Boccaccio reloaded. Centino Scrittori. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Centino Scrittori
Издательство: Readbox publishing GmbH
Серия:
Жанр произведения: Контркультура
Год издания: 0
isbn: 9783347083226
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„Jetzt sag mir bloß nicht, du gehörst auch zu dieser Verschwörungstheoretiker-Truppe!“ „Ja, ja, nennt uns nur weiter so! Nur weil wir keine dummen Systemsklaven sind, die blind dem Staat folgen!“ „Sag mal, hörst du dich selbst überhaupt reden?!“ „Ach, komm. Geh mir jetzt nicht auf die Nerven! Ich verzieh’ mich jetzt! Ciao!“ Ich knalle die Tür hinter mir zu. Ich höre meine Mutter noch schreien: „Das ist ja nicht zu fassen!“ Aber das ist mir völlig egal. Die kann mich mal!

      Ich werde von den lauten Stimmen meiner Eltern aus dem Schlaf gerissen. Was ist denn jetzt schon wieder los?! Kann ich nicht einmal in Ruhe ausschlafen? Ich stehe mürrisch auf und reiße meine Tür auf. „Ey, was soll das?! Ich versuche hier zu schlafen!“ „Halt den Mund, du verantwortungsloser Bengel! Deine Oma ist im Krankenhaus!“ „Was?! Was ist passiert?!“ „Sie hat starke Atemprobleme! Die Ärzte gehen von Corona aus! Habe ich dir nicht gesagt, dass dein verantwortungsloses Verhalten noch Konsequenzen haben wird?!“ „Schieb’ nicht mir die Schuld in die Schuhe! Corona gibt’s nicht! Das ist was Anderes!“ „Jetzt hör auf zu diskutieren! Zieh dich an und wir fahren sofort ins Krankenhaus!“ Im Krankenhaus herrscht großes Chaos. Überall sieht man Ärzte und Krankenpfleger umherrennen. Meine Eltern erkundigen sich an der Rezeption nach meiner Oma. Ihnen wird die Zimmernummer gesagt und wir machen uns auf den Weg dahin. Als wir gerade vor der Tür stehen, tritt ein Arzt heraus. „Guten Tag, Herr Doktor! Ich bin die Tochter Ihrer Patientin. Wie sieht‘s aus?“ „Ihre Mutter ist soweit stabil. Wir gehen, wie Ihnen bereits mitgeteilt wurde, stark von einer Infizierung mit Covid-19 aus. Es steht aber noch nicht sicher fest. In einer Stunde müssten die Ergebnisse bereitliegen.“ „Dürfen wir sie dann sehen?“ „Jetzt noch nicht, sie benötigt noch etwas Ruhe. Bitte nehmen Sie im Wartebereich Platz.“ Was der da redet. Sie würden von einer Infizierung mit Covid-19 ausgehen. Pah, was ein Quatsch! Die werden noch alle sehen, dass ich im Recht bin! Der soll mal gefälligst schnell mit dem Ergebnis machen! Anderthalb Stunden später kommt der Arzt auf uns zugelaufen. Meine Eltern stehen energisch auf. „Und, Herr Doktor?“ „Die Ergebnisse liegen vor. Wir können nun mit Sicherheit sagen, dass es sich bei Ihrer Mutter um eine Infizierung mit dem Virus Covid-19 handelt.“ Die Fäuste meiner Mutter ballen sich zusammen.

      (Nual Al-Yousef)

       „Wir sollten das alles echt nicht unterschätzen. Auch wenn ich mir die Geschichte in der Form nur ausgedacht habe, gibt es genug Leute, die so verantwortungslos damit umgehen wie die Person in der Geschichte, und wir haben ja gesehen, wie das ausgegangen ist“, fügt er noch hinzu. Danach verabschieden sich alle und gehen auf ihre Zimmer. Ich finde, heute war ein voller Erfolg, und ich freue mich schon auf morgen.

       ZWEITER TAG

       Als ich heute in den Gemeinschaftsraum komme, bin ich sogar noch aufgeregter als gestern. Hat es den Leuten gefallen? Werden sie wiederkommen? Ich bin erleichtert, als ich einige Gesichter von gestern, aber auch einige neue sehe. Wir warten noch relativ lange auf einige Leute, bevor wir anfangen.

       Erste Geschichte

       „Ich weiß nicht, wie es bei euch aussieht, aber ich bin heute in der Stimmung für spannende Geschichten “, sagt eine junge Frau, die gestern auch schon dabei war. Ein ziemlich großer, junger Mann kommt mir zuvor und antwortet: „Ich glaube, da habe ich die richtige Geschichte.“

      Flammen! Überall Flammen! Das ist das Erste, was ich sehe, als ich aus meinem einigermaßen guten Schlaf erwache. Ich springe auf, schmeiße meine Decke beiseite und bahne mir meinen Weg zu meiner Schwester. Laura ist vor Angst erstarrt. Sie schreit nur: „TOM! TOM!“ Ich atme schwer und meine Augen tränen extrem von dem dicken Rauch. Ich nehme Laura in die Arme und taste mich krabbelnd voran. Ich spüre, wie meine Haut verbrennt und sich langsam aber sicher Blasen bilden. Ich will mir nicht vorstellen, wie sie verheilt aussieht. Um das zu sehen, muss ich es aber hier erst einmal lebend herausschaffen. Endlich erreiche ich den Ausgang. In ihm ein brennender Stofflappen, welcher zumindest für ein bisschen Privatsphäre in diesem Drecksloch sorgen sollte. Ich reiße ihn zur Seite und hechte nach draußen. Erst später erkenne ich die wütende Meute. Sie schreien irgendwelche Wörter, doch ich verstehe kein Arabisch. Ich bin mir aber sicher, dass es Beleidigungen sind. Wahrscheinlich Beleidigung gegen Deutsche oder Christen oder beide. Ein paar von ihnen halten Molotow-Cocktails in ihren Händen, andere Macheten oder improvisierte Waffen. Das wird wohl das Ende sein.

