Read versuchte zu sprechen, aber es kam nur ein heiserer Laut über seine Lippen.
"Was...?"
"Sie müssen sich ausruhen", sagte die junge Frau – Rosita - daraufhin. Dann wandte sie den Kopf und rief etwas auf Spanisch, woraufhin ihr Vater hinzutrat.
"Versuchen Sie nicht, sich anzustrengen, Señor Read!", sagte Dr. Gonzales ruhig, aber bestimmt. "ich habe das Blei aus Ihrem Körper herausgeholt, aber das heißt noch nicht, dass Ihr Leben damit gerettet wäre!"
Langsam begriff Read, dass er in einem Bett lag. Ganz dunkel erinnerte er sich jetzt auch daran, wie er hier gekommen war.
Er zitterte und spürte, wie der kalte Schweiß ihm über die Stirn lief.
Rosita wischte ihm mit einem feuchten Tuch über das Gesicht.
Read schluckte.
Er musste Kräfte sammeln, ehe seine Lippen wieder Worte formen konnten. Schließlich nahm er alles zusammen, was er an Kraft hatte und fragte: "Wo ist...?"
Es war nichts weiter als ein erbärmlich schwaches Flüstern.
Und weiter kam er auch gar nicht, aber das machte nichts.
Sowohl Rosita als auch der Doc begriffen sofort, was er wissen wollte.
Sie tauschten einen Blick.
Der Doc nickte schließlich und Rosita sagte: "Ihr Freund ist weiter in Richtung Magdalena geritten."
"Dieser Verrückte...", flüsterte Read.
"Wir konnten ihn nicht aufhalten", berichtete Doc Gonzales schulterzuckend. "Er hat Mut..."
"Es ist Selbstmord!"
"Er hat uns erzählt, wer Sie beide sind und weshalb Sie gegen El Diablo kämpfen... Er hat uns von seiner Frau erzählt..." Gonzales hob die Augenbrauen und kratzte sich im Nacken. "Ich verstehe ihn", bekannte er dann.
Read spannte die Muskeln an, um sich aufzurichten.
Aber Rosita drückte ihn zurück in die Kissen.
"Dazu ist es entschieden zu früh", bestimmte sie.
Read atmete heftig.
Vor seinen Augen begann sich alles zu drehen. Schwindel erfasste ihn und er sank in einen unruhigen, traumlosen Schlaf.
22
Billy Coburn hatte sich auf den Weg nach Süden gemacht, um zum Quellgebiet des Rio Magdalena zu kommen. Dort, so wusste er es von Dr. Gonzales, sollte jene Hazienda zu finden sein, auf der El Diablo sein Versteck hatte.
Coburn hatte die Karte des Arztes mitgenommen. In wie weit man sich auf sie verlassen konnte, würde sich herausstellen.
Aber immerhin hatte er so einen Anhaltspunkt.
Coburn ritt über eine halbwüstenartige Ebene. Der Boden war hart und trocken und hatte Ähnlichkeit mit dem Gesicht eines Pockenarbigen. Dieses Land sah so kahl und gleichförmig aus, das es nicht einfach war, sich orientieren. Lediglich der Gebirgszug im Südosten bot eine Art Linie, nach der man sich richten konnte.
Die Luft flimmerte und die Sonne verwandelte dieses Land in einen Glutofen. Coburn hatte reichlich Wasser mitgenommen.
Soviel, wie ein einzelner Reiter auf seinem Pferd eben mitnehmen kann.
Coburn konnte nur hoffen, dass es genug war. Ansonsten blieb in dieser Gegend nur der bittere Saft der Kandelaber-Kakteen, und der war alles andere, als ein Hochgenuss.
Coburn dachte an Read.
Daran, dass Gonzales und seine Tochter vertrauenswürdig waren, bestand wohl kaum ein Zweifel. Aber ob der Doc es schaffen würde, Read durchzubringen, stand auf einem anderen Blatt.
Wenn nicht, so wäre das ein weiterer Grund, um diesen Warren zu stellen!, durchzuckte es Coburn grimmig.
