Der neue Sonnenwinkel Jubiläumsbox 3 – Familienroman. Michaela Dornberg. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Michaela Dornberg
Издательство: Bookwire
Серия: Der neue Sonnenwinkel
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740929503
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den Weg gewiesen hatten …

      *

      Roberta war sauer auf sich selbst. Es konnte doch nicht sein, dass sie, eine gestandene Ärztin, sich benahm wie ein pubertierender Teenager. Die hängten sich Fotos ihrer Idole an die Wand und träumten von ihnen. So weit war es mit ihr zwar nicht. Aber normal war es auf keinen Fall, dass sie immer wieder an den Fremden mit den unglaublich blauen Augen denken musste. Der wusste sicherlich nicht einmal, wer sie war und dass es diesen Zusammenstoß ihrer Fahrzeuge überhaupt gegeben hatte. Er war ja ziemlich lässig damit umgegangen, und sie konnte davon ausgehen, dass für ihn die Sache erledigt war, das hatte er ihr eigentlich schon am Ort des Geschehens gesagt.

      Sie würde also nichts mehr von ihm hören, er machte keine Forderungen geltend. Und sie sollte so gescheit sein, sich ihn aus dem Kopf zu schlagen. Das durfte sie eh niemandem erzählen.

      Und Nicki hatte ihr ja vor Augen geführt, dass man, wenn man sich zurückhielt, keinen Mann kennenlernte und dass man als Frau auch manchmal die Initiative ergreifen musste. So war Nicki, das war nicht ihr Ding, und wenn sie es so richtig überdachte, war die Taktik von Nicki ja auch nicht gerade erfolgreich. Sie lernte zwar viele Männer kennen, aber es endete immer in einem Fiasko.

      Das wollte sie nicht, sie hatte genug von ihrer gescheiterten Ehe mit Max und ihrer unglücklichen Liebe zu Kay.

      Also Schluss mit den blauen Augen. Roberta entschloss sich, einen strammen Spaziergang um den See zu machen. Es regnete nicht, und kalt war es auch nicht. Entsprechend gekleidet verließ sie das Haus, eilte durch den Vorgarten, wollte gerade das Tor öffnen, als sie verblüfft stehen blieb.

      Das konnte jetzt wirklich nicht wahr sein!

Ein Geschenk des Himmels

      Doktor Roberta Steinfeld war eine ganz hervorragende Ärztin. Daran gab es keinen Zweifel. Aber, und das war nicht zu verkennen, sie war auch eine Frau.

      Und nachdem sie sich von ihrer ersten Überraschung erholt hatte, kam ihr sofort in den Sinn, dass sie furchtbar aussehen musste.

      Sie hatte, um den Kopf frei zu bekommen, einen Spaziergang um den See machen wollen. Und entsprechend war sie auch gekleidet. Eine bequeme Hose, einen schlabbrigen Pullover hatte sie an, an den Füßen bequeme Schuhe. Und über allem trug sie einen uralten Parka, den sie schon als Studentin in den ersten Semestern getragen hatte, und von dem sie sich einfach nicht trennen konnte, Es gab sie wirklich, die sogenannten Lieblingsstücke, und ihr oller Parka, der gehörte eindeutig dazu. Dabei konnte Roberta nicht einmal sagen, woher diese Liebe kam. Es war ein zweckmäßiges, khakifarbenes Teil, für das sie nicht einmal viel Geld gezahlt hatte. Roberta konnte sich noch sehr gut daran erinnern, dass sie zugeschlagen hatte, weil dieser Parka stark reduziert gewesen war, ein richtiges Schnäppchen.

      Nun, wie auch immer.

      Jetzt hätte sie wer weiß nicht was darum gegeben, nicht nur netter angezogen zu sein, nein, wenn sie das geahnt hätte, hätte sie sich ein wenig zurechtgemacht, geschminkt, Wimperntusche und Rouge aufgelegt, und sie hätte in ihre Haare, die sie seit einiger Zeit kinnlang trug, nicht diese dummen Kämmchen reingesteckt.

      Sie fühlte sich scheußlich.

      Und das ausgerechnet jetzt.

      Sie hielt sich am Gartentörchen fest und starrte den Mann an, der ganz offensichtlich, lässig mit einer Flasche Rotwein unter dem Arm, zu ihr wollte.

      Roberta konnte es einfach nicht glauben, und vielleicht sollte sie sich fragen, ob das jetzt nicht so etwas wie eine Fata Morgana war, dass es ihn nicht wirklich gab, sondern dass sie eine Erscheinung hatte, weil sie immerfort an ihn denken musste, diesen Fremden mit den unglaublich blauen Augen, den sie einfach nicht vergessen konnte.

      Es gab ihn wirklich!

      Geisterscheinungen redeten nicht, und das tat er. Fr grinste sie an, und Roberta stellte fest, dass seine Zähne die wahre Freude eines jeden Zahnpastaherstellers wären.

