Aufseufzend brach der Ranchero zusammen. Auch seine Frau war noch halb bewusstlos.
Singal steckte den Revolver weg, packte Pedro an den Haaren und wuchtete ihn aufs Bett neben seine Frau. Dann zerriss er das dünne Leinentuch zu Streifen, knotete sie zu einem langen Seil zusammen und drehte einen kräftigen Strick daraus. Nach zwei Minuten hatte er die beiden fest ans Bett gefesselt.
»Das sollte reichen.«
In einer Kiste neben der Anrichte lag etwas Stroh. Vermutlich wurde es zum Staubwischen benützt.
Singal nahm zwei Bündel und legte sie auf den Lehmboden in der Nähe des Tischbeins. Das Holz war zundertrocken.
Zwischen das Stroh stellte er die Kerze und schätzte ab, bis wann sie so weit heruntergebrannt war, damit das Stroh Feuer fing.
Wenig später war er draußen beim Pferd und sattelte es.
Viel taugte der Klepper nicht.
Doch er würde ihn zu Dr. Miguel Gomez tragen, wenn er dem Tier die notwendigen Pausen gönnte.
17
Sie kamen gut voran. Sowohl Tiere als auch Reiter waren ausgeruht.
Sie schafften fünf Meilen in der Stunde, wenn sie die Pferde nur traben ließen. Das Gelände wurde unwegsam, vom Wagenweg war kaum mehr etwas zu sehen. Staub wirbelte unter den Hufen der Pferde, nur mäßig gemildert vom Tau, der selbst in dieser Gluthölle kondensierte.
Nur so war es den Echsen, die dieses Land bevölkerten, möglich, zu überleben. Nur so konnten die Kreosotbüsche, die Mesquites und Manapales notdürftig gedeihen.
Vereinzelt streckten Kakteen ihre stacheligen Arme gegen den Nachthimmel.
Es war ein gespenstisches Land.
Saltillo achtete nicht auf die verborgenen Schönheiten; ebenso wenig wie ein paar Stunden vorher Sarto Singal.
Er wollte nur so rasch wie möglich nach El Paso.
Er tippte mit den Unterschenkeln leicht gegen die Flanken seines Rappen: Das Pferd fiel in einen leichten Galopp. Seine Begleiter taten es ihm nach.
Saltillo war Brandgeruch in die Nase gestiegen.
Bald darauf bemerkte er auch schwachen Feuerschein am Himmel.
Buck Mercer rückte zur Spitze auf.
»Brennt‘s da nicht irgendwo?«
»Sieht so aus, Buck.«
»Präriebrand?«
»Weiß ich nicht.«
»Schauen wir nach?«
Saltillo lenkte sein Pferd schon vom Weg.
»Natürlich. In Sueco haben sie mir erzählt, dass es hier ein paar Ranchos gibt. Es kann nicht schaden, wenn wir uns ein wenig umsehen.«
Buck brüllte eine Erklärung nach hinten.
Sofort schwenkte der ganze Pulk vom Weg und folgte ihnen. Die Pferde streckten sich. Hufschlag trommelte den ausgedörrten Boden. Der Feuerschein am Horizont wurde stärker, und nach zwei Meilen sahen sie Flammen züngeln.
Sie schlugen aus einer Hütte. Schreie gellten durch die Nacht. Auch die Stimme einer Frau war darunter.
Beim Brunnen sprang Saltillo aus dem Sattel.
Er überlegte nicht lange. Am Rand stand ein mit Wasser gefüllter Eimer. Den goss er über sich. Das feuchte Halstuch zog er über Mund und Nase.
Buck Mercer folgte seinem Beispiel. Gemeinsam drangen sie gegen die wabernde Flammenwand vor.
Saltillo kämpfte sich dorthin durch, wo die Schreie in ein leises Wimmern abgeebbt waren.
Das Bett brannte bereits, ebenso die Wand dahinter.
Zwei Menschen lagen auf dem Gestell, drängten sich eng aneinander. Ihre Augen wären vor Entsetzen weit geöffnet.
Doch Buck Mercer, der sich dicht hinter Saltillo anhielt, hatte einen Eimer mit Wasser in die Hütte geschleppt.
Jetzt schüttete er den Inhalt über das Paar. Es zischte und brodelte. Weißer Dampf vermischte sich mit Ruß.
Saltillo sah, dass der Mann und die Frau ans Bett gefesselt waren. Es war keine Zeit mehr, sie loszuschneiden.
»Pack mit an«, schrie er durch das Prasseln der Flammen.
Tortilla-Buck wuchtete das Bettgestell am Kopfende hoch. Saltillo nahm das andere. Zusammen kämpften sie sich durch das Feuer auf den schmalen Ausgang zu. Dort mussten sie das Bettgestell seitwärts kippen, um überhaupt durchzukommen. Doch die Fesselung hielt noch.
Sie kamen genau in jenem Moment ins Freie, als das Dach niederbrach.
Die Vaqueros hatten inzwischen eine Kette gebildet.
Die beiden vorhandenen Eimer wanderten von Hand zu Hand.
El Toro schüttete das Wasser ins Feuer, aber da war nichts mehr zu retten.
Schließlich gaben sie es auf und umringten das Bettgestell, das Saltillo und Buck auf der anderen Seite des Brunnens absetzten.
Modesto war sofort zur Stelle. Er schnitt Laken, Stricke und Gürtel durch.
Der Ranchero stöhnte, warf einen dankbaren Blick hoch zu dem schwarzhaarigen Mann mit den indianerhaften Zügen und auch zu Buck Mercer, beugte sich jedoch dann sofort über seine Frau.
»Wie fühlst du dich, Chica?«
»Danke. Es geht. Ich …«
Ein heftiges Schluchzen schüttelte plötzlich ihren Körper.
Da war Layla schon da und legte ihr einen Poncho über.
Dankbar hüllte die Frau sich ein.
»Es geht wieder etwas besser?«, erkundigte sich Saltillo mitfühlend.
»Si, Señor«, antwortete der Ranchero und starrte aus feuchten Augen auf seine niederbrennende Hütte.
»Ich weiß, was Sie jetzt fühlen«, meinte Saltillo teilnahmsvoll. »Waren noch irgendwelche Wertgegenstände drinnen?«
Pedro Corres schüttelte den hageren Kopf.
»Ein paar Erinnerungen an meine Mutter.«
»Hm. Wie ist das geschehen? Sie waren gefesselt. Eine Beule haben sie auch.«
Die Frau schluchzte wieder und barg den Kopf an der mageren Schulter ihres Mannes.
Da berichtete Pedro Corres.
»Wie sah der Mann aus?«, wollte Saltillo wissen.
Er bekam eine prächtige Beschreibung von Sarto Singal.
Zuerst mochte er nicht glauben, was er da hörte.
Doch endlich musste er die Tatsache hinnehmen! Der Bandit war den Rurales durch die Lappen gegangen.
Das brachte Saltillo aufs Neue in Nöte.
Sarto Singal würde nichts Eiligeres zu tun haben, als Miguel Gomez darüber zu informieren, was sich eine Meile vor dem Dorf Sueco getan hatte.
Eine Mauer neuer Schwierigkeiten türmte sich vor ihm auf.
»Wann war das?«, fragte er. »Wann ist er aufgebrochen?«
»Vor gut drei Stunden. Genau weiß ich es nicht. Wir haben immer nur die herunterbrennende Kerze angestarrt und gebetet.«
Saltillo straffte sich.
»Tut mir leid, Señor, aber wir können nicht länger bleiben. Kommen Sie allein zurecht?«
Pedro