Reads Zustand war nicht gut gewesen, als Coburn aus Santra Cruz aufgebrochen war. Um das festzustellen, brauchte man kein Arzt sein.
Aber ich hätte nichts weiter für ihn tun können!, versuchte Coburn seinen Aufbruch vor sich selbst zu rechtfertigen.
An einem Krankenbett zu stehen, ruhig abzuwarten und nichts zu tun, das war nicht Coburns Sache.
Außerdem - wer konnte schon sagen, wie lange es dauern würde, bis John Read überhaupt wieder fähig war, gerade auf einem Pferd zu sitzen...
Coburn zog sich den Hut tiefer ins Gesicht, um sich vor der sengenden Sonne besser zu schützen.
Er blinzelte.
Und dann riss ihn etwas aus seinen düsteren Gedanken heraus.
Er zügelte sein Pferd und sprang aus dem Sattel. Auf einmal war die Lethargie, die die Hitze bewirkte von ihm abgefallen und er war hellwach.
Sein Blick ging zu Boden. Da waren einige Hufspuren.
Fünfzehn, sechzehn Pferde, so schätzte er. Aber er war kein besonders guter Fährtenleser und so konnten es auch mehr sein.
Aber die Spuren stammten von unbeschlagenen Hufen.
Indianer!, durchzuckte es ihn heiß.
Wahrscheinlich Apachen, die sowohl auf der mexikanischen Seite der Grenze, als auch in Arizona zu finden waren.
Jedenfalls werde ich auf der Hut sein müssen!, war Billy Coburn klar.
23
Coburn hielt die Augen offen, aber bis zum Abend bemerkte er nichts von irgendwelchen Indianern.
Hinter einem Hügel schlug Coburn sein Lager auf. Feuer machte er nur, um sich etwas zu Essen zu machen, dann löschte er es wieder.
Er rollte sich in seine Decke ein und schlief ein paar Stunden lang. Die Nacht war sternenklar und ziemlich kühl.
Irgendwann nach Mitternacht wurde er wach.
Sein Pferd hatte einen Laut von sich gegeben und obwohl das auch eine ganz harmlose Ursache haben konnte, war Coburn sofort alarmiert.
Irgendeine Art von Instinkt sagte ihm, dass er in Gefahr war. Jedenfalls ging sein Griff zum Revolver, den er in Reichweite abgelegt hatte.
Dann sah er sich um.
Bei seinem Pferd sah er einen Schatten.
Coburn wirbelte hoch und hob den Revolver.
Für den Bruchteil eines Augenblicks sah er im Mondlicht ein Gesicht. Es war ein Indianergesicht. Üppiges dunkles Haar wurde durch ein Stirnband zusammengehalten.
Coburn sah eine Bewegung.
In der nächsten Sekunde blitzte ein Mündungsfeuer auf. Der Indianer hatte sein Gewehr hochgerissen und abgefeuert, noch ehe Coburn irgend etwas hätte tun können. Die Kugel pfiff seitlich an Coburns Kopf vorbei und ging ins Leere. Coburn duckte sich und feuerte zurück.
Der Indianer gab einen dumpfen Laut von sich, aber ob es ihn erwischt hatte, konnte Coburn nicht sehen. Jedenfalls nahm der Kerl Coburns Pferd beim Zügel und schwang sich mit einer eleganten Bewegung auf den ungesattelten Rücken des Tieres.
Coburn sah einen Mündungsblitz und duckte sich, während der Indianer versuchte, das Pferd unter Kontrolle zu bringen.
Das Tier stieg laut wiehernd auf die Hinterhand. Aber der Indianer war geschickt und konnte sich halten. Er versuchte, das Tier herumzureißen nach vorn preschen zu lassen.
Coburn setzte indessen zu einem Spurt an.
Der Indianer feuerte noch zweimal auf den heranschnellenden Coburn, aber diese Schüsse waren zu ungezielt um irgendwelchen Schaden anrichten