Para - Das Schicksal liegt in euren Händen.... Zeraphina Cloud. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Zeraphina Cloud
Издательство: Readbox publishing GmbH
Серия: Para
Жанр произведения: Учебная литература
Год издания: 0
isbn: 9783347063846
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      „Du bist eingeschlafen? Wirklich?“ Und dann gab es für die nächsten zwei Minuten kein Halten mehr.

      Nex seufzte genervt.

      „Liah, bitte reiß dich zusammen! Ich muss dir was Wichtiges erzählen und du fängst einfach an zu lachen…“ Da gackerte sie noch mehr los. Ihr Bruder rollte mit den Augen, verschränkte die Arme vor der Brust und wartete ungeduldig, bis Liah sich wieder einigermaßen beruhigt hatte.

      „Okay, tut mir leid, aber wie du das mit dem Einschlafen gesagt hast, war einfach zu lustig!“

      Nex konnte sich nicht im Geringsten vorstellen, was daran so witzig sein sollte, aber das war jetzt auch nicht so wichtig. Also zwinkerte er ihr bloß zu und sprach weiter.

      „Bevor ich wieder zurückgekommen bin, sind Glina und ich auf ein paar interessante Sachen gestoßen, und da hatten wir folgende Idee: Wenn wir beide das nächste Mal in Para sind, dann müssen wir wieder in diesen Wald hinter der Villa und zu der Ruine gehen, wo ich diese Mauer gefunden habe, weißt du noch?“ Seine Schwester nickte und machte dabei ein nachdenkliches Gesicht.

      „Aber warum denn?“

      Nex holte tief Luft.

      „Das erkläre ich dir am besten, wenn wir da sind. Das ist… ein bisschen schwierig, okay?“

      Liah sah enttäuscht aus.

      „Oh, okay. Und was ist mit der Uhr?“

      Nex zwang sich zu einem aufmunternden Lächeln.

      „Laut dem Buch gibt es die Taschenuhr und einen Schlüssel. Wenn man beides besitzt, kann man nach Belieben zwischen den Welten wechseln und sich sogar eine Gabe aneignen, obwohl man kein Wechsler ist.“

      Das Mädchen bekam große Augen.

      „Heißt das, dass die beiden jetzt sind wie wir?“

      Da musste Nex grinsen. Wenigstens hatten sich jetzt zwei seiner Fragen geklärt.

      „Ähm, Nex? Was ist denn so komisch?“

      Sein Grinsen wurde breiter.

      „Tja, weißt du… Die beiden sind nicht wie wir. Ist dir auch schon aufgefallen, dass sie nicht mehr hier aufgetaucht sind?“ Liah nickte langsam. Ihr Bruder nahm eine triumphierende Haltung ein.

      „Genau, das sind sie nicht. Und das bedeutet, dass sie den Schlüssel nicht haben.“ Er zog die Augenbrauen in die Höhe und sah seine Schwester erwartungsvoll an, aber sie schien nicht zu wissen, was er wollte. Gut, dann eben nicht. Ich dachte nur, dass es logisch ist. Er seufzte.

      „Was ich damit sagen will: Die beiden sind in Para gefangen! Sie können nicht weg, weil sie nicht den Schlüssel haben, um wechseln zu können. Und das wiederum heißt, dass wir den Schlüssel als erstes finden müssen, um zu verhindern, dass sie zu so etwas Ähnlichem wie Wechsler werden.“ Er zwinkerte ihr zu und jetzt musste auch Liah grinsen.

      „Also halten wir sie auf?“, fragte sie aufgeregt und ihr Bruder nickte. Das Mädchen streckte ihm den kleinen Finger entgegen.

      „Versprochen?“

      Nex erwiderte die Geste.

      „Versprochen.“

      Nex war wieder in Para. Es war Nacht und nass, die Straßenlaternen gaben ein flackerndes Licht ab. Herz und Atem rasten, während er die düsteren Straßen entlangrannte. Er kämpfte wieder den gleichen, aussichtslosen Kampf gegen die Männer. Er schlug sich bis zu jenem stockfinsteren Haus durch, entkam über eine versteckte Treppe und sprintete zur Hauptstraße, wo er rechts abbog. Mittlerweile hatte der Regen stark zugenommen und Nex war völlig durchnässt. Er hatte unglaubliche Angst. Wann hatte er sich zum letzten Mal so gefürchtet? Jeder seiner Gedanken führte ihn zu Liah oder Gelbauge. Ob Liah in Sicherheit war? Er hatte sie versteckt, aber wenn sie sie finden sollten, würde er nichts tun können…

      Er erreichte eine Kreuzung und zögerte. Irgendwie kam ihm das bekannt vor, aber das half ihm nicht. Welche Richtung sollte er wählen?

      Er wandte sich nach rechts, doch dann entschied er sich um und bog nach links ab. Immer wieder trat er in Pfützen, während die Rufe hinter ihm lauter wurden. Seine Handflächen schwitzten. Er wollte hier weg. Er wollte nach Hause. Nur gab es das nicht mehr…

      Plötzlich hörte er ein Geräusch. Nex drehte sich um, aber es war zu spät. Im Licht einer Laterne blitzte etwas auf und kurz darauf spürte er einen scharfen Schmerz in seiner Seite. Nex war vollkommen schockiert. Als nächstes tauchte das Gesicht eines Mannes vor ihm auf und grinste ihn boshaft an.

      „Das war´s für dich, du kleiner M***!“, knurrte er, dann lag er auch schon auf dem Boden, nachdem Nex ihm einen Kinnhaken verpasst hatte. Der Junge stolperte paar Schritte zur Seite, dann brach er stöhnend zusammen. Seine rechte Hand umfasste den Griff des Messers, das in seiner Seite steckte. Der Schmerz war unbeschreiblich. Er versuchte es herauszuziehen, aber ihm fehlte die Kraft. Liah. Sein Kopf dröhnte. Eine letzte Schmerzwelle, dann wurde alles schwarz und es war vorbei.

      Mit einem Schrei fuhr Nex hoch und fasste sich dabei an die rechte Seite. Sein Herz raste und der Schweiß lief an ihm herab. Keuchend saß er in seinem Bett, im Zimmer war es dunkel. Es dauerte einige Augenblicke, bis er sich wieder beruhigt hatte. Oh Mann, schon wieder ein Albtraum. Würde das denn nie aufhören? Seine Hände zitterten. Irgendwie hatte er bei diesen Träumen den Eindruck, dass sie von Mal zu Mal realistischer wirkten. Und er hatte kein gutes Gefühl bei dieser Sache…

      Er atmete tief durch, stand auf und lief leise zu seinem Tisch. Er hatte sich all seine Träume als eine Art Plan aufgezeichnet. Jetzt fügte er bei der Stelle „KREUZUNG“ einen Pfeil hinzu, der nach links führte. Dort schrieb er noch „GESCHEITERT“ dazu. Erneutes Durchatmen. Frustriert fuhr er sich durchs Haar, dann stützte er seinen Kopf ab. „Ich halte das langsam nicht mehr aus“, flüsterte er, dann ging er wieder ins Bett.

      Zum Glück gehörte er zu diesen Leuten, die fast sofort einschliefen, aber noch bevor er in seinen Träumen versunken war, wurde er sich der drohenden Kopfschmerzen bewusst. Er konnte nur hoffen, dass er davon verschont wurde.

      Mit einer heißen Tasse Kaffee in der Hand setzte Handix sich an den Tisch und wartete auf die Kinder.

      Er konnte immer noch nicht fassen, dass er versagt hatte. Er hatte Mandi versprochen, dass er auf die Kinder aufpassen würde, und was war passiert? Nex hatte sich mit zwei gefährlichen Männern angelegt, sich mit einem von ihnen geprügelt, und zu allem Überfluss wäre er einige Tage zuvor beinahe erschossen worden! Nein, er hatte sich wirklich nicht als guter Onkel erwiesen. Jetzt hatte er eine ganze Welt verraten, die Nex und Liah nun beschützen mussten.

      Handix nahm einen Schluck und warf einen Blick in den Flur. Er konnte sich nur zu gut daran erinnern, wie er Nex dort hatte stehen sehen. Der Junge hatte sich einen Plan zurechtgelegt, um jemandem zu helfen, der ihn sieben Jahre lang ignoriert hatte. Handix wusste, wie wütend sein Neffe auf ihn war, das hatte er vom ersten Augenblick an gemerkt. Ihm war klar, dass er das verdient hatte, aber irgendwie (und das wollte er sich nicht eingestehen) hatte er gehofft, dort weitermachen zu können, wo sie aufgehört hatten. Natürlich war das nicht der Fall. Was hatte er auch erwartet? Der Mann schüttelte den Kopf und nahm noch einen Schluck. Das Ticken der Küchenuhr erfüllte die Stille.

      Dann endlich hörte er Schritte aus dem Flur kommen. Die Kinder waren wach, gut. Handix wollte gar nicht wissen, wie es wohl sein würde, wenn er einmal nach oben gehen und die beiden wecken musste. Das brachte ihn auf den Gedanken, dass Mandi und er nie Kinder bekommen hatten.

      Als erstes tauchte Liah in der Küche auf. Sie sah unglaublich zerbrechlich aus, so dünn, wie sie war, aber sie hatte stets riesigen Hunger und aß alles, was ihr schmeckte. Manchmal erinnerte sie ihn an Mandi. Diese übermäßig gute Laune und der Tatendrang, die Neugier, die Offenheit… Es fehlten nur noch die braunen Haare und diese wunderschönen Augen…

      Als Nex eintrat, wurde Handix jäh aus seinen Gedanken gerissen. Der Junge sah immer noch verprügelt aus, weil der Bluterguss nicht weggehen wollte, aber