„Warum Hauptposchtamt?“
„Kann ich bei Ihnen Pakete nach Uganda verschicken, die noch bis Weihnachten ankommen?“
„Hör mal, Bürschle“, grummelt Schröder, „I lass mi net verarsche.“ Der Telefonlautsprecher knackt.
Schröder von der Poscht hat einfach aufgelegt. Verdammter Mist.
Karim haut sich auf die Schenkel und lacht.
„Das hast du toll gemacht“, sagt er.
„Warum nimmt mich eigentlich nie jemand ernst?“ Meine Eltern werden sogar von unserem Rektor ernst genommen, wenn sie betrunken über die Straße tanzen.
„Wir haben ja noch sechs Postfilialen, die wir durchtelefonieren können“, sagt Karim. „Lass mich mal machen.“
Er schnappt sich das Smartphone und tippt eine weitere Nummer an.
Als ich schon denke, dass niemand mehr drangehen wird, meldet sich eine Frauenstimme.
„Sabine Beck, Tabakshop im Kaufmarkt.“ Sie klingt, als wäre sie ziemlich außer Atem. Aber auf jeden Fall wirkt sie netter als Herr Schröder. Allerdings nützt uns das auch nichts, wenn sie gar nicht bei der Post arbeitet, sondern im Kaufmarkt.
„Guten Tag, Frau Beck“, sagt Karim und runzelt die Stirn. „Ich dachte, ich rufe bei der Postfiliale an?“
„Post machen wir hier auch.“
„Ach so, prima. Ich habe ihre Nummer aus dem Internet. Es klingt vielleicht etwas merkwürdig, aber ich suche nach einer Postfiliale, über die ich möglichst schnell Weihnachtspakete verschicken kann.“
„Verstehe“, sagt die Dame. „Zu Weihnachten bekommen wir sehr viele Pakete. Ich würde sagen, alle Pakete, die wir heute noch bekommen, kommen ganz bestimmt bis Heilig Abend an.“
„Das ist ja prima.“ Diesen säuselnden Tonfall hat Karim sonst nur, wenn er mit meiner Mutter redet. „Gilt das auch für Pakete, die ich ins Ausland schicken möchte?“
„Oh, ein Paket ins Ausland. Wohin genau?“
„Uganda.“
Einen Moment ist es still. Vielleicht beginnt Sabine Beck vom Tabakshop jetzt auch an der Ernsthaftigkeit des Anrufs zu zweifeln.
„Ich glaube nicht, dass das bis Weihnachten noch klappt“, sagt sie dann. „Warte mal.“ Im Hintergrund hört man, dass sie auf eine Tastatur tippt.
Schließlich meldet sie sich wieder. „Hier steht, dass es mit Premium-Tarif möglich ist, ein Paket innerhalb von fünf Tagen zuzustellen.“
Fünf Tage? Oh, Mist! So viel Zeit haben wir nicht.
„Haben Sie eine Idee, wie man das Paket schneller verschicken könnte? Vielleicht über ein anderes Postamt?“, fragt Karim.
„Tut mir leid. Ich kann mir vorstellen, wie wichtig es für dich ist. Aber du bist leider zu spät.“
„Gibt es wirklich keine Möglichkeit?“
„Deine Freunde freuen sich bestimmt auch noch später über das Geschenk. Meinst du nicht?“
„Vielen Dank. Und schöne Weihnachten“, sagt Karim.
„Schöne Weihnachten“, wünscht auch Sabine Beck.
„Immerhin war sie nett“, murmelt Karim. „Muss wohl an meinem Charme liegen.“
„Das nützt uns jetzt auch nichts.“ Ich lasse mich mit dem Schreibtischstuhl zurückrollen, bis ich gegen den Schrank knalle. „Oh Mann, was machen wir denn jetzt?“
Die einzige Idee, die ich habe, ist, dass wir im Internet nach anderen Paketzustellern suchen. Ich meine, hallo, wir leben im Zeitalter der Post-Globalisierung, wie mein Vater immer sagt. Irgendeine Möglichkeit muss es doch geben, diese Pakete bis Weihnachten nach Afrika zu bringen.
„Satz mit X“, sagt Karim, nachdem wir uns eine Stunde durch Versandbedingungen verschiedener Paketzusteller im Internet gelesen haben. „Das wird nix mehr.“
„Ich hab aber dem Oberst versprochen, dass ich mich um die Pakete kümmere.“
„Du kannst ja mal beim Weihnachtsmann anrufen. Vielleicht fliegt er zufällig nach Uganda.“ Karim streckt mir die Zunge raus.
„Mensch, Karim, du bist genial!“, rufe ich. „Der Bundespräsident kann unsere Pakete mitnehmen.“ Und bevor mich Karim für total durchgedreht hält, ziehe ich mein Smartphone hervor und zeige ihm den Artikel aus der Monalena.
„Da gibt es nur ein Problem. Oder zwei oder drei Probleme“, sagt Karim, nachdem er den Artikel gelesen hat. „Erstens: Der Bundespräsident ist in Berlin und wir sind hier. Zweitens: Selbst wenn wir in Berlin wären, würden wir nicht an den Präsidenten herankommen, um ihm die Sache mit den Paketen zu verklickern. Und drittens gibt es bestimmt Sicherheitsbestimmungen, dass er kein fremdes Gepäck transportieren darf oder so.“
„Mann, Karim, jetzt sei doch nicht so negativ“, gebe ich zurück. „Erstens müssen wir nach Berlin fahren. Und … und über zweitens und drittens machen wir uns Gedanken, wenn wir erst einmal in Berlin sind. Es gibt kein Problem ohne Lösung, sagt mein Vater immer.“
„Dir ist das wirklich ernst? Du willst das unbedingt durchziehen?“
„Auf jeden Fall. Du hast doch Pawlowka gestern gehört: Alle halten uns für die totalen Loser. Wir sind die, die sich angeblich für nichts interessieren. Das ist unsere Chance, ihnen zu beweisen, was wir auf dem Kasten haben.“
Erst als ich es gesagt habe, wird mir klar, dass es ein kluger Schachzug war, Pawlowka ins Spiel zu bringen. Karim hat den Köder jedenfalls geschluckt. Plötzlich ist er Feuer und Flamme für unsere Weihnachtspaketmission.
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