Francesco lacht so sehr, dass er fast umfällt. „Das kann doch nicht wahr sein! Dieser Blödmann!!!“
Nach unserem Gespräch biete ich Francesco noch die Pfannkuchen an, die wir gemacht haben. Dann verschwindet er in seinem Zimmer.
Nach dem Spielen gehe ich sofort ins Bett und träume von Mister Wonderful. Mein Unterbewusstsein kommt zum Vorschein und sagt mir, dass ich mich mal wieder so schnell verliebe wie ein D-Zug auf der Überholspur. Mein Gehirn reproduziert das wunderschöne makellose Gesicht meines Traummannes und ich streiche ihm sanft darüber. Das muss wohl oder übel Gaetons Gesicht sein. Wir tanzen und tanzen … bis ich nicht mehr kann. Mit einem Mal wird dieser schöne Moment von den Gedanken an meinen Ex durchbrochen. Er fragt mich vorwurfsvoll, warum ich mich so schnell in Gaeton verliebt habe. Zum Glück wache ich bei diesem Schrecken kurze Zeit später aus dem Traum auf.
In den kommenden Wochen telefoniert meine Mutter ständig mit Frau Weiss und ich mit Antonia. Sie lässt durchsickern, dass sie eine Überraschung für mich hat. Natürlich bin ich gespannt wie ein Flitzebogen. Meine linke verliebte Gehirnhälfte setzt andauernd Hormone frei, als ich Mama das Wort „Internat“ sagen höre. Jedes Mal werde ich puterrot. Schließlich steht die Entscheidung fest.
Bei laut aufgedrehter Glasperlenspiel-Musik fange ich an, glücklich wie ein Honigkuchenpferd meine Kartons zu packen.
Neue Wege
Meine Schwester fragt mich, woher plötzlich meine gute Laune komme. Bei dieser Frage werde ich rot wie eine Kirschtomate und antworte erstmal nicht. Von Mister Wonderful will ich ihr nichts erzählen. Es ist noch zu frisch und ich will Christina nicht mit meinem Herzschmerz belasten. Seit meinem Unfall ist sie etwas empfindlich, was Gefühle angeht und ich habe sie zu sehr lieb. Sie hat ein reines Wesen, mit ihren zehn Jahren ist sie eigentlich schon viel zu weit. Oft habe ich ihr gegenüber ein schlechtes Gewissen: wenn ich den Unfall nicht gehabt hätte, hätte sie sich vielleicht besser entwickelt. Damals hat sie auf mich aufgepasst - dabei soll doch ICH die große und SIE die kleine Schwester sein. Ihr schwarzes Haar und ihre Größe fallen sofort auf; viele ihrer Freundinnen überragt sie bereits um einige Zentimeter. Christina kleidet sich, wie Mädchen sich eben anziehen - alles muss rosa sein. Außerdem singt sie für ihr Leben gern. Neben all den anderen liebenswerten Seiten liebe ich ganz besonders an ihr, dass sie mich auch seit diesem einen Tag im Jahr 2007 kein Stück anders behandelt als zuvor. Durch sie habe ich die Reha überstanden, für sie möchte ich immer kämpfen!
Da meine Mutter in ihrem Buchladen nicht viel Geld verdient, können wir für den Umzug keinen Umzugswagen mieten.
Mein Papa hat mal wieder keine Zeit, mich ins Internat zu bringen. Deshalb fragt meine Mutter einen alten Freund, ob er meine Umzugskartons dort hinbringen könne.
Wir fahren einfach hinterher. Mama hat immer die besten Lösungen - sie hat selbst dann einen Plan, wenn wir drei keinen blassen Schimmer haben. Ob ich wirklich mit ihr verwandt bin? Sie hat keine schwarzen, sondern lockige braune Haare wie Francesco. Ihre Frisur erinnert an einen Popstar und obwohl sie nicht so groß ist wie mein Bruder, wirkt sie durch ihre schlanke Figur und ihren gediegenen Kleidungsstil sehr elegant. Jemand, der sie nicht kennt, sieht als erstes nur den Öko-Stil und ihre unkomplizierte Art - kurzum, man muss sie einfach gernhaben.
Oft mache ich mir Sorgen über ihre Zukunft im Buchladen, weil er im Moment nicht so gut läuft.
Wenn ich nur daran denke, den süßen Gaeton wiederzusehen, macht mein Gehirn Saltos und mein Herz pocht wie wild. Wir laden noch meine kleine Schwester ein und dann geht’s los. Während der Fahrt machen wir beide Spielchen. Zuerst erzählen wir uns Witze und zählen dann die Autos - wer da wohl drinnen sitzt? Und wo die wohl alle hinwollen? Wumm - Christina rempelt mich von der Seite an. „Der ist ja süß! Soll ich ihm zuwinken?“ „Nein, lieber nicht!“, kreische ich. „Och, manno… du Spaßbremse!“ Ich lache. „Hab' dich nicht so! Davon ist noch kein Mensch gestorben!“
Am Internat angekommen, öffnet Christina die Autotür so weit, dass ich einen Schrecken bekomme. Beim Hineingehen ist mein Herz so dolle durchblutet, dass mein Gesicht ganz bleich wird und ich besinne mich: Nur ruhig, er wird dich ja nicht auffressen und Antonia ist ja auch noch da!
