Nach einer ersten Welle unnötiger Verhaftungen, der auch die Mitglieder der Blue Bajou Jazzband zum Opfer fielen, konnte das Missverständnis einer fälschlichen Interpretation der Abkürzung I.S. nunmehr aufgeklärt werden. Die Staatsanwaltschaft entschuldigte sich und will darüber hinaus dem Jazz künftig mehr Beachtung schenken.
Die Blue Bajou Jazzband ist indes dem Thema weiterhin treu geblieben und unterstützt jetzt ein Projekt namens PERINATALER IMPFSCHUTZ, abgekürzt PENIS.
Dildofabrik
Dieser Tage hatte ich mir einen zugegeben üblen Scherz erlaubt, indem ich falsche Hoffnungen geweckt habe. Ich schrieb mehreren Bürgermeistern kleinerer Orte in einem strukturschwachen Gebiet einen Brief und fragte nach billigen Baugrundstücken und nach ggf. vorhandenen Arbeitskräften, da ich gerne eine Dildofabrik errichten wolle. Um meinen Scherz so gut wie möglich seriös erscheinen zu lassen, bemühte ich mich um einen ernsthaft sachlichen Schreibstil und verwendete Büttenpapier mit einem erfundenen Firmenbriefkopf.
Eigentlich hätte ich mir gedacht, dass Ortsbürgermeister solche Anfragen in den Tresor legen und wie ihren Augapfel hüten, damit nur ja kein Bürgermeisterkollege aus benachbarten Gemeinden Wind von der Sache bekommen und ihm den fetten Happen vor der Nase wegschnappen kann. Zu meiner Überraschung sprach sich die Sache jedoch wie ein Lauffeuer in ganzen Landstrichen herum, wie ich später erfuhr. Wen wundert’s, dass die Antwortpost entsprechend üppig war. Als erstes antwortete mir ein katholischer Kleinstadtpfarrer, der mir gleich unterbreitete, wie sehr erfreulich und hochwillkommen meine Arbeitsplatzinitiative sei, und ich mir wegen der römisch-katholischen Leitkultur im Übrigen keine Sorgen zu machen bräuchte. Das würde er mit dem Herrn schon regeln, die Zeiten hätten sich schließlich nicht wenig geändert, der fundamentalistische Kardinal Meissner soeben verblichen, und beim sechsten Gebot würde der Himmel ohnehin längst ein Auge zudrücken, zumal angesichts der Realitäten in Sachen Ehe für fast alle.
Ich ließ zunächst 4 Wochen verstreichen und fuhr dann mit dem Auto in die Gegend, um mir das illustre Pfarrersubjekt mal aus der Nähe anzusehen. Was soll ich sagen, viel gibt es darüber nicht zu berichten. In einem Wirtshaus des Ortes erfuhr ich, dass es in weitem Umkreis schon ewig lange keinen Pfarrer mehr gibt und sogar die Kirchen verschlossen seien. Ich bin also einem pfiffigen Witzbold aufgesessen, der mit mir ebenso verfahren ist, wie ich anfangs mit ihm. So kann’s gehen.
Utopia im Kleinen
Gehören Sie auch zu denen, die nur ganz selten eine Teigwarenverkaufsstelle – fälschlicherweise Bäckerei genannt – aufsuchen, um dort Kuchen zu kaufen? Selten soll heißen: immer dann, wenn Ihr Gehirn Sie im Stich gelassen hat und die Erinnerung daran getrübt ist, welch halbgare Fertigteigpampe, durchtränkt mit Geschmacksverstärkersauce und gefüllt mit Sirupklärschlamm heutzutage als Kuchen verkauft wird.
Als Großstadtbewohner kann dem Desaster nur entkommen, wer die Strapaze auf sich nimmt, selber zu backen. Aber welches Alleinmitglied eines Singlehaushalts kann sich schon dazu aufraffen? Im ländlichen Raum sieht es hingegen besser aus. Man schaue in Inseratenblättern nach oder höre sich um, wo an den Wochenenden Kinderbasare abgehalten werden. Dort wird man unmittelbar fündig. Es treffen sich dort nämlich jung und alt nicht nur zu dem Zweck, gebrauchte Kinderkleidung und Spielsachen zu tauschen oder preiswert zu erstehen. Es gibt darüber hinaus, und dies ist die eigentliche Sensation, den schönen Brauch, dass sich diverse Mütter und Großmütter zusammentun und selbstgebackenen Kuchen mitbringen, um ihn zum Schleuderpreis von 50 Cent das Stück zu verkaufen. Der Erlös dabei wird einem guten Zweck zugeführt. Geboten wird die ganze Bandbreite an Köstlichkeiten, vom Hefeteigblechkuchen bis zu raffiniertesten Torten. Schon der Duft verrät einem, dass die ehrgeizigen Hauskonditorinnen an Zutaten und Fachkompetenz nicht gegeizt haben. Dementsprechend auch der rege Zuspruch. Man kann sich diese Manifestation an Geschmackserlebnis zum Mitnehmen einpacken lassen oder selbige an Ort und Stelle an vorhandenen Stehtischen zusammen mit einem ebenso wohlfeilen Becher Kaffee verzehren und dabei entspannt dem bunten Treiben des Basars zusehen.
