Die Friedensbewegung weiß, dass man mit 600 Milliarden Dollar pro Jahr viel Gutes bewirken könnte. Statt in Krieg und Waffen könnte das Geld in Bildung und Aufklärung über Kriegsursachen fließen, oder in den Ausbau der erneuerbaren Energien, oder in Projekte, um das Plastik aus den Meeren zu holen, oder zur Linderung des Hungers in armen Ländern, oder in alternative Medien, die Kriegslügen aufdecken, oder in die Bewältigung von Angst und Trauma, oder in Achtsamkeits-Seminare. All diese Investitionen würden den Frieden und eine intakte Umwelt stärken und wären ein wertvoller Beitrag für eine enkelgerechte Welt. Gerade für junge Menschen ist es eine Gewissensnot zu sehen, dass tausende Menschen täglich an Hunger sterben, obgleich dieser »mit einem kleinen Teil der Mittel behoben werden könnte, die für immer noch mehr militärische Aufwendungen in Anspruch genommen werden«, so der frühere deutsche Bundeskanzler Willy Brandt; dies sei »organisierter Wahnsinn«.25
Aber das Geld fließt noch immer in die falsche Richtung. Immer wieder erhalten dieselben Rüstungskonzerne den Zuschlag, obwohl sie die Waffensysteme selten zum abgemachten Zeitpunkt liefern, und auch nicht zu den Kosten und dem Leistungsumfang, der versprochen wurde. Auch Präsident Donald Trump erhöhte die Militärausgaben. Gemäß dem Stockholmer Friedensforschungsinstitut SIPRI lagen die US-Militärausgaben im Jahr 2018 bei 649 Milliarden Dollar. Die USA gaben mehr Geld fürs Militär aus als die nächsten acht Länder auf der Top-Ten-Liste zusammen. Auf Platz zwei folgte China mit 250 Milliarden Dollar. Danach Saudi-Arabien mit 68 Milliarden Dollar, gefolgt von Indien mit 67 Milliarden Dollar und Frankreich mit 64 Milliarden Dollar. Russland auf Platz sechs gab im selben Jahr 61 Millilarden und damit nur gut ein Zehntel so viel aus wie die USA. Auf den weiteren Plätzen folgten Großbritannien und Deutschland mit je 50 Milliarden Dollar pro Jahr. Derzeit wird Deutschland von den USA bedrängt, die Militärausgaben in den kommenden Jahren auf 80 Milliarden pro Jahr zu erhöhen, was die Steuerzahler enorm belasten würde.26
Grafik 2: Die zehn Länder mit den weltweit höchsten Militärausgaben (2018).
Eine Trendwende ist nicht in Sicht. Präsident Donald Trump erhöhte das Pentagon-Budget für das Jahr 2019 erstmals auf 716 Milliarden Dollar. Dies entspricht fast 2 Milliarden Dollar pro Tag. »Wie der Himmel, die Erde und das Meer ist der Weltraum zum Schlachtfeld geworden«, erklärte Trump bei der Unterzeichnung des Budgets auf einer Militärbasis im Bundesstaat New York. Um die Vorherrschaft im Weltraum für die USA zu sichern, seien entsprechend hohe Militärausgaben notwendig. Das Pentagon und der militärisch-industrielle Komplex waren begeistert. Als Trump am 17. Januar 2019 im Pentagon weitere Rüstungsausgaben versprach, erhielt er tosenden Applaus. »Sie machen das nur, weil ich Ihnen das größte und umfassendste Militärbudget in unserer ganzen Geschichte gegeben habe«, erwiderte Trump, als er sich für den Applaus der Militärs bedankte.27 Im Dezember 2019 stimmte sowohl die Mehrheit der Demokraten wie auch der Republikaner im Senat und im Repräsentantenhaus einer nochmaligen Erhöhung der Militärausgaben auf 738 Millarden Dollar für das Jahr 2020 zu. Nie zuvor in ihrer Geschichte haben die USA mehr Geld für Krieg und Rüstung ausgegeben.
