Jetzt bin ich mir fast sicher, von welcher Art Gewerbe er spricht; illegal ist es zwar nicht, aber eindeutig pikant. Er zückt einen Dumont-Füller und setzt seine geschwungene Unterschrift unter den Vertrag. Ich bin überrascht, dass er nicht einmal versucht hat, den Preis zu drücken. Er muss einen Haufen Geld mit seinem »Gewerbe« verdienen, sodass es ihm egal ist, wie viel er für das Grundstück zahlt. Schon seine Kleidung und der teure Wagen vor dem Haus sprechen dafür.
Auf dem Weg nach draußen kommt mir immer wieder der Gedanke: Warum hat er sich für unser Maklerbüro entschieden und nicht für eines der großen? Diskretion, was sonst, und doch kann ich mir die Frage nicht verkneifen.
»Mister West? Ich hätte da noch eine Frage«, spreche ich ihn an.
Er dreht den Kopf zu mir und hebt eine Augenbraue. »Bitte, fragen Sie.«
»Wie sind Sie auf unser Maklerbüro gekommen?«
Wieder lässt er eine Reihe weißer Zähne aufblitzen.
»Jay Edwards hat mich an Sie verwiesen.«
Ich muss kurz schlucken und hätte fast losgehustet.
»J. Edwards?«
»Ein Bekannter von mir«, setzt er noch hinzu.
Aber bevor ich noch etwas darauf erwidern kann, steigt er schon in seinen Sportwagen und zwinkert mir zu, dann gibt er Gas und ich bleibe am Straßenrand zurück. Was war das gerade? Scheiße, wie kommt J. Edwards dazu, unser Maklerbüro zu empfehlen? Ich komme mir vor, als wäre ich im falschen Film.
Als ich in meinen Wagen steigen will, kündigt sich wieder eine Nachricht an. Sie ist von Jay.
Neunzehn Uhr bei dir? Ich hole dich ab.
J.
Ich setze mich ins Auto, bestätige ihm seine Nachricht und teile ihm noch meine Adresse mit.
Auf dem Weg zum Büro zermartere ich mir unentwegt den Kopf darüber, warum gerade unser größter Konkurrent uns den Kunden zugeschustert hat, noch dazu einen Bekannten. Aber ich finde keine Erklärung dafür. Er hätte den Abschluss ohne Weiteres selbst tätigen können.
Womöglich ist etwas mit dem Auftrag nicht in Ordnung. Oder Mister West ist in dubiose Geschäfte verwickelt. Geldwäsche!, kommt mir sofort in den Sinn. Ich sollte mir dringend seine Daten anschauen und auf die Überweisung der Anzahlung bestehen. Oder will dieser aufgeblasene J. Edwards vielleicht nichts mit Zuhältern zu tun haben? Und dann fällt es mir wie Schuppen von den Augen. Natürlich, J. Edwards, dieser Mistkerl, sitzt wahrscheinlich gerade in seinem Büro und amüsiert sich über mich. Er wusste ganz genau, wer Mister West ist und für welche Zwecke dieses Grundstück genutzt werden soll.
Aber warum rege ich mich überhaupt darüber auf? Unser Maklerbüro war nur für den Verkauf zuständig. Er hat den Vertrag unterzeichnet, alles andere kann mir egal sein, solange die Zahlung erfolgt. Hin- und hergerissen zwischen Glücksgefühl und einem unguten Empfinden in der Magengegend sehe ich einen freien Parkplatz gegenüber dem Bürokomplex. Ich überquere die Straße und betrete das Gebäude.
Zügig gehe ich die Treppe nach. Ich bin viel zu aufgewühlt, um auf den Aufzug zu warten. Ich kann es kaum erwarten, meinem Chef die Nachricht unter die Nase zu reiben. Oben angekommen stoße ich die Glastür zu den Büroräumen auf, werfe meine Jacke über den Kleiderständer und will schon ins Büro von Mister Fullerton laufen, als Jessy mich auf dem Gang vor der Teeküche abfängt.
»Hey, Sunday, was ist denn los? Sag jetzt nicht, er hat bereits unterschrieben«, fragt sie erwartungsvoll. Ich lege meine Hände auf ihre Oberarme und strahle sie an. Ich platze fast vor Freunde.
»Du wirst es nicht glauben, aber ich habe das Watson-Anwesen verkauft«, sprudele ich heraus.
