Vom Beten. Ole Hallesby. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Ole Hallesby
Издательство: Bookwire
Серия: Klassiker des Glaubens
Жанр произведения: Документальная литература
Год издания: 0
isbn: 9783417227949
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Gebets: Es ist von Gott aus als das vertraulichste und festlichste Zusammensein zwischen Gott und dem Menschen gedacht.

      Sieh, wie gnädig das Gebet eingerichtet ist!

      Es bedeutet nichts weiter, als Jesus in unsere Not einschließen. Es bedeutet, Jesus Zugang geben, damit er seine Kraft für unsere Not gebrauchen kann. Es bedeutet, Jesus Gelegenheit geben, seinen Namen inmitten unserer Not zu verherrlichen.

      Der Erfolg des Gebets hängt darum nicht von der Kraft des Betens ab. Weder sein starker Wille noch ein brennendes Gefühl, noch seine klaren, durchdachten Gebetsgegenstände sind die Bedingungen für eine Gebetserhörung. Nein, Gott sei Dank, der Erfolg des Gebets ist nicht davon abhängig.

      Beten bedeutet nichts weiter, als Jesus Zugang zu uns gewähren, so dass er an unsere Not herankommen kann, und ihm erlauben, unsere Not zu teilen und sie zu überwinden, wenn seine Stunde gekommen ist.

      Er, der uns das Gebet gab, kennt uns sehr gut. Er weiß, woraus wir geschaffen sind, und denkt daran, dass wir Staub sind.

      Darum hat er das Gebet so eingerichtet, dass auch der Kraftloseste beten kann. Denn es bedeutet ja nur, sich für Jesus aufzuschließen. Dazu ist keine Kraft nötig. Das ist eine Sache des Willens. Ob wir Jesus zu unserer Not hineinlassen wollen, ist die einzige aber grundlegende Frage des Gebets.

      Als sich die Israeliten in der Wüste gegen den Herrn versündigt hatten, schickte er ihnen besonders giftige Schlangen. In dieser Not beugte sich das Volk und rief Gott um Gnade an. Und der Herr erbarmte sich über das widerspenstige Volk. Aber er nahm nicht die Schlangen hinweg, sondern ließ Mose eine kupferne Schlange mitten im Lager aufrichten, so dass alle sie sehen konnten. In seiner Gnade bestimmte er, dass die von Schlangen Gebissenen sich nur umzuwenden und auf die Kupferschlange hinzusehen brauchten, um auf der Stelle die Kraft zu bekommen, die sie von dem todbringenden Gift des Schlangenbisses heilen würde.

      Das war eine gnädige Anordnung. So konnten alle gerettet werden, wenn sie nur wollten.

      Hätte der Herr bestimmt, dass die Gebissenen sich zu der Kupferschlange hinschleppen sollten, um sie anzurühren, so wäre den meisten nicht geholfen worden; denn das Gift wirkte ja augenblicklich, so dass sie kaum mehr einige Schritte zu gehen vermochten. Aber es war nicht mehr nötig, als den Kopf zu wenden und die Kupferschlange anzusehen, um geheilt zu werden.

      Genauso hat der Herr in seiner Gnade auch für die im Neuen Bund von Schlangen Gebissenen Hilfe gewusst: »Wie Mose in der Wüste die Schlange erhöht hat, so muss der Menschensohn erhöht werden, damit alle, die an ihn glauben, das ewige Leben haben« (Joh. 3,14-15).

      In welche Not wir auch kommen, in Not der Seele oder des Leibes, wir brauchen nur unseren Blick auf ihn zu richten, der allezeit bereit ist, mit seiner heilenden Kraft das tödliche Gift der Sünden und ihre gefährlichen Folgen für Seele und Leib auf der Stelle zu überwinden.

      Beten bedeutet nicht mehr, als betend den Blick zu dem Erlöser zu erheben, der bereitsteht und anklopft, gerade durch unsere Not anklopft, um in unsere Not hineinzukommen, das Mahl mit uns zu halten und seinen Namen zu verherrlichen.

      Denken wir einmal an Menschen, die erkrankt sind. Die Ärzte verordnen ihnen den Aufenthalt in Sonne und frischer Luft, Sommer wie Winter. Dort liegen sie, bis die ständige Einwirkung der Luft und der Sonnenstrahlen zu einer Heilung geführt hat.

      Die Heilung beruht nicht auf ihrem Verständnis von der Wirkungsweise der Sonnenstrahlen und der frischen Luft. Sie beruht auch nicht auf ihren Gefühlen während der Kur, auch nicht auf ihrem Willen, indem sie sich anstrengen, gesund zu werden.

      Nein, gerade dann wirkt die Kur am besten, wenn sie sich ganz still und passiv verhalten, ohne Gedanken oder Willen anzustrengen. Die Heilung vollführt die Sonne. Die Kranken brauchen nichts weiter, als mit ihrer Krankheit in Luft und Sonnenschein zu bleiben.

      Genauso einfach ist das Gebet.

