Wütend wirbelte Mr. X herum.
Und schrie auf, als ein Schuß fiel.
Er ließ die Waffe aus der getroffenen Hand zu Boden fallen und krümmte sich.
»Ich bedauere ungemein, daß ich schießen mußte«, ließ Josuah Parker sich von der Terrassentür aus vernehmen. »Aber ich fürchte, Sie hätten sonst weiter geschossen, Professor Manfield!«
Parker hielt eine Automatic in der Hand, die er sich von Leutnant Canters ausgeliehen hatte. Er kam würdevoll und gemessen in den Raum und blieb hinter einem schweren Sessel stehen.
»Ich würde Ihnen raten, sich zu setzen«, sagte er dann zu Professor Manfield. »Keine Sorge, die geringfügige, möglicherweise jetzt schmerzende Wunde wird gleich verbunden.«
Leutnant Canters stand nun auf. In der gesunden Hand hielt er eine zweite Schußwaffe. Er baute sich neben der Tür auf.
»Sie haben das Spiel verloren, Professor«, sagte Parker fast höflich. »Ich wußte, daß Sie hier im Bungalow erscheinen würden. Ich rechnete gleich mit der Abhöranlage in Gatewells Bungalow.«
»Verdammter Hund …!«
»Sie werden unvornehm«, tadelte Parker den Professor. »Warum wollen Sie Ihren Gegnern die Logik verwehren.«
»Woher wissen Sie, daß ich Professor Manfield bin?«
»Sehr einfach … Denken Sie doch an die Szene in Mr. Gatewells Patentbüro. Nach seinen eigenen Worten wollte er mich niederschießen. Der Polizei, also Leutnant Canters, hätte er selbstverständlich die Fotokopien gezeigt, die er mir abgenommen haben wollte. In Wirklichkeit aber mußte er, ich wiederhole noch einmal, mußte er falsche Fotokopien vorlegen. Die wiederum hätten Sie, Mr. Ganters, an Professor Manfield weitergeleitet, damit er sie prüfte. Sie, Professor, hätten sofort den Schwindel durchschaut. Sie mußten also mit Gatewell unter einer Decke stecken, wenn er diesen Trick plante.«
»Das alles müssen Sie mir erst nachweisen, Parker!«
»Keine Sorge, Professor, das wird Gatewell gern übernehmen. Jetzt, nachdem Sie aus dem Verkehr gezogen werden, wie es im Jargon so treffend heißt, braucht er vor Ihrer Pistole keine Angst mehr zu haben. Er wird reden, um seinen Kopf zu retten.«
»Warum haben Sie dieses doppelte Spiel getrieben, Professor?« mischte sich Canters in das Gespräch ein. »Verdienten Sie als Wissenschaftler denn nicht genug?«
»Das verstehen Sie nicht«, erwiderte Professor Manfield mit gepreßter Stimme. »Ich machte die Erfindungen, aber ich sollte nur mit normalen Honoraren abgespeist werden. Ich, verstehen Sie, ich habe die Voraussetzungen für Millionengeschäfte geschaffen, aber daran sollte ich nicht teilhaben, darum bin ich eben Mr. X geworden!«
»Im normalen Sprachgebrauch sagt man Habgier dazu, wenn ich mich nicht sehr täusche«, meint Josuah Parker. »Gehe ich richtig in der Annahme, daß Gatewell Ihr engster Mitarbeiter war?«
»Wir wollten gemeinsam ins Geschäft kommen. Aber wozu noch darüber reden, ich habe verspielt!«
»Noch einige Fragen, Mr. X, oder Professor Manfield, wie Sie jetzt wohl lieber hören wollen. Wer stellte die Fotokopien her?«
»Ich … wer sonst?«
»Und Mr. Paul Adams?«
»Den hätten wir als einen der möglichen Täter ins Spiel gebracht, sobald etwas über die Fotokopien herausgekommen wäre!«
»Sie ließen Henry Manters töten?«
»Dieser Verräter wollte die Fotokopien an eine fremde Gruppe und auf eigene Rechnung Weiterverkäufen. Gut, daß wir ihm noch das Handwerk legen konnten.«
»Wohin sollte Manters denn die Unterlagen bringen? Ich meine, wie hieß das wirkliche Ziel?«