»Ich hab’s doch gewusst!« Dabei entgleitet ihr ein kleiner kurzer Schrei der Freude.
»Ich muss es gleich dem Alten sagen. Ist er da drin?« Ich deute auf sein Büro.
»Ja, aber du kannst jetzt nicht rein. Er hat Besuch. Ein irrer Typ von einem Mann sitzt bei ihm. Wenn ich nur wüsste, worüber die beiden sich unterhalten. Der Alte hat so geheimnisvoll getan und jedem strikt untersagt, ihn bei seiner Besprechung zu stören.«
»Macht nichts. Auf jeden Fall bin ich vom Haken.«
»Das kannst du laut sagen. Auf sein Gesicht bin ich gespannt.«
»Der Käufer kam zwar etwas dubios rüber. Aber ...«
»Was meinst du damit?«
Ich zucke die Achseln. »Als ich ihn danach fragte, was er mit dem Grundstück vorhat, waren seine Antworten sehr einsilbig.«
»Vielleicht ist er ein verschlossener Mensch«, sinniert Jessy.
»Das Beste kommt erst noch.«
Sie zieht fragend die Augenbraue hoch. »Was meinst du?«
»Als ich ihn fragte, wie er auf unser Maklerbüro gekommen ist, antwortete er mir, er hätte die Empfehlung von J. Edwards.«
»Nein! Wieso sollte Edwards einen Kunden an uns weiterempfehlen, wenn er selbst die Kohle einstecken kann? Das verstehe ich nicht. Gerade bei so einem teuren Objekt.«
»Ganz genau. Aber mir kann es ja eigentlich egal sein, was dieser Mister West mit dem Haus vorhat.«
»Wir werden es schon noch herausbekommen.« Wieder gleitet Jessys Blick zur Tür des Chefs.
»Was meinst du? Ob er ihn einstellt?«
»Wen?«
»Na, den Wahnsinns-Typen, der da in seinem Büro sitzt. Ich werde keines klaren Gedankens mehr fähig sein, wenn er mir am Schreibtisch gegenübersitzt«, schwärmt sie mir vor. »Obwohl, eigentlich macht er nicht den Eindruck, als würde er hier anfangen zu arbeiten. Er hat sicher selbst eine Firma.«
»Ich wusste nicht mal, dass Fullerton wieder jemanden einstellen will.«
Jessy zuckt nur mit den Schultern.
»Wir werden es erfahren, oder auch nicht«, fahre ich fort. »Mir kann es gleich sein. Von meiner Provision werde ich Elijah etwas abgeben, damit er seinen Teilhaber schnellstens auszahlen kann. Und dann besorge ich mir ein paar neue Dinge für die Wohnung. Ich habe Ende der Woche einen Termin zur Besichtigung.«
Jessy schüttelt sprachlos den Kopf. »Du bist einfach zu gut für diese Welt. Denkst immer erst an die anderen, bevor du dir selbst mal einen Spaß gönnst.«
»Kann sein, aber Elijah war für mich wie ein Fels in der Brandung, als ich die Sache mit Sean herausbekommen habe.«
»Solche Freunde wie dich findet man nur ganz selten. Du bist ein Unikat.«
Ich lächle sie dankbar an.
»Sorry, aber wenn ich jetzt nicht sofort auf Toilette verschwinde, geschieht ein Unglück.«
Ich lasse sie im Gang stehen und eile zu den Waschräumen. Die Stimmen in Fullertons Büro werden lauter, ein Zeichen, dass seine Besprechung zu Ende ist und er gleich die Tür öffnen wird, um seinen Besuch zu verabschieden. Aber davon bekomme ich nichts mehr mit.
8 – Jay
Fullerton hat Probleme. Hohe Steuerschulden, die er zurückzahlen muss. Er steckt schwer in der Klemme. Wenn er das Geld nicht bald auftreibt, sitzt er schneller im Knast, als er Piep sagen kann. Das werde ich zu meinem Vorteil nutzen, zu meinem und Sundays.
Als mir Gerald Smith so ganz nebenbei auf dem Golfplatz von Fullertons Problemen erzählte, musste er natürlich davon ausgehen, dass ich darüber Bescheid wusste. Ich habe ihn einfach in dem Glauben gelassen und mir so die erforderlichen Informationen zunutze gemacht. Der Rest war einfach. Da ich wusste, bei welcher Bank Fullerton seine Konten hat, habe ich kurzerhand einen Freund