"Was...?" Das Gesicht des Verletzten war eine einzige Frage.
Der Sheriff bewegte knapp den Kopf in Coburns Richtung.
"Das ist der Mann der schwangeren Frau, die ihr bei dem Überfall erschossen habt!", erklärte Read anschließend mit geradezu eisigem Tonfall.
Auf dem Gesicht des verletzten Banditen erschien der Ausdruck ungläubigen Schreckens.
Er rang nach Luft.
"Ich...", begann er, aber Read unterbrach ihn roh.
"Spar dir dein Gerede", fuhr er hart dazwischen. "Du hast schon bezahlt. Ich glaube nicht, dass dir noch viel Zeit bleibt. Aber du kannst noch etwas tun, um dich an den Leuten zu rächen, dir dir das hier angetan haben!"
Er schluckte.
Seine Augen bekamen einen seltsamen Glanz. Es dauerte einen Moment, aber er schien schließlich zu begreifen.
"Warren... El Diablo... Verdammt!", flüsterte er. "Dieser rothaarige Bastard!"
"Was faselt der da?", rief Coburn.
Doch Read brachte ihn mit einer unmissverständlichen Handbewegung zum Schweigen.
Dann fragte er: "Euer Boss?"
Der Verletzte nickte und rang nach Atem.
Einige quälend lange Augenblicke brauchte er, um weitersprechen zu können. "In Wahrheit heißt er Warren. Doug Warren. Aber in Mexiko nennt ihn jeder El Diablo - der Teufel! Und so wahr ich hier liege, er trägt diesen Namen nicht umsonst."
Read nickte leicht. Er beugte sich etwas tiefer, um den Mann besser verstehen zu können.
"Wohin ist El Diablo unterwegs?
"Ich..."
Der Verletzte brach ab. Seine letzten Kräfte schienen sich jetzt förmlich in Nichts aufzulösen.
Read wurde ungeduldig.
"Will er zurück nach zurück nach Mexiko?", hakte er eindringlich nach.
Der Sterbende nickte leicht. Ganz leicht.
"Ja", hauchte er. Es war nicht einfach, seine Worte noch verstehen. "In der Nähe von Magdalena hat er sein Hauptquartier. Er..."
Der Mann brach erneut ab.
Er versuchte noch etwas sagen, aber seine Lippen gehorchten ihm nicht mehr. Der Kopf sank zur Seite und seine Augen starrten ins Nichts.
Er war tot.
6
"El Diablo", murmelte Read. "Ich habe diesen Namen schon einmal gehört. Ein skrupelloser Bandenführer, der das Grenzland unsicher macht. Aber ich wüsste nicht, dass er sich je so weit nach Norden vorgewagt hätte!"
"Auf jeden Fall können wir die Nacht durchreiten!", erklärte Billy Coburn. "Wir brauchen die Spur nicht mehr, denn wir kennen das Ziel dieser Leute!"
"Magdalena liegt ein gutes Stück auf der anderen Seite der Grenze", erklärte Read. "Dort gilt mein Stern nichts mehr. Wir müssen sie vorher erwischen."
"Ich pfeif auf deinen verdammten Stern!", rief Coburn, schwang sich in den Sattel und preschte los.
Die anderen stiegen ebenfalls auf die Pferde und folgten dem jungen Mann, der wie ein Wahnsinniger voranhetzte.
"Ich weiß nicht, ob es wirklich eine gute Idee war, den jungen Heißsporn mitzunehmen!", meinte Slater daraufhin an Read gewandt.
Der Sheriff zuckte die Achseln.
"Ich werde auf ihn aufpassen", versprach er.
"Das wirst du auch müssen!", erwiderte Slater. Der Vormann schob sich den Hut zurück in den Nacken. "So, wie ich das einschätze ist der junge Mann kurz davor, den Verstand zu verlieren!"
"Ist das ein Wunder?"
"Natürlich nicht, John."
"Er will, dass die Kerle für das bezahlen, was sie getan haben. Und das kann ich gut verstehen...", murmelte John Read düster.
Slater nickte leicht und schwieg einen Augenblick lang nachdenklich.
Dann gab er zu bedenken: "Wenn wir an die Grenze kommen, wird Billy weiterreiten wollen. Selbst, wenn es glatter Selbstmord ist."
"Ich weiß", erwiderte Read gelassen.
"Hast du dir schon überlegt, wie du ihn zurückhalten kannst?"
"Ich hoffe, dass wir diese Coyoten vorher in die Hände bekommen!"
Und damit trieb der Sheriff von Jefferson sein Pferd energisch vorwärts, um zu Billy Coburn aufzuschließen.
Als sich Dämmerung wie grauer Spinnweben über das Land legte, erreichte der Suchtrupp das Hochland nördlich von Sonoita.
Sie folgten zwar noch immer der Spur, aber die Sicht wurde zunehmend schlechter. Nicht mehr lange und man würde kaum noch die Hand vor Augen sehen können. Aber sowohl Read als auch Slater kannten sich in der Gegend recht gut aus.
Den Weg nach Süden hätten sie auch blind gefunden.
Die Sonne ging als blutroter Feuerball unter und wenig später waren die ersten Sterne zu sehen. Es wurde bald empfindlich kalt.
Read zügelte plötzlich sein Pferd und deutete in die Ferne, wo etwas Helles, Leuchtendes zu sehen war.
Er wandte sich an Slater.
"Wofür hältst du das?"
"Für ein Lagerfeuer."
Read nickte.
"Daran habe ich auch gedacht!"
Billy Coburn zog indessen das Winchester-Gewehr aus dem Sattelschuh und lud die Waffe anschließend mit einer energischen Bewegung durch.
"Das sind sie!", zischte er. "Diese Schurken glauben, dass sie schon alle Verfolger abgeschüttelt haben - aber da sollen sie sich getäuscht haben!"
Bevor Coburn seinem Gaul die Sporen geben konnte, kam Read an ihn heran und packte ihn bei der Schulter.
Coburn wirbelte im Sattel herum.
"Glaubst du nicht, dass das dieser El Diablo und seine Leute sind?", fauchte er den Sheriff an.
Read blieb so ruhig wie möglich.
"Wahrscheinlich ist er das", gab er gelassen zurück.
"Worauf sollen wir dann warten?"
"Auf gar nichts! Aber ich möchte eines klarstellen, bevor es losgeht, Billy!"
Coburn verzog das Gesicht.
"Und das wäre?"
"Ich gebe hier die Kommandos. Es wird nicht wild drauflosgeballert, sondern nur, wenn ich es sage oder wir angegriffen werden!"
Coburn schluckte.
"Diese Bastarde haben den Tod verdient. Oder bist du da vielleicht anderer Ansicht?"
"Nein."
"Was soll das Gerede also, John?"
"Sie kommen an den Galgen", versprach Read. "Aber ich will nicht der Anführer einer Meute von Mördern sein. Haben wir uns verstanden?"
Coburn fletschte die Zähne.
Es gefiel ihm nicht, was der Sternträger gesagt hatte. Aber er spürte bei Read einen eisernen Willen. Und so nickte Coburn schließlich, auch wenn es ihm schwerfiel.
"Okay", murmelte er daher. "Es soll so sein, wie du sagst, John!"
"Gut."
Read nahm jetzt ebenfalls die Winchester aus dem Sattelschuh.
Er