      Wir alle sind angefressen von der ätzenden Wirkung der Sünde, sind alle dem Tode geweihte Patienten, aber »die Sonne der Gerechtigkeit ist aufgegangen mit der Heilkraft ihrer Strahlen«. Zu einer Heilung für Zeit und Ewigkeit wird nicht mehr von uns verlangt, als daß wir uns von der Sonne der Gerechtigkeit treffen lassen und so in diesem Sonnenbad liegen bleiben.

      Beten bedeutet nichts anderes, als sich in die Sonne der Gnade legen, die Not seiner Seele und seines Leibes in diesem heiligen Licht ausbreiten, das mit seinen Wunder tuenden Kräften alle Bakterien der Sünde entkräftet. Ein Beter zu sein heißt, in einer Lichtkur sich befinden und Jesu wundertätige Kraft Tag und Nacht auf alle Not einwirken lassen. Christ sein bedeutet in Wahrheit, einen Platz an der Sonne bekommen haben!

      Ich möchte an einem Beispiel zeigen, wie einfach der Herr das Gebet eingerichtet hat:

      Der Gichtbrüchige, von dem in Markus 2 erzählt wird, hatte gute Freunde. Diese wussten, dass Jesus ihm helfen konnte. Und so trugen sie ihn vor das Haus, in dem Jesus war. Aber dort waren so viele Menschen, dass sie nicht hineinkommen konnten. Resolut trugen sie ihn auf das Dach, deckten es ab und ließen ihn gerade zu Jesu Füßen hinab.

      Ruhig standen diese Freunde da und warteten auf das entscheidende Wort von Jesus, das ihren kranken Freund auf der Stelle gesund machen sollte. Aber merkwürdigerweise kam dieses Wort nicht, sondern sie hörten ein anderes, entscheidendes Wort: »Mein Sohn, sei getrost, deine Sünden sind dir vergeben!«

      Es war also eine andere Bitte, die Jesus stärker ansprach. Das war die Bitte des Kranken um Vergebung seiner Sünden. Und doch hatte der Mann nicht ein einziges Wort zu Jesus gesagt. Er lag ganz still auf seinem Bett.

      Ich kann mir leicht denken, dass er dalag und nur Jesus ansah.

      Aber Jesus hörte dieses Gebet ohne Worte, das aus dem Herzen dieses kranken Mannes um Vergebung der Sünden schrie. Und Jesus erhörte erst dieses Gebet. Danach erhörte er auch das andere Gebet und machte den Kranken leiblich gesund.

      Das hilft uns, ein wenig tiefer in die Verborgenheit des Gebets zu schauen.

      Das Gebet geht tiefer als alle unsere Worte. Es lebt in der Seele, bevor wir es in Worte kleiden können. Und es bleibt wieder in der Seele, wenn das letzte Wort des Gebets über unsere Lippen gegangen ist.

      Das Gebet ist eine Beschaffenheit unseres Herzens, ein Gemütszustand. Beten ist eine ganz bestimmte Herzensstellung zu Gott, die er im Himmel sofort als einen Ruf vernimmt. Ob das in Worte geformt ist oder nicht, bedeutet für Gott nichts, wohl aber für uns.

      Welches ist die Beschaffenheit und die Haltung des Herzens, die Gott als Gebet erkennt? Ich will zwei Dinge nennen.

      1. Hilflosigkeit

      Hilflosigkeit ist fraglos das erste und sicherste Kennzeichen eines betenden Herzens. Soviel ich verstehe, ist das Gebet eigentlich für die Hilflosen eingerichtet. Es ist der letzte Ausweg der Hilflosen. Ja, wahrhaftig, der letzte Ausweg. Wir versuchen alles, bevor wir endlich den Weg des Betens gehen.

      Nicht nur vor der Bekehrung ist das so. Unser ganzes Christenleben hindurch ist das Beten unser letzter Ausweg. Ich weiß wohl, dass wir oft schöne Gebete sprechen, privat und öffentlich, ohne dass uns die Hilflosigkeit treibt. Aber ich bin nicht sicher, ob das Gebete sind.

      Beten und Hilflosigkeit gehören unlöslich zusammen. Es sind sicher nur die Hilflosen, die beten können.

      Höre du zu, der du oft so hilflos bist, dass du nicht weißt, was du tun sollst. Manchmal verstehst du nicht einmal zu beten. Dein Herz ist so voller Sünden und Unreinheit; alle deine Interessen sind von dem erfüllt, was die Bibel Welt nennt. Gott, das Ewige und das Heilige sind dir so fern und so fremd, dass du es als eine doppelte Sünde empfindest, dich Gott mit einem solchen Gemüt nahen zu wollen. Ab und zu fragst du dich selbst: »Will ich denn wirklich los werden von diesem lauen Sinn und diesem weltlichen Leben? Sind die Lauheit und Halbheit meines Christenlebens nicht eine Frage davon, dass ich es im tiefsten Grunde meines Herzens gar nicht anders haben will?«

      So streitet die redliche Seele gegen ihre eingeborene Unredlichkeit und fühlt sich so hilflos verloren,