Sie fanden schnell heraus, daß der Dicke, Kraftvolle Artie hieß und der Mann von Jane war. Der Jüngere wurde Paul genannt und himmelte die Frau seines Begleiters unverhohlen an. Artie, der das sehr wohl mitbekam, schien sich darüber zu amüsieren.
»Meiner bescheidenen Ansicht nach, Sir, dürften die Herrschaften sich viel zu laut über ihre Jagdpläne unterhalten«, sagte Parker leise zu seinem jungen Herrn, »mir scheint, daß sie unbedingt gehört werden wollen.«
»Tatsächlich«, räumte Mike Rander nachdenklich ein.
»Ich möchte ferner unterstellen, Sir, daß die Pläne der Herrschaften sich keineswegs auf eine Jagd ausrichten«, gab Parker weiter zu überlegen.
»Möglich.« Rander schaltete auf Zurückhaltung. Er wußte und ahnte, worauf sein Butler hinaus wollte.
»Ich möchte abschließend behaupten, Sir, daß die Herrschaften Pläne verfolgen, die sie unbedingt der Öffentlichkeit gegenüber verschleiern wollen.«
»Sie sind wieder mal zu neugierig«, tadelte Rander lächelnd, »ich schlage vor, daß wir jetzt gehen …«
Parker folgte seinem jungen Herrn notgedrungen und verließ mit ihm den Schnellimbiß. Er nahm sich aber die Zeit, das Kennzeichen des Landrovers genau zu inspizieren und einzuprägen. Was nicht sonderlich schwer war, da dieser Wagen auf dem Parkplatz vor dem Schnellimbiß stand.
»Sie hoffen wohl immer noch, wie?« Rander hatte bemerkt, wofür sein Butler sich interessierte.
»Details, Sir, können erfahrungsgemäß von größter Wichtigkeit sein«, erwiderte Parker würdevoll, um dann doch etwas an Fassung zu verlieren, als sein junger Herr überrascht aufstöhnte und in sich zusammenrutschte.
»Der Oberarm … Links …!« Rander hatte sich wieder aufgerichtet und biß die Zähne zusammen. Er hatte das Gefühl, als sei sein Oberarm mit einem glühendheißen Draht behandelt worden.
Parker half seinem jungen Herrn endgültig auf die Beine und führte ihn schleunigst in die Dunkelheit des Parkplatzes. Erst hier konnte und wollte er sich um ihn kümmern. In der herrschenden Dunkelheit boten sie kein Ziel mehr.
Parker streifte das Sportjackett Randers von den Schultern, riß das Hemd auf und atmete sichtlich erleichtert auf.
»Ein Streifschuß, Sir, wie ich versichern darf.«
»Zum Teufel, wer kann da auf mich geschossen haben?« fragte Rander, der den ersten Schock bereits überwunden hatte! Der Schmerz ließ bereits etwas nach.
»Möglicherweise der Mordschütze, Sir, der wahrscheinlich Stringale heißt.«
»Wieso kommen Sie ausgerechnet auf den?«
»Er könnte Sie und meine Wenigkeit beobachtet haben, als wir Miß Jane verfolgten.«
»Stimmt! Kommen Sie, gehen wir zurück ins Motel!«
»Unsinn, diesen Streifschuß werde ich schon überstehen. Sie haben doch Ihre Hausapotheke bei sich, oder?«
»Selbstverständlich, Sir. Ich hoffe, Sie versorgen zu können …«
»Zufrieden?« Rander beobachtete seinen Butler lächelnd.
»Nur in der Hinsicht, Sir, daß Sie wahrscheinlich jetzt ebenfalls für gewisse Erkundigungen und Nachforschungen sein werden.«
»Also gut, Parker, wir sind im Geschäft.« Rander nickte, »ich habe was dagegen, daß man mich anschießt oder umbringen will. Jetzt werden wir etwas unternehmen!«
»Mit dem größten Vergnügen, Sir, wie ich versichern darf.«
»Kann ich mir lebhaft vorstellen … Jetzt möchte auch ich wissen, was sich da oben in den Bergen zusammenbraut.«
Nach einer knappen Viertelstunde war die leichte Wunde von Parker behandelt und versorgt worden. Ein Arzt brauchte wirklich nicht bemüht zu werden, wie der Butler befürchtet hatte. Nach einem doppelten Whisky fühlte Mike Rander sich wieder ausgezeichnet.