Was haben Sie davon, wenn ich Ihnen diese fremde Macht nenne!«
»Übergehen wir also die Frage … Sie wird früher oder später doch geklärt werden. Aber können Sie uns möglicherweise sagen, wer Walt und Butch sind?«
»Gewöhnliche Gangster, die auf eigene Rechnung arbeiten.«
»Gangster, die die Fotokopien wahrscheinlich an die Botschaft einer fremden Macht in London Weiterverkäufen wollten, nicht wahr?«
»Wen interessiert das noch …?« Professor Manfield ließ den Kopf sinken und starrte auf seine verwundete Hand. »Schaffen Sie mich weg, Sie langweilen mich!«
»In den Genuß können Sie kommen«, sagte Canters und ging ans Telefon. Dann blieb er plötzlich stehen und sagte zu Parken »Wo, zum Henker, sind nun die Unterlagen, Parker?«
»In Chikago, Sir«, erwiderte Parker lächelnd. »Die Einzelheiten werde ich Ihnen, Ihre Erlaubnis vorausgesetzt, später erzählen …!«
*
»Wir haben Ihren Doppelgänger gefunden, Parker«, sagte Leutnant Canters einen Tag später. »James Henderson erlag einem Autounfall. Genauer gesagt, er starb nach einem Unfall im Krankenhaus. Eben habe ich die Meldung bekommen. Damit können wir die Akte schließen, denke ich.«
»Ich bin froh darüber, Sir, zumal ich mir einige schöne und unbeschwerte Stunden und Tage hier in Miami gönnen wollte!«
»Dem steht jetzt nichts mehr im Wege, Parker.« Canters kam lächelnd um seinen Schreibtisch herum und nickte dem Butler zu. »Ich habe mit Ihrem Chef gesprochen, Parker. Anwalt Rander hat die Unterlagen bereits über einen CIA-Kurier hierher zurückgeschickt.«
»Ich habe ebenfalls mit meinem jungen Herrn gesprochen«, sagte Parker.
»Na, der wird doch begeistert sein, oder? Er wird Ihren Urlaub gewiß verlängern.«
»In der Tat, Sir, das war seine Absicht.«
»Wie, Sie wollen nicht, Parker? Hört sich wenigstens so an …!«
»Ich kann und darf nicht, Sir«, erwiderte Parker höflich, aber bestimmt. »Mr. Rander ist in einen Kriminalfall verwickelt, der sich auszuweiten droht, eine Tatsache, der ich mich nicht verschließen kann, was heißen soll, daß ich die nächste Maschine nehmen werde, um nach Chikago zurückzufliegen, denn es ist für mich ausgeschlossen, daß Mr. Rander allein mit Gangstern umgeht!«
Als Parker schon längst gegangen war, dachte Leutnant Canters über diesen Bandwurmsatz nach und zergliederte ihn in seine einzelnen Bestandteile.
Er wollte schließlich wissen, was Parker nun wirklich gesagt hatte …
– ENDE –
»Ihre Ausdrucksweise mißfällt mir außerordentlich«, stellte Butler Josuah Parker fest. Ein verweisender Unterton in seiner beherrschten Stimme war unverkennbar. Steif und korrekt stand er vor der Anmeldung des kleinen, schäbigen Hotels. »Ob Mr. Harrison mich zu empfangen wünscht oder nicht, möchte ich, selbstverständlich mit Ihrer freundlichen Genehmigung, selbst von ihm hören.«
Der Mann hinter der Theke stieß ein gefährliches Knurren aus. Mißtrauisch zog er die Augen bis auf einen schmalen Spalt zusammen. In seinen Kreisen redete man nicht derart höflich oder kompliziert. Er fühlte sich leicht auf den Arm genommen, was seine an sich schon schlechte Laune nicht unerheblich steigerte. Der Nachtportier war gut und gern einen Kopf größer als der Butler.
Und dazu noch viel breiter und muskulöser. Die hochgerollten Ärmel des bunt bedruckten Hawaiihemdes gaben dicke Muskelschlangen frei.
Dieser Mann war gefährlich.
Das sah und spürte Butler Parker.
Doch er dachte nicht im Traum daran,