Kinderärztin Dr. Martens Classic 7 – