IM IMMERZU WERDEN. Paul Schurr. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Paul Schurr
Издательство: Readbox publishing GmbH
Серия:
Жанр произведения: Зарубежные стихи
Год издания: 0
isbn: 9783347111226
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die Passanten im Vorbeigehen:

      Oh, du meine Güte,

      Das ist ja Tierquälerei!

      Jetzt ist die Verrückte in einer Anstalt.

      Dachauer Straße 26,

      Zwangsjacke,

      Kahl geschoren,

      Vergitterte Fenster,

      Schalldicht,

      Grau.

      P.S.:

      Einmal gab`s Wiener Schnitzel

      Mit Pommes frites -

      Da hat die Verrückte geweint.

      (April 1985)

      E INE ASIATISCHE REISE

      Nur dasitzen

      Und zuschau`n,

      Wie langsam,

      Ganz langsam

      Die Sonne untergeht,

      Farben geboren werden

      Und wieder sterben,

      Die Erde, alles um dich

      Ständig dunkler wird,

      Während gleichzeitig

      Die ersten Sterne melden:

      Es wird Nacht.

      … und bei all dem

      Nicht gestört werden,

      Allein dafür

      Hat es sich gelohnt.

      Am Ende,

      Wenn der Tag

      Aus ist,

      Möchtest Du

      Am liebsten applaudieren,

      Doch wär es sinnlos,

      Die Heldin würd` sich

      Nicht verbeugen,

      Weil es für sie

      So selbstverständlich ist.

      Aber überhaupt mal

      Dieses Gefühl zu haben

      … und bei all dem

      Nicht gestört zu werden,

      Allein dafür

      Hat es sich gelohnt.

      (Lombok/Indonesien, August 1985)

      D IE ANTWORT

      Am Tag, als die Bomben

      Auf die Erde fielen,

      Fragte irgendwo ein

      Kind seine Mutter:

      "Warum hast du mich geboren?"

      Und die Mutter blickte

      Das Kind lange an

      Und wusste keine Antwort.

      (Juni 1986)

      G EDICHT ZU TSCHERNOBYL

      (über die Betroffenheit eineinhalb Jahre danach)

      "Beim Fernsehen gibt`s mehr Kohle",

      Mutter Drombusch einst rief,

      "Drum bin auch ich lieber fernseh-

      Als radioaktiv!"

      (Oktober 1987)

      G LAUBENSBEKENNTNIS

      Du verhinderst die Kriege nicht,

      Du lässt es geschehen,

      Dass die einen verhungern,

      Während die anderen

      Ihr halbes Stück Erdbeerkuchen

      In den Abfall kippen.

      Und gerade deshalb glaube ich an Dich,

      Weil Du über alles, selbst über Dich

      Die Freiheit gelegt hast!

      Bleib mein Freund alter Tage,

      Doch egal was wird:

      Ich liebe Dich, Gott!

      (Dezember 1987)

      Z EITGEFÜHL

      So viele Minuten

      So vieler Jahre,

      Sie streifen das Leben nicht lang.

      Selbst Wichtigkeiten

      Vergangener Stunden

      Verfliegen schnell im Zeitendrang.

      Nur ein paar Dinge

      - Geschichten und Photos -

      Erinnern an Tage,

      Die man niemals vergisst,

      Niemals bereut.

      Ansonsten beschränkt man

      Sich auf das Morgen

      Und höchstens die Frage:

      Das aß ich gestern,

      Und was esse ich heut`?

      So kommt man zum Schluss,

      Dass so viele Minuten

      Sinnlos und kaum

      Beachtenswert sind.

      Bis man dann plötzlich

      In irgendeiner Zeitung liest:

      Jede Minute verhungert ein Kind!

      (Juli 1988)

      W AHRE HELDEN

      Die wahren Helden gibt es oft,

      Doch meist im Schatten,

      Unerkannt

      Und ihrer Taten nicht bewusst.

      Von der Welt kaum wahrgenommen,

      Wandeln sie dahin

      In unbegrenzter Einfachheit.

      Die wahren Helden weinen oft,

      Doch meistens heimlich,

      Ungespielt

      Und stets darauf bedacht,

      Dass die Geliebten sich nicht sorgen.

      Die Blüten wilder Kirschen

      Streuen sie auf unser Lager.

      Die wahren Helden sterben heilig

      Nach einem viel zu kurzen Leben.

      Kaum eingedenk der Größe Ihrer Taten

      Bleiben nur der Kirschen Blüten.

      (Dezember 1988, für "Freddy")

      G LAUBT MIR

      Die schönsten Lieder

      Singen stumme Kinder,

      Doch wer daran zweifelt,

      Der kann sie nicht hören.

      (Februar 1989)

      E NDSIEG

      Hört nur, seht ihr denn nicht,

      Die Ratten sind wieder hier!

      Aus den feuchten Gassen

      Kommen sie gekrochen,

      Ihre verborgene Zeit

      Ist mal wieder vorüber.

      Sie haben sich

      Durch die mageren Tage genagt

      Mit