Es ist schon viel passiert.
Elisabeth
Mach für einen Moment die Augen zu.
Asta
Was.
Elisabeth
Ich würd dich gern auf die Lider küssen.
Asta
Hör mal zu Honigbär.
Du küsst mich nirgendwohin.
Ich muss arbeiten. Es gibt Gäste hier.
Hardy
Jetzt weiß ich woher ich dich kenn.
Elisabeth
Wen. Mich.
Hardy
Klar. Dich.
Elisabeth
Asta
Asta
Ja.
Elisabeth
Du hast Gäste.
Asta
Was.
Elisabeth
Ich würd das Gespräch gern von vorne beginnen.
Hanno Biskop
Da hab ich so lange drauf gewartet.
Elfi (Sonja) Worauf. Hanno Biskop Dass du endlich vor der Tür stehst. Elisabeth Mach für einen Moment die Augen zu. Asta Was. Elisabeth Kann ich noch mal deinen Rücken sehen. Asta Ich hab keine Zeit für so was. Elisabeth Gäste. Versteh schon. Asta Nix verstehst du. Gar nix. Elisabeth Erklär s mir. Asta Ich muss arbeiten. Hardy Polen. Elisabeth Was. Hardy Daher kennen wir uns. Sie und ich. Elisabeth Wir kennen uns nicht. Hardy Wir sind uns in Polen begegnet. Elisabeth Polen ist längst vergessen. Hardy Ich vergess das nicht. Nie. Ich war dabei. Als der Typ dich umgebracht hat da war ich dabei. Elisabeth Lassen Sie mich in Ruhe. Hardy Es tut mir so leid. Dass ich dir nicht geholfen hab. Das tut mir so leid. Elisabeth Niemand hat mich umgebracht. Ich lebe noch. Hardy Nein. Elisabeth Ich bin hier. Hardy Ja. Das ist seltsam. Asta Hardy. Gäste in Ruhe lassen. Elisabeth Danke. Asta Das ist mein Job. Elisabeth Du hast Angst. Asta Ich hab Gäste. Elisabeth Du hast Angst vor uns. Asta Ich hab Angst. Du sitzt in vier Stunden immer noch hier. Elisabeth Was willst du. Willst du. Ich geh. Dann bin ich weg. Hardy Kunststück. Elisabeth Was. Hardy Du bist schon weg. Axel Kann ich ein feuchtes Tuch haben. Asta Was. Axel Es hat wieder angefangen zu bluten. Elisabeth Was hast du gedacht. Als du mich das erste Mal gesehen hast. Asta Nichts. Elisabeth Was macht der Sekt. Asta Ich hab gedacht. Die Frau hat schöne Augen. Honigaugen. Elisabeth Dann bist du in Ohnmacht gefallen. Asta Ja. Aber das, das alles wär nicht passiert. Wenn Hardy mir nicht seine Karte dagelassen hätte vor drei Tagen.
II. Bar
Asta
Die Uhrzeit dieselbe, der Tag ein anderer. Der Tag liegt zurück, drei Tage. Aber man muss schon genau hinsehen, um das zu bemerken. Hinten in der linken Ecke noch immer Herr Hanno Biskop. Er ist alleine, aber mit Zeitung heute. Sein Glas ist leer. Das Saugen am leeren Strohhalm, die Zirkulation der letzten Colabläschen macht Geräusche. Ich frage nicht, ob er noch was trinken will. So was frag ich manchmal, ihn nicht.An der Ecke, am Knick des Tresens. Hardy. Er hat seine Jacke ausgezogen, aber dazu später.Der Platz gegenüber von mir ist frei.An der linken Ecke Axel. Seine Frisur, das muss gesagt werden, ist anders. Ein Männerhaarschnitt, solide, grau meliert, ein Haarschnitt, der untergeht, einer wie alle. Sein Gesicht glänzt. Er schwitzt. Würde er sein Jackett ausziehen, würde er die Arme heben, seine Achseln wären dunkel. Das Hemd unter seinem Jackett ist hellblau. Er hat sich Mühe gegeben mit der Kleiderwahl. Der Anzug ist dunkelblau, hinten wird das Jackett von einer hellblauen Naht geteilt. Der Anzug ist zu eng, er zu viel. Er bereut die Wahl.Ich trage denselben Anzug. Dunkelblau. Wenn ich mich umdrehe, kann er sehen, dass mein Anzug mit derselben Naht versehen ist, hellblau. Aber er kann es aufs Licht schieben. Das geht immer.Er ist gerade erst gekommen. Seine Stimme ist dunkel. Als hätte er sie lange nicht gebraucht.Axel Ein großes Bier. Nein. Ein Glas Wein. Asta Rot weiß rosé. Axel Weißwein. Nein. Doch rot. Asta Cabernet Rioja Chianti Reserva Bardolino Zinfandel. Axel Einfach rot und trocken. Asta Sind sie alle. Rot und trocken. Axel Irgendeiner Mann. Der letzte. Asta Welcher war das. Der letzte. Hardy Zinfandel. Asta Na also. Einer der zuhört. Axel Ich nehm doch ein Bier. Asta Er wartet. Alles an ihm, seine Gesten, seine Stimme, sein Geruch, ist aufgeladen von einer großen Erwartung. Er wartet auf eine Frau. Eine Frau, die er lange nicht gesehen hat. Der Anzug spannt um sein Fleisch. Ich trage denselben. Er hat es noch nicht bemerkt. Ich spüre das Flattern meines Anzugs