»Um einen Zufall kann’s sich nicht gehandelt haben«, sagte Rander, »ich sollte umgebracht werden. Und Sie werden wahrscheinlich auch noch an die Reihe kommen, Parker!«
»Ich bin mir dessen durchaus bewußt, Sir.«
»Der Täter benutzte einen Schalldämpfer.«
»Im Gegensatz zu dem Schützen am Bergsee«, erklärte der Butler.
»Was verteidigt der Schütze oben in den Bergen?« fragte Rander laut weiter, »warum behandelt er den Wald wie einen teuren Privatbesitz?«
»Dieser Mann scheint gewisse Entdeckungen zu fürchten, Sir.«
»Sieht so aus … Und er scheint sie vor allen Dingen von der Jagdgesellschaft zu befürchten.«
»Durchaus, Sir …«
»Ich werde mal das Telefon bemühen«, schlug Rander zu Parkers innerer Freude vor, »vielleicht läßt sich mit dem Namen Stringale etwas anfangen.«
Die Handvermittlung klappte ausgezeichnet. Nach wenigen Minuten schon war Portland in der Leitung, genauer gesagt, die Stimme eines gewissen Hale Surton, seines Zeichens Resident-Agent des FBI.
»Stringale?« fragte Surton zurück. Er und Rander kannten sich seit vielen Jahren. Und da Rander und Parker für die einschlägigen Behörden mehr als einmal beiläufig gearbeitet hatten, zierte sich Surton nicht lange. »Stringale? Bennie Stringale?«
»Nehmen wir an, daß es sich um diesen Bennie handelt …«
»Er gehörte zur Dehlinger-Gang … Geplatzt vor acht Jahren … Dehlinger entwischte und wurde dann ein paar Monate später erschossen … Er hatte sich seine Wohnung wie eine Festung ausgebaut. Aber er wurde ausgeräuchert!«
»Und die Mitglieder der Bande?« wollte Rander wissen.
»Wurden weit vor ihm kassiert und zu langen Freiheitsstrafen verurteilt.«
»Sitzen sie noch?«
»Muß ich erst feststellen, Rander … Um was geht es denn?«
»Hier scheint ein gewisser Stringale unseren Weg gekreuzt zu haben.«
»Richtig, Stringale … Er war damals ein junger Bengel. So ’ne Art Lehrjunge in der Bande … Kaffeeholer von mir aus. Er kam mit ’ner gesalzenen Jugendstrafe davon, glaube ich wenigstens, Rander.«
»Wenn es unser Stringale ist, hat er sich mächtig gemausert«, stellte Mike Rander fest. »Hören Sie, Surton, besorgen Sie mir alle Unterlagen, die Sie bekommen können. Halt, noch etwas … Zurück zur Dehlinger-Bande. Verschwand damals vielleicht irgendein Bandenvermögen?«
»Nee, ich glaube nicht, Rander … Wenigstens nicht offiziell. Aber ich werde nachhorchen. Und wohin soll ich Ihnen die Unterlagen schicken?«
Mike Rander gab die Adresse im National Park durch.
»Brauchen Sie Hilfe?« fragte Surton abschließend.
»Wir werden uns melden, falls wir was brauchen«, sagte Rander und legte dann auf. Er wandte sich zu Parker um, der aber nicht zu sehen war. Er hatte sich während des Telefongesprächs still empfohlen. Vielleicht, um sich ein wenig die Füße zu vertreten, wie er oft behauptete, wenn er den Kriegspfad beschritt …
Parker war durch das hochgeschobene Fenster von Mike Randers Schlafkammer hinaus ins Freie gestiegen. Sehr würdevoll und ohne übertriebene Hast. Er hatte draußen vor dem Bungalow Geräusche gehört, die ihm nicht paßten. Sehr schwache Geräusche übrigens, die mit normalen Ohren nicht zu hören gewesen wären.
Dank der beiden »Sende-Wanzen«, die der Butler draußen vor dem Haus auf dem Boden zurückgelassen hatte, waren diese Geräusche jedoch verstärkt und zu ihm in den Bungalow gesendet worden. Empfangen hatte Josuah Parker diese Geräusche mit einem Spezialempfänger,