Ich habe über das Phänomen lange nachgedacht. Mir scheinen die Kuchenbackaktivistinnen neben der Erfüllung ihrer eigenen Anerkennungswünsche von dem Anliegen getrieben, Privatinitiative und Gemeinnützigkeit abseits schnöder Profitmaximierung höchst verantwortlich auf einen Nenner zu bringen. Kommt dies nicht in die Nähe jenes utopischen Zukunftsmodells, wonach wir für Staat und Gesellschaft seit langem suchen? Wir wollen dabei keineswegs stillschweigend übergehen, dass die backenden Frauen bei dieser Erzählung quasi modellhaft Selbstausbeutung begehen. Als gedankliche Synthese zu einem utopischen Zukunftsentwurf wäre das Bild also nur dann tauglich, wenn wir uns alle ein Vorbild nähmen und alle gleichermaßen wechselseitig in die Selbstausbeutung zugunsten strikter Gemeinnützigkeit eintreten würden. Ohne dieses Prinzip ist das Verfassungsgebot der Gleichheit nicht zu haben.
Weitere Jazznachrichten
Blue Bajou Jazzband und Patriarchat
Unlängst zog mich der Posaunist der Blue Bayou Jazzband ins Vertrauen und verriet mir, dass man vom Posaune blasen ständig Sodbrennen bekommt. Der Pianist musste dies offenbar mitbekommen haben, denn er geriet gleich in Schnappatmung und beschwerte sich, wie sehr die krumme Haltung am Klavier die Bandscheiben belaste. Woraufhin sich der Schlagzeuger nicht lumpen ließ und in stummer Anklage seine zahlreichen Schwielen an den Händen vorzeigte. Nur der schon etwas betagte Banjospieler grinste und meinte, bei seinem Instrument die richtige Wahl getroffen zu haben, denn es fördere sogar die Potenz.
Der Bassist bekannte nach anfänglicher Zurückhaltung, dass es sich nicht ziemen würde, sich über den Bass zu beklagen, schließlich sei dies das einzige männliche Instrument. Man schaue sich um: Geige, Flöte, Harfe, Klarinette, Oboe, Trompete, Pauke, Orgel – allesamt femininen Geschlechts. Schlagzeug, Cello, Waldhorn, Fagott, Saxophon, Klavier, Keyboard – allesamt sogar Neutren. Wer hätte dies gedacht, dass sich ausgerechnet unter den Instrumenten das Patriarchat schon vorzeitig verflüchtigt hat – bis auf den B a s s als einziger männlicher Domäne. Ihm kommt sogar eine entscheidende Schlüsselposition zu, da er den Harmonien seinen Stempel aufdrückt und diese ausnahmslos nach seiner Pfeife tanzen.
Übrigens vom Lautmalerischen her braucht man nur einen Vokal auszutauschen, von Bass zu Boss, schon wird die ganze Bedeutung des Basses in der Instrumentenhierarchie unmissverständlich klar. Die phonetische Ähnlichkeit von Bass und Boss – das kann kein Zufall sein.
Schottophil angehauchte Sackpfeifenfreunde deutscher Zunge mit ihrer hoffnungslos vernarrten Dudelsackschwärmerei muss ich leider enttäuschen, denn nach einiger Überlegung habe ich dem Instrument letztlich nicht den Ritterschlag des Männlichen erteilen können. Nein, nein, der Grund dafür war nicht, weil im Englischen die Bagpipe ebenso wie im Französischen und Deutschen sowie im Griechischen die Sackpfeifen immer weiblich konnotiert sind, die Pfeifen also den Ton angeben und Säcke nun mal keine Musik machen. Der Grund war eher der, dass einen unumstößlichen Wahrheitsanspruch zu vertreten ohnehin nicht in meiner Absicht liegt. Wobei die Wahrheitsfindung durchaus mein Anliegen ist, was zugleich beinhaltet, dass ich angreifbar bleiben möchte. Also tut mir den Gefallen, tötet mein Meerschweinchen und zündet mein (ohnehin gut versichertes) Haus an.
Äpfel und Birnen im Vergleich
Wer würde sie nicht kennen, jene alberne nichtsdestoweniger verbreitete Redensart, die uns weismachen will, Äpfel und Birnen seien nicht zu vergleichen. Ein Satz, der nur allzu offensichtlich dazu da ist, ein Denkverbot zu errichten. Beliebtes Sprechteil auch unter Talkshow-Politikern wenn sie einander hemdsärmelig ins Wort fallen und beflissen Einwände modulieren mit dem Vorwurf: „Aber eins lassen Sie mich noch sagen, Herr Kollege von der Opposition, ihre vorhin aufgestellte Behauptung hieße ja, Äpfel mit Birnen zu vergleichen.“ Klingt beinahe logisch, ist aber reine Denkschwäche.
Selbstverständlich sind verschiedene Obstsorten wie Äpfel und Birnen oder Früchte wie Tomaten und Kartoffeln zu vergleichen. Was denn sonst? Der Vergleich von Verschiedenem ist ein erkenntniserschließendes Werkzeug erster Güte und in seiner Art unverzichtbar. Erst der beharrliche Vergleich von Tomaten und Kartoffeln beispielsweise hatte die Entdeckung zum Ergebnis, dass beide Kategorien miteinander verwandt sind und von der gleichen Urpflanze