      »Hi, zu Ihnen wollte ich«, rief er, »aber wie ich sehe, ist es kein guter Zeitpunkt. Sie müssen weg.«

      Die eigentliche Roberta hätte jetzt vermutlich ein kurzes ›Ja‹ gemurmelt, dann wäre jeder seiner Wege gegangen, und die Sache wäre erledigt. Sie erinnerte sich an das Telefonat mit ihrer Freundin Nicki, die gesagt hatte, dass manchmal auch die Frauen die Initiative ergreifen und vorpreschen müssten. Das war nicht ihre Art, aber warum sollte sie nicht ein bisschen locker sein? Sie vergab sich doch nichts.

      Sie schenkte ihm ihr allerschönstes Lächeln, sagte ebenfalls »Hi«, doch dann fügte sie hinzu: »Ist nicht wichtig. Ich wollte bloß ein Stückchen laufen. Doch das ist nicht vordringlich. Sind Sie gekommen, um mir die Rechnung für den an Ihrem Auto entstandenen Schaden zu präsentieren?«

      Er ging auf ihren lockeren Ton ein.

      »Ich bin gekommen, um mit Ihnen ein Gläschen Wein zu trinken, und ich kann nur hoffen, dass Sie französische Rotweine mögen.«

      Roberta trank lieber spanische Rotweine, aber das musste sie ihm jetzt nicht auf die Nase binden. Auch die Franzosen machten hervorragende Weine, Roberta fand sie manches Mal jedoch ein wenig überbewertet, und bei den Spaniern stimmte das Preis-Leistungsverhältnis besser.

      Oh Gott!

      Was für törichte Gedanken gingen ihr denn jetzt durch den Kopf. Vor ihr stand ein Mann wie aus dem Bilderbuch. Aber das war es vermutlich auch. Er machte sie nervös. Und das war von der ersten Sekunde an so gewesen, nachdem er nach dem durch sie verursachten Crash aus seinem Auto gestiegen war.

      »Ich liebe Rotwein«, sagte sie, »aber ich denke, wir sollten ins Haus gehen. Oder sollen wir den Wein hier auf der Straße trinken?«

      Er lachte, dann folgte er ihr ins Haus. Sie spürte seinen Atem in ihrem Nacken, seinen Blick. Und das machte sie noch nervöser, obschon es da eigentlich keine Steigerung mehr gab.

      Sie zog ihren alten Parka aus, hängte ihn in der Garderobe an den Haken. Und als er da so schäbig hing, sagte sie sich, dass es jetzt wirklich an der Zeit war, ihn irgendwann einmal auszusortieren und in einen Kleidersack zu stecken. Er wirkte neben seiner Jacke ziemlich ärmlich. Roberta führte ihn ins Wohnzimmer, wo er sich sogleich sehr interessiert umsah. Sie war froh, dass sie irgendwann einmal mit Alma zusammen alles auf Vordermann gebracht hatte. Gäbe es Alma nicht, wäre sie noch allein, dann würde es vermutlich noch immer so aussehen, als sei sie gerade erst eingezogen oder war dabei auszuziehen.

      Sie bot ihm Platz an, und während sie die Gläser und den Korkenzieher holte, fiel ihr ein, dass sie noch immer seinen Namen nicht kannte.

      Das schien ihm ebenfalls bewusst geworden zu sein, denn als Roberta zurückkam, sagte er ganz nebenbei: »Ich bin Lars … Lars Magnusson.«

      Ein schöner Name.

      Ein Schwede?

      Dafür sprach er aber sehr gut Deutsch, doch seine blauen Augen, sein Aussehen insgesamt, sprachen für ihre Vermutung.

      »Ehe Sie sich wegen meines Namens Ihren Kopf zerbrechen«, ergänzte er. »Ich bin Deutscher, in Deutschland geboren, von deutschen Eltern. Aber mein Urgroßvater war Norweger, den es der Liebe wegen nach Deutschland verschlagen hat.«

      Er nahm ihr den Korkenzieher aus der Hand, hantierte sehr geschickt damit. Roberta stellte fest, dass er sehr schöne Hände hatte, schlank und zupackend. Was gab es eigentlich an diesem Mann, was nicht schön war? Oder war sie auf diesen Typ Mann fixiert und benahm sich beinahe wie ein Groupie.

      Er schenkte ein, lächelte sie an.

      »Sie sind ja hier bekannt wie ein bunter Hund, und man schwärmt ja so richtig von Ihnen.« Er grinste. »Ich hatte zwar Ihren Namen und Ihre Adresse, aber ich habe mich ein bisschen schlau gemacht. Ich habe mich nämlich ein wenig über mich selbst geärgert, weil ich unser … Zusammentreffen, so kann man es wohl nennen, so schnell abgebrochen habe.«

      Sie hoffte, er möge nichts von ihrer Aufregung mitbekommen.

      »Es war okay, Sie hatten einen Termin, und ich musste meine