachen sie nicht mehr, weil Hanna nicht wollte, dass sich ihre Mutti für verrückt hält.
Doch am nächsten Morgen, als der Wind wieder durchs Fenster pfiff, war der Tag gar nicht mehr so langweilig wie sonst immer. Hanna freute sich schon auf den Honig von den gestreiften Bienen. Sie hörte, wie ihre Mutter zum Frühstück rief und hüpfte mit einem strahlenden Gesicht in die Küche. Und auf dem Tisch stand, neben dem gelben Honig, ein Glas Schokohonig. Sie sah sofort, dass jemand das Wort „Schokohonig“ nachträglich draufgemalt hatte. Weder ihr Vater, noch ihre Mutter verloren ein Wort über den vergangenen Tag. Es war wie immer, bis auf den Schokohonig.
Ein aufregendes Dorf, in dem sie lebte. Es war ständig was los, mit dem man nicht gerechnet hätte.
Natürlich behielt Hanna für sich, dass der Schokohonig gar kein Schokohonig war, sondern nur Schokocreme. Die Erwachsenen hätten das nie verstanden.
Die Jagd nach der Mücke
Es gibt viele interessante Berufe. Doch den schönsten Beruf hat Herr Fischer.
Nein, er ist nicht Fischer. Er ist Jäger.
Wenn ich sage, es ist ein schöner Beruf, so meine ich nicht, dass es schön wäre, Tiere zu erlegen. Ein Jäger darf nur Tiere töten, die krank sind, oder die, wenn sie zu viele werden, großen Schaden anrichten. Das ist für den Jäger ein Gesetz, befolgt er es nicht, wird er bestraft.
Weil der Jäger aber viele gefährliche Situationen bestehen muss, hat sich im Laufe der Jahre eine eigene Sprache der Jäger herausgebildet - das Jägerlatein.
Mit ihrer Sprache schildern die Jäger die Jagd viel gefährlicher, als sie wirklich ist und so manch einer erfindet etwas hinzu, was gar nicht passiert ist. Und das ist das Schöne an dem Beruf.
Die aufregendste Geschichte, die ich je gehört habe, weiß aber der Jäger Herr Fischer zu erzählen.
Glaubt es, oder glaubt es nicht. Es war die Jagd nach einer Mücke, die Herrn Fischer fast das Leben gekostet hätte.
Herr Fischer besitzt eine kleine Waldhütte, in die er immer dann zieht, wenn er auf die Pirsch geht, um Wild zu jagen. Man sagt, dass die gefährlichsten Tiere, die bei uns leben, die Wildschweine sind. Herr Fischer weiß es besser. Es sind die Mücken.
Im Wald halten sich die Mücken besonders gern auf und so gibt es sie auch zahlreich bei der Waldhütte des Herrn Fischer.
Seit einigen Tagen fiel Herrn Fischer auf, dass ihm immer, wenn er von der Pirsch zurückkam und er in seine Waldhütte gehen wollte, eine besonders dreiste Mücke folgte.
Herr Fischer fürchtete sich vor Mücken. Immer, wenn ihn eine Mücke stach, bekam er diese dicken Beulen am Körper, die so entsetzlich jucken. Er konnte sich dann nicht beherrschen und kratzte sich ständig, was die Wirkung des Mückenstichs umso schlimmer machte.
Also hatte sich Herr Fischer vorsorglich Gaze vor die Fenster geklebt, die keine Mücken hindurch ließen.
Doch diese Mücke war pfiffiger. Sie schien den Trick mit der Gaze durchschaut zu haben und versuchte, jeden Tag, mit Herrn Fischer zusammen, durch die Tür zu schlüpfen. Dann könnte sie ihn nachts, in aller Ruhe, aussaugen.
Aber Herr Fischer war sehr wachsam. Bisher hatte er sie immer rechtzeitig entdeckt.
Da sie sehr aufdringlich war, hatte er sogar versucht, die Mücke mit seinem Gewehr zu erlegen.
Eines abends legte er sich auf die Lauer. Seine Tarnung war perfekt. An der ganzen Kleidung hatte er Zweige befestigt, so dass er fast wie ein echter Baum aussah.
Mit dem Gewehr im Anschlag stand er da. Dann kam sie.
Aber auch die Mücke hatte sich getarnt, schwor Herr Fischer. Sie sah einer Fliege täuschend ähnlich. Doch Herrn Fischer konnte sie nicht täuschen. Er zielte und drückte ab.
Als sich der Rauch verzogen hatte, sah er die Mücke auf dem Lauf seines Gewehres sitzen.
Sie hatte die Beine verschränkt und gähnte gelangweilt. An dieser Stelle bin ich mir aber nicht ganz sicher, ob das nicht doch Jägerlatein ist.
Kurzum, es stellte sich heraus, dass die Mücke zu klein war, um sie mit dem Gewehr zu erlegen.
Nach den Misserfolgen seiner Mückenjagd fühlte sich die Mücke so sicher, dass sie immer dichter heranflog. Herr Fischer meinte, sogar sehen zu können, wie sie ihm die Zunge aussteckte.
Zum Glück fiel ihm aber noch rechtzeitig ein, dass Mücken keine Zunge haben. Aber der Mückenrüssel, den sie einem in die Haut stechen, um das Blut auszusaugen, ist schon furchteinflößend genug.
Ganz verrückt wird Herr Fischer jedoch, wenn er dieses nervenzerreißende Summen des Mückenfluges hört.
Und dann war es soweit. Herr Fischer weiß bis heute nicht, wie ihr das gelungen ist. Plötzlich hörte er die Mücke in seiner Hütte.
Dieses „ssssssssss“ wirkte bedrohlich auf ihn. Ihm lief eine Gänsehaut den Rücken hinunter.
So sehr er sich auch anstrengte, sie war nicht zu entdecken. Er hörte nur dieses „sssss“.
Er zitterte schon, wenn er nur daran dachte, dass er auch mal schlafengehen muss, denn nachts hatten die Mücken ihre größten Erfolge.
Doch bis dahin war noch etwas Zeit. Er traf also seine Vorbereitungen.
Zunächst durchsuchte er jeden Winkel des Hauses, um die Mücke vielleicht doch noch zu erwischen. Immer wenn er dachte, er wäre in ihrer Nähe, hörte das Summen auf. Doch von der Mücke war nichts zu sehen. So zog er stundenlang, mit der Fliegenklatsche bewaffnet, durch alle Zimmer.
Da, plötzlich hörte er einen Ton, direkt neben seinem Ohr. „ssssssssss“.
Blitzschnell drehte er sich um. Und da sah er sie. Ein prächtiges Exemplar. Mit hungrigen Augen schaute sie ihn an, wohl überlegend, wo sie