Wir fahren hinein zum Aufzug und schließlich zu Frau Weiss in den ersten Stock. Ein hartnäckiges Klopfen an der Tür, dann bittet sie uns herein. „Guten Tag… Familie Prüm! Schön, dass du wieder da bist, Franziska! Du wirst hier eine gute Zeit haben! Bestimmt hattest du eine anstrengende Anreise und möchtest dein Zimmer sehen - komm, ich zeige es dir! Antonia hat vorgeschlagen, mit dir zusammen zu wohnen. Aber nun erzähl' mal: Wie heißt noch mal deine kleine Schwester?“ „Sie heißt Christina!“, rufe ich, während ich meiner Schulleiterin aufgeregt folge.
Ich freue mich so sehr auf das Zusammenwohnen mit Antonia!
Mein Einzug ins Internat
Ich packe inzwischen meine Klamotten aus, Christina sitzt auf dem Bett und schaut mir zu. Antonia kommt herein. „Hallo, wie geht´s dir? Hast du die Autofahrt gut überstanden?“ Da entdeckt sie Christina auf dem Bett „Nanu, wer bist du denn?“ „Ich bin Chrissi!“ gibt diese zurück „Das ist ja ein schöner Name“.
Meine kleine Schwester wendet sich an mich: „Du ich muss mal auf Toilette!“, Antonia schlägt vor: „Komm, ich zeig' sie dir. Dann kann Franziska noch in Ruhe auspacken.“ Zusammen gehen sie aus der Tür.
Ich schaue mich in meinem neuen Zimmer um. Es hat weiße Wände und hölzerne Möbel. Meine sind so ähnlich, wie die von Antonia. Da klopft es an der Tür und ich rufe: „Herein!“ Frau Weiss tritt in das Zimmer: „Ich sehe, du hast ja schon was ausgepackt! in einer Stunde gibt es Abendessen, sag' bitte Antonia Bescheid. Ach übrigens, deine Mutter kommt gleich! Sie ist auf dem Weg zu dir.“
Da kommt Mama schon herein und setzt sich auf die Bettkante und begutachtet das Zimmer mit einem zufriedenen Blick. „Du, Franziska, ich muss mit Christina gleich wieder fahren, du kommst doch ohne mich zurecht, oder?“ „Ja klar… ich werde dich trotzdem vermissen!“ „Ach, du schaffst das schon, da bin ich mir ganz sicher! “ In dem Moment kommt Chrissi herein. „Wann fahren wir denn nach Hause, Mama?“ „Gleich mein Schatz. Also, gib deiner großen Schwester noch ein Bussi!“
Da springt Christina auf den Rollstuhl und gibt mir noch einen Kuss. Auch Mama verabschiedet sich von mir. „Einen schönen Schultag wünsche ich dir morgen und viel Glück!“, sagt sie, als sie noch in der Tür steht. „Grüßt Papa und Francesco noch von mir!“, rufe ich ihnen nach. „Antonia, Frau Weiss hat gesagt, wir müssen in einer Stunde zum Essen kommen. Kannst du mir beim Auspacken der Kartons helfen? So schnell schaff ich das nicht alleine. Wir können auch Musik anmachen.“ „Aber klar doch, aber nicht so laut, sonst kommen die Zicken Suria, Loria und Viktoria und schreien das ganze Haus zusammen und beschweren sich bei Frau Weiss!“
Schnell sind die Kartons ausgepackt. Ich bin zufrieden, wie mein Zimmer jetzt aussieht. Ich habe meine Fotos aufgestellt und meine Lichterkette aufgehängt. Dann erzählt Antonia, was im Internat schon alles passiert ist und unterrichtet mich über die Jungs, Suria und Loria. Schnell ist eine Stunde um.
Neuer Alltag
Der Essensraum liegt im Erdgeschoss hinter dem Aufzug. Er ist sehr groß und schön dekoriert, hat einen dunklen Holzboden, orange Vorhänge und die Tische sind sehr groß und mit bunten Tischdecken bedeckt. Sie sind in hellen Farben gehalten, es sieht fast aus wie ein Himmel voller Regenbögen. Auf jedem Tisch steht eine Orchidee. An den Wänden befinden sich Kunstwerke der Internatler. Mir gefällt, was ich sehe und es macht mich plötzlich so froh.
Ich setze mich an den Tisch neben Antonia. Ein gutaussehender Typ, dem ich schon einmal begegnet bin, blickt zu mir herüber. Mein Gehirn rattert. Das ist doch Gaeton, oder? Ich gerate in eine Gedankenflut und mein Herz fängt ganz wild an zu pochen. Ich gucke schnell weg, als er zu mir sieht.
Heilfroh nehme ich endlich das Abendessen entgegen. Es gibt Nudeln mit Tomatensoße und Parmesankäse und es schmeckt fast so gut wie zuhause. Nach dem Essen albern wir darüber, wie ich mich beim Boxen zum Affen gemacht habe. Immer, wenn Antonia was zum