Als sie unter meinem Kuss sämtliche Anspannung verloren hatte, war ich mir meiner Sache völlig sicher: Sunday ist genau die richtige Frau. Sie wird sich mir hingeben. Doch noch habe ich Bedenken. Mein Vorschlag war klar und deutlich und sie hat nicht fluchtartig den Raum verlassen oder mir eine geschmiert für meine Unverfrorenheit. Ich habe ihr eine Beziehung vorgeschlagen, die nichts anderes als eine Vereinbarung über Sex, Leidenschaft und Verlangen ist.
»Jay?«, dringt die dunkle Stimme von Ash an mein Ohr. Wie aus einer Trance erwacht, blicke ich auf. Mein Freund steht in der Tür und runzelt fragend die Stirn.
»Was hast du mit der Kleinen angestellt? Die war ja völlig aus dem Häuschen, als sie gerade aus dem Club gerauscht ist. Du hast es ihr besorgt. Hier in diesem Büro.«
»Da muss ich dich leider enttäuschen. Ich habe gar nichts mit ihr angestellt. Zumindest noch nicht.«
»Erzähl mir doch nichts. Ich kenne dich besser, als dir lieb ist. Wann triffst du sie wieder?«
Ich zucke die Achseln. »Mal schauen.«
»Also, auf mich hat sie nicht den Eindruck gemacht, als würde sie sich gerne auf Spielchen einlassen. Mensch, Jay, lass die Finger von ihr. Die Kleine ist nichts für dich«, warnt Ash mich.
Wie sehr er sich doch täuscht. Sie ist genau die Frau, die ich will, die mich brennen lässt wie schon lange nicht mehr. Nur muss ich es langsam angehen, ihr Zeit geben, sich auf mein Leben und meine Vorlieben einzulassen, und auf meine wahre Identität. Letzteres stellt das viel größere Problem dar.
Wie kann ich ihr jetzt noch sagen, dass ich kein anderer bin, als dieser aufgeblasene Macho J. Edwards, den sie so sehr hasst?
»Stell dir vor, sie ist Immobilienmaklerin«, dabei kann ich mir ein Grinsen nicht verkneifen.
»Soso, sie ist also in der gleichen Branche wie du.«
»Das weiß sie aber nicht.«
»Warum denn nicht?«
Ich schüttle belustigt den Kopf und blicke zur Decke, bevor ich Ash einweihe.
»Sie hasst J. Edwards«, eröffne ich meine Erklärung.
»Das sah mir aber ganz anders aus. Wieso sollte sie dich hassen? Hast du ihr nicht erst gestern aus einer prekären Situation herausgeholfen?«
»Sie hasst nicht mich als Person. Sie hasst J. Edwards, den Immobilienmakler. Ich bin ihr größter Konkurrent. Sie arbeitet für Fullerton. Ich habe dir von der Firma erzählt.«
Ash nickt.
»Seit der Seniorchef verstorben ist, geht es bei denen abwärts. Ich bin daran interessiert, den Laden zu übernehmen, solange es sich noch lohnt und der Preis attraktiv ist. Im Moment versuche ich, ihm immer einen Schritt voraus zu sein und die besten Stücke für mich herauszupicken.«
»Scheiße, und sie ahnt nicht, wer du in Wirklichkeit bist?«
Ich schüttle amüsiert den Kopf. »Sie hat keinen Schimmer.«
»Du bist ein verdammter Hund. Was versprichst du dir davon?«
Ich zucke mit den Achseln. »Sie zu ficken«, werfe ich in den Raum.
»Das ist mir schon klar. Und dann? Wenn du sie hattest? Wirst du sie fallen lassen?«
Bei diesen harten Worten verkrampft sich mein Magen. Das mag in der Vergangenheit nichts Ungewöhnliches gewesen sein. Aber nicht bei Sunday. Allein der Gedanke daran, ihr wehzutun, stimmt mich traurig. Ich habe keinen Plan, aber fallen lassen werde ich Sunday sicher nicht. Ich muss einfach abwarten, wie sich die Sache entwickelt, und ihr dann die Wahrheit schonend beibringen. Sich im jetzigen Stadium Gedanken darüber zu machen, ist sinnlos. Noch hat sie meinem Vorschlag nicht zugestimmt. Vielleicht sehe ich sie auch nie wieder. Obwohl das nicht zu vermeiden sein wird, sofern ich Fullerton die Firma abkaufe ...