      Wir hatten es schon weit geschafft. Von Deutschland zu Fuß bis nach Italien und von da in einem überfüllten Boot nach Afghanistan. Alle sagten, hier wäre das Leben besser, hier gebe es Frieden und Wohlstand. Aber daran glaube ich schon lange nicht mehr. Sie wollen uns hier nicht. Sie denken, alle Christen wären gleich und verbreiten Terror, wie der CS, was für „Christlichen Staat“ steht. Wie der Name schon sagt, wollen sie einen „Christlichen Staat“ gründen und streng gläubig leben. Die Anhänger leben extrem christlich und sprechen sich das Recht zu, alle „Ungläubigen“ umzubringen. Es reicht aus, gegen eines der Zehn Gebote der Bibel verstoßen zu haben. Sie waren für eine Serie von Anschlägen auf allen Kontinenten verantwortlich und stützten durch extreme, rücksichtslose Gewalt Europa und Amerika in Chaos. Millionen von Christen sind geflohen, meistens illegal, in den mittleren Osten.

      Ein großer Teil der Einheimischen ist hilfsbereit und sie verstehen uns, es gibt jedoch Organisationen und Einzelpersonen, die Anschläge auf uns verüben, wahrscheinlich aus Angst und Hass. Es waren anfangs nur Beleidigungen, dann Schläge, ich hätte jedoch niemals gedacht, dass die Arschlöcher so weit gehen und einen Brandanschlag verüben. Sie sollten mal selber erleben, wie es ist, alles zurückzulassen und vor Terror, Krieg und Chaos zu fliehen.

      Plötzlich werde ich aus meinen Gedanken gerissen. Etwas zerschellt neben mir. Es war ein Molotow-Cocktail, der Hurensohn, der ihn geworfen hat, war aber zu meinem Glück zu dumm, ihn richtig anzuzünden. Ich renne nach links, überall um mich herum Flammen und in ihnen schreiende, brennende Leute. Ich kann ihnen jetzt aber nicht helfen. Ich muss mich zuerst um mich und meine Schwester kümmern. Um mich besser zu fühlen, rede ich mir ein, dass ich zurückkomme. Ich weiß jedoch selber, dass es nicht so kommen wird.

      Während ich weggucke, stolpere ich über einen Halbtoten mit einer Eisenstange in der Brust. Er röchelt um Hilfe, aber ich kann nicht. Ich schiebe ihn zur Seite und renne weiter. Es sind noch um die 150 Meter bis zur Essensausgabe. Sie ist aus festem Stein gebaut und ich hoffe, darin Schutz zu finden. 100 Meter. 50 Meter. 25 Meter. Vor mir ist ein anderer Typ. Er hatte wohl dieselbe Idee wie ich. Er reißt die Tür auf. Plötzlich gibt es einen Schlag, und ich sehe nur noch seinen Körper, der Kopf fehlt jedoch. Stattdessen ist an der Stelle des Kopfes eine Blutfontäne. Die Propangasflaschen haben der Hitze wohl nicht standgehalten. Sein Kopf wurde von einem Ventil abgefetzt. Die Küche ist also offensichtlich nicht sicher, deshalb sprinte ich weiter Richtung Markt. Ich drehe mich um, als ich hinter mir schreckliche Schmerzensschreie höre. Ein Mann rennt brennend wild herum und bleibt schließlich bewegungslos liegen. Im selben Moment trifft mich etwas Hartes am Schädel und ich falle ohnmächtig zu Boden.

      Ich werde von einem Schlag ins Gesicht geweckt. Vor mir steht ein Mann mit Turban und riesigem Bart. Er lächelt grässlich, labert irgendein Zeug, das ich eh nicht verstehe, und richtet eine Pistole auf mich. Ich erinnere mich an einen Entwaffnungstrick aus einer Serie, die ich früher geguckt habe. Jetzt gehe ich jeden Schritt noch einmal innerlich durch. Als er das Schlagstück spannt, greife ich blitzschnell an. Ich hätte niemals gedacht, dass es klappt, doch das hat es. Jetzt bin ich der mit der Waffe und er das kleine hilflose Opfer. Ich erinnere mich auch an den Rat, nicht zu zögern, sondern direkt abzudrücken. Das tue ich. Ich ziele in sein hässliches Gesicht und drücke ab. Volltreffer. Sein halber Kopf ist zerschmettert und er fällt zu Boden. Ich fühle mich mächtig. Die Waffe stecke ich ein, nehme meine Schwester und laufe weiter.

      Kurze Zeit später knallt es hinter mir und eine Kugel schlägt genau neben mir in einen Tisch ein. Ich schmeiße mich auf den Boden und stelle mich tot. Meine Hand bewege ich langsam zu meiner Pistole, den Finger am Abzug. Die Schritte kommen näher. So wie es sich anhört, sind es zwei Männer. Die Schritte kommen näher. Ich halte meinen