Kritiker des militärisch-industriellen Komplexes haben die enorm hohen US-Rüstungsausgaben wiederholt angeprangert. Der Republikaner David Stockman, der von 1977 bis 1981 den Bundesstaat Michigan im US-Repräsentantenhaus vertrat, bezeichnet den militärisch-industriellen Komplex in Washington als den »Sumpf«. Ein reduziertes Militärbudget von 250 Milliarden Dollar pro Jahr reiche, um die USA zu verteidigen, so Stockman, mehr brauche es nicht. Doch der Sumpf in Washington, bestehend aus »Waffenhändlern, Geheimdienstmitarbeitern, Bürokraten für nationale Sicherheit, NGOs, Denkfabriken, Lobbyisten und Rechtsanwälten«, wolle keine Sparrunde. »Es ist ganz klar, dass die Befürworter des Imperiums wollen, dass dieser fahrende Zug nicht anhält«, so Stockman. »Daher werden stets Bedrohungen für das amerikanische Land erfunden und übertrieben. Zudem werden scheußliche Kriege gegen weit entfernte Länder vom Zaun gebrochen, um die globale Hegemonie von Washington abzusichern.«28
Lockheed Martin ist der größte Rüstungskonzern der Welt
Weil die USA mit Abstand die höchsten Militärausgaben haben, erstaunt es nicht, dass die größten Rüstungskonzerne ihren Hauptsitz in den USA haben. US-Rüstungskonzerne profitieren vom großen Heimatmarkt. Die Rüstungsunternehmen sind in allen Bundesstaaten vertreten, weil die Kongressabgeordneten nur dann für ein neues Rüstungsprogramm stimmen, wenn ihr Wahlkreis Aufträge erhält.
Das Stockholmer Friedensforschungsinstitut SIPRI publiziert jedes Jahr eine Liste mit den 100 größten Rüstungskonzernen der Welt. Diese zeigt, dass 42 oder fast die Hälfte der größten Rüstungskonzerne der Welt ihren Hauptsitz in den USA haben. Diese US-Rüstungsgiganten haben im Jahr 2017, mit einem Umsatz von 226 Milliarden Dollar, 57 Prozent aller Waffenverkäufe der 100 größten Waffenkonzerne abgewickelt. Insgesamt hatten die 100 größten Rüstungskonzerne der Welt im untersuchten Jahr fast 400 Milliarden Dollar mit dem Verkauf von Waffen eingenommen. Krieg ist ein Geschäft. Und kein anderes Land der Welt dominiert den globalen Waffenhandel so stark wie die USA. »Die US-Unternehmen profitieren direkt von der anhaltenden Nachfrage des US-Verteidigungsministeriums nach Waffen«, kommentiert SIPRI-Expertin Aude Fleurant.29
Der mit Abstand größte Waffenhersteller der Welt ist der US-Rüstungsgigant Lockheed Martin mit 100000 Angestellten und Waffenverkäufen im Wert von 45 Milliarden Dollar im Jahr 2017. Auf Platz zwei folgte der US-Flugzeugbauer Boeing, der mit über 140000 Mitarbeitern Waffen im Wert von 26 Milliarden Dollar verkauft hat. Der US-Konzern Raytheon mit über 60000 Mitarbeitern lag mit Waffenverkäufen im Wert von 23 Milliarden Dollar auf Platz drei der Liste. Die Medaillien Gold, Silber und Bronze gingen also beim Ranking der weltweit größten Rüstungskonzerne im Jahr 2017 alle an die USA, wie schon in den Jahren zuvor. Auf Platz vier folgte der größte europäische Rüstungskonzern BAE Systems aus Großbritannien mit Verkäufen im Umfang von 23 Milliarden. Auf den Plätzen fünf und sechs der größten Rüstungskonzerne der Welt folgten mit Northrop Grumman (22 Milliarden) und General Dynamics (19 Milliarden) wieder US-Konzerne.30
Die Dominanz der US-Rüstungskonzerne in den Top 100 ist erdrückend. Zum Vergleich: Rüstungsfirmen aus Deutschland hatten im selben Jahr nur einen Anteil von 2 Prozent am globalen Waffengeschäft der hundert größten Konzerne. Die größten deutschen Rüstungskonzerne waren, gemessen am Umsatz, Rheinmetall (Platz 25), Thyssen-Krupp (Platz 53), Krauss-Maffei Wegmann (Platz 56) und Hensoldt (Platz 74). Vor allem der Panzerbauer Krauss-Maffei Wegmann konnte seinen Umsatz steigern. »Neben Lieferungen an die Bundeswehr stecken hinter dieser Zahl vor allem Waffenexporte nach Katar«, kommentierte die TAZ. Aus der Schweiz zählte nur der Rüstungskonzern RUAG (Platz 95) zu den 100 weltweit größten Rüstungskonzernen. Insgesamt verkauften die USA und die europäischen Staaten am meisten Waffen. Dieselben Staaten sind auch die Zielländer für Flüchtlinge, obschon dieser Zusammenhang selten diskutiert wird.31
Die USA sind eine Atommacht
Das vermutlich bekannteste Produkt der US-Rüstungsindustrie ist die zerstörerische Atombombe. Unter dem Codenamen »Dreifaltigkeit« (Trinity) wurde am 16. Juli 1945 im US-Bundesstaat New Mexiko vom US-Militär erstmals in der Menschheitsgeschichte eine Atombombe gezündet. Der Test zeigte, dass mit einer Atombombe eine unglaublich große