Die Vakuumbahn brachte sie pünktlich und sicher zum Startzentrum der Mission. Sie kannte sich hier ein wenig aus, da sie schon einige Male hierher eingeladen worden war, um sich mit der Mission vertraut zu machen. Sie schwamm durch mehrere Korridore und gelangte schnell in den für die Crew reservierten Raum. In einer Ecke hing ein Monitor in Schwimmhöhe der Maborier. Er wurde von einem elegant gebogenen Korallenarm getragen, dessen kantige Form von grünen, ekligen Algen abgerundet wurde. Zeru achtete nicht weiter auf den Monitor, da eine unwichtige, belanglose Sendung lief. Sie schwamm ein wenig verloren in dem Raum umher und wunderte sich, dass man sie nicht empfing. Sie war sicherlich viel zu früh, überlegte sie. Aber diesen Gedanken musste sie nicht lange weiterverfolgen, da sich in diesem Moment die Tür öffnete. Sie drehte sich zur Tür um und erkannte den Captain der Mission, Captain Tarom, der gleich auf sie zu geschwommen kam. Hinter ihm schwamm ein schlaksiger, dünner Maborier in den Raum.
„Hallo, Zeru, ich heiße Sie herzlich willkommen auf unserem wundervollen Gelände. Ich hoffe, sie hatten eine angenehme Anreise?“, begrüßte er sie herzlich.
„Ja, danke, die Reise war schon angenehm, wenn die Züge nicht so voll wären.“
„Ja, die vielen Flüchtlinge aus den betroffenen Gebieten. Das ist schon traurig. Aber darf ich Ihnen unseren Missionsleiter vorstellen?“ Tarom drehte sich zu dem anderen Maborier um, der gemeinsam mit ihm den Raum beschwamm.
„Ja, gerne“, bejahte Zeru seine Frage.
„Das ist unser Missionsleiter. Er wird uns bis zum Start begleiten. Er ist sozusagen unsere Nabelschnur zum Überwachungspersonal“, sagte er.
„Hallo, ich bin Zeru.“
„Ich heiße sie willkommen. Es freut mich, ihre Bekanntschaft zu machen.“ Der Missionsleiter reichte ihr zur Begrüßung die Flossenhand und wandte sich wieder dem Captain des Aufstiegsschiffs zu.
„Wir sollten uns in den Besprechungsraum begeben, Captain“, forderte der Missionsleiter den Captain auf.
„Ja, sie haben recht“, bestätigte der Captain und schwamm voraus. Zeru und der Missionsleiter folgten ihm. Im Besprechungsraum angelangt, erwarteten bereits die weiteren Mitglieder der Mission ihr Erscheinen. Ohne Umschweife schwamm der Captain zu einem Monitor, der ebenfalls in der Ecke hing und versuchte ihre Mission mit einfachen Worten zu erklären.
„Unsere Mission besteht darin, herauszufinden, was das Oben ist, und inwieweit uns das Oben, oder der obere Schleier, in der jetzigen Situation helfen kann. Wir müssen herausfinden, ob das Oben für die Katastrophen verantwortlich ist. Wir werden also an der nördlichen Barriere, die höchst wahrscheinlich bis zum Schleier heranreicht, emporsteigen. Wir halten währenddessen ständig Kontakt zur Bodenstation. Wie dann unser Weg weiter aussieht, entscheidet sich, wenn wir den Schleier erreicht haben und wissen, was er darstellt. Dank der Forschungen unseres Mitgliedes Zeru, die unter der Leitung des ehrenwerten Professors Bereu erstaunliche Erkenntnisse gewonnen hat, vermuten wir, dass der Schleier eventuell eine Art von Leben beherbergt.“ Ein Raunen ging durch die Reihen der Anwesenden. Zeru lächelte dem Captain verlegen zu. Damit hatte sie nicht gerechnet. Sie fühlte sich irgendwie enttarnt. So sehr sie ihre Theorie weit hinaus brüllen wollte, so sehr beunruhigte sie die Tatsache, dass man sie in der Öffentlichkeit nicht ernst nahm.
„Ja, Zeru, Sie dürfen sich ruhig geehrt fühlen“, lächelte er wieder zurück und erwies ihr so seinen Respekt.
„Und dieses Leben könnte genau über der Stelle existieren, die errechnet wurde, nachdem vor einem Zeitzyklus der Brockenbefall stattgefunden hatte.“
„Ja, ich weiß, hätte sich damals die allzeitzyklische Strömung nicht verspätet, würde Lorkett jetzt unbewohnbar sein“, erinnerte Zeru die anderen daran, wie knapp Lorkett einer Katastrophe entgangen war.
„Sie haben völlig recht, Zeru“, pflichtete der Captain ihr bei, „deshalb vermuten wir, dass sich genau über Lorkett eine Anomalie befinden muss.“ Tarom machte eine kurze Pause, um in den Gesichtern seiner zukünftigen Mannschaft zu lesen. Er sah Neugierde und Entschlossenheit.
„Ist das unser Ziel, Captain?“ fragte Zeru. Sie brauchte aber Taroms Antwort erst gar nicht abzuwarten. Sie wusste, dass das so war.
Er holte tief Atemwasser und redete schließlich weiter.
„Genau Zeru, dieser Ort stellt unser Ziel dar. Diese Abnormität werden wir suchen und entscheiden dann, was zu tun ist.“ Seine Miene verfinsterte sich mitten im Satz, als vom Nachbarmonitor, auf dem die Nachrichten liefen, eine Meldung vorgetragen wurde. Der Nachrichtensprecher wirkte nervös, so, als ob er es nicht gewohnt war, solche Nachrichten vorzutragen. Da das aber seit einem Zeitzyklus auf der Tagesordnung stand, fasste er sich schnell wieder und redete souverän weiter.
„Wie uns vom Ministerium der Umweltbehörde mitgeteilt wurde, bewegen sich die großen Eisbarrieren mit immer größerer Geschwindigkeit auf die noch nicht betroffenen Bereiche zu. Der Lebensraum wird kälter und wird gefrieren. Auch die bisher noch nicht betroffenen Bereiche fangen nun an, rapide an Temperatur zu verlieren.“
Der Moderator sah von seinem Manuskript auf und in die Kamera. Erst jetzt begriff er offensichtlich, was er vorgelesen hatte.
Auch im Kontrollzentrum ging ein Raunen um. Niemand konnte fassen, was da eben gesagt wurde. In diesem Moment betrat ein weiterer Maborier den Raum, den Zeru nur vom Fernübertragungsmonitor her kannte. Es war