»Wann willst du es ihr sagen?«
»Keine Ahnung.«
»Sie ist dir nicht gewachsen, Jay«, stellt Ash fest.
»Davon kannst du ausgehen. Sie ist noch nicht mal besonders schlagfertig. Ich würde sogar behaupten, dass sie niemals über Schmusesex hinausgekommen ist. Aber gerade das reizt mich an ihr. Ich will sie Schritt für Schritt in meine Welt einführen, sämtliche Emotionen aus ihr herauskitzeln, denn dass sie leidenschaftlich ist, davon bin ich überzeugt.«
»Wieso gerade sie? Das riecht nach Schwierigkeiten, Jay. Ich kann dir nur sagen, lass die Finger von ihr.«
»Niemals. Sie war die Frau, die mich gestern im Park beim Joggen mit ihrem Rennrad von der Strecke gefegt hat.«
Jetzt fängt Ash an zu lachen.»Du solltest der Kleinen lieber bald zeigen, was du mit kleinen Mädchen machst, die die Frechheit besitzen, dich beim Joggen mit dem Fahrrad zu überfahren, und ihr den Hintern versohlen.«
»Was glaubst du, was ich mit ihr vorhabe? Nur muss ich das langsam angehen.«
Jetzt wird Ash ernst. »Das war ein Witz. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie die Frau ist, die auf deinen speziellen Geschmack beim Sex steht. Und du glaubst wirklich, sie kommt wieder?«
»Wir werden sehen. Ich habe ihr die Entscheidung überlassen. Sie weiß, worauf was sie sich einlässt. Wenn sie tatsächlich wieder hier auftaucht, ist sie fällig.«
»Und wenn nicht?«
»Dann wird das Schicksal uns auch noch ein drittes Mal zusammenführen. Da bin ich mir sicher.«
Ashs Grinsen könnte teuflischer nicht sein. Er schüttelt nur belustigt den Kopf und wir verlassen das Büro.
Draußen laufen die Renovierungsarbeiten auf Hochtouren.
»Was ist mit Wyatt?«, will ich von Ash wissen, als wir durch den Kunststoffvorhang in den Barraum treten.
»Er hat heute Bereitschaftsdienst in der Klinik. Wir werden unser Gespräch auf morgen verschieben müssen. Aber soweit ich das hier überblicke, sollte es keine Verzögerungen geben. Der Club kann pünktlich eröffnet werden. Die Anzeigen in den Zeitungen sind alle geschaltet, und wenn ich mich nicht sehr täusche, sind wir für die Eröffnung bereits jetzt fast ausgebucht.«
»Sehr gut. Ich will am Tag nach der Eröffnung einen Artikel in der Zeitung lesen, der sich gewaschen hat.«
Ash nickt. »Das wirst du, Jay. Ich habe einige Reporter dazu bewegen können, hier aufzukreuzen, um entsprechende Artikel zu schreiben.«
»In deiner berühmten Art?«, flachse ich und schubse Ash leicht an.
»Du kennst meine Wirkung auf Frauen.« Dabei zieht Ash die Augenbrauen hoch.
»Ach, Reporterinnen also?!«
»Hast du etwas anderes erwartet?«
Jetzt bin ich es, der belustigt den Kopf schüttelt. Wir verlassen gut gelaunt den Club, Ash zufrieden, alles auf den Punkt organisiert zu haben, ich in hoffnungsvoller Erwartung, meinen Sonnenschein bald wiederzusehen.
Was heißt zu sehen – in meinen Händen soll sie zerfließen, unter meinen Berührungen in Ekstase meinen Namen schreien.
Warum geht mir diese Frau nicht mehr aus dem Kopf? Was ist so besonders an ihr, dass sich meine Gedanken immer wieder um sie drehen? Weil sie nicht mit wehenden Fahnen in meine Arme geflogen ist?
Bereits im Park war da diese elektrisch aufgeladene Spannung zwischen uns; ich bin sicher, etwas in ihr berührt zu haben. Ich müsste ein Vollidiot sein, wenn ich das nicht bemerkt hätte. Ich hatte Dutzende Frauen, aber keine von ihnen hat mich so beeindruckt, hat mein Herz schneller schlagen lassen und meine Sinne beherrscht.
Noch immer in Gedanken öffne ich die Fahrertür meines schnittigen Sportwagens, verabschiede mich von meinem Freund und fahre zum Park. Warum und was ich dort zu finden glaube, weiß ich selbst nicht.
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