auf der Haut. Mir ist kalt. Der Mann schwitzt.Axel Doch nicht. Ist blöd. Aber. Ich denke, ich würd gern abbestellen. Asta Er denkt, er will gehen. Die Begegnung vermeiden zugunsten einer Erinnerung. Die Erinnerung unsterblich machen durch seinen Abgang. Rechtzeitig. Jetzt. Er ist nicht blöd. Er weiß, dass nichts wird wie es war.Er legt seine Hand um seinen Schädel. Das Haar an dieser Stelle ist weich. Federweich.Darunter spürt er die Kopfhaut. Auf der Kopfhaut die Schwielen seiner Fingerkuppen.Ich dreh mich um. Weg von ihm. Axel Das sieht ja aus. Ich glaub. Asta Ja. Axel Das ist ja mein Anzug. Asta Ja. Witzig. Was. Hardy Engel. Wie oft hab ich gesagt. Mach was aus deinem Typ. Mal nen Rock mal ne Bluse. Hanno Biskop Elfi hat auch nur noch Hosen getragen. Am Ende. Axel Ich würd gern zahlen. Hardy Sie hatten doch gar nichts. Asta Halt dich da raus Hardy. Axel Also dann. Asta Eile plötzlich. Dann Ulla. Ulla Axel. Mensch Axel. Das ist ja. Axel Ulla. Ulla Ja. Axel Ulla. Ulla Wahnsinn. Axel Ja. AstaDas Erste, das Beste, das Meiste ist ihr Haar. Ihr Haar ist lang, rot und fällt in Wellen.Er denkt, es ist wie früher, ihr Haar. Auch heute nach neunzehn Jahren, dieses Haar.Er findet das seltsam. Und auch schön. Ulla Das ist. Mensch. Wie lang ist das her. Axel Neunzehn Jahre. Ulla Wahnsinn. Was trinkst du. Neunzehn Jahre. Wahnsinn so was. Axel Bier. Ulla Ich nehm Wein. Rot. Bordeaux. Asta Bordeaux gibt s hier nicht. Hardy Vorher war Bordeaux noch dabei. Asta Wo dabei. Hardy In der Aufzählung. Asta Da bringst du was durcheinander. Bordeaux gibt s hier nicht. Hardy Ich bring gar nichts durcheinander. Axel Ist doch nicht so schlimm. Hardy Nicht so schlimm. Nicht so schlimm. Ich werd mir wohl noch sechs Rotweine merken können. Axel Genau. Gibt ja noch mehr. Hardy Cabernet Rioja Chianti Reserva Bordeaux Zinfandel. Asta Bardolino. Nicht Bordeaux. Ulla Zinfandel. Asta Zinfandel. Und ein Bier auf Kosten des Hauses. Axel Was. Hardy Bardolino Bardolino. Ulla Axel. Axel Was. Ulla Ist das schön dich wieder zu sehn. Asta Die Frau trägt Jeans, die zu kurz sind, und eine Bluse, die zu bunt ist. Sie kommt ihm kleiner vor, weniger. Er denkt an ihr Gesicht von früher, zurückgeworfen ins Bett roter Haare.Ihr Gesicht heute ist mager, ihre Augen größer. Ihre Lippen kantig, stark geschminkt.Als sie sehen, sie werden angesehen, lächeln sie, die neuen Lippen.Sein Blick rennt weg, weiter nach oben, auf der Suche nach etwas, von einer Erinnerung gejagt.Anstelle der Augenbrauen ein Strich, hellbraun, gemalt.Er findet ihr Gesicht nackt, ungeschützt. Es ist ein haarloses Gesicht. Ihr Blick frei von Wimpern.Ihr Blick trifft ihn direkt in seine Augen.Er sieht sie an.Er hat jemand anderen erwartet.Axel Gut siehst du aus. Ulla Du auch. Wirklich. Axel Hör auf. Nein. Ulla Doch. Bisschen zugelegt halt. Aber sonst. Wirklich. Schön dich zu sehen. Axel Und du. Ulla Ich. Axel Dir geht s gut. Ulla Axel Asta Glas an Glas.Das Gefühl, falsch zu sein. Und du. Hardy. Hardy Ich. Blendend. War auf Urlaub. Asta Auf Urlaub. Toll. Wo. Hardy Polen. Asta Polen. Toll. Siehst gut aus. Erholt und alles. Hardy Hatte Geburtstag da. Asta Toll. In Polen. Hardy Ja. Wollt mal allein sein. Asta Glückwunsch Hardy. Hardy Hab was mitgebracht. Für dich. Asta Für mich. Spinnst du. Hardy Ja. Nichts weiter. Ein Souvenir. Asta Das Geschenk, flach und kalt. Ein Stein. Hardy Ja. Lag da im Sand. Asta Ich mag Steine. Der Stein auf dem Tresen. Die Verlegenheit. Herr Biskop. Nichts aus der Zeitung reißen. Hanno Biskop Das sind Herzangelegenheiten. Asta Er reißt eine Seite raus. Seine rechte Augenbraue hebt sich.Ich weiß nicht, was ich dagegen haben soll.Hanno Biskop Das geht alles über Computeranalysen heute. Asta Er greift über den Tresen. Erwischt meinen Arm. Bitte. Hanno Biskop Früher hat man sich in die Augen gesehen. Zack. Und morgens hat man Toast gegessen. Pardon. Asta Er lässt mich los. Axel Noch ein Wein oder nein. Ulla Nein. Asta Axel legt eine Hand in Ullas Haar, das Haar von früher. Das Haar ist trocken und fest. Pferdefell.Ulla legt ihre Hand auf seine Hand in ihrem Haar. Das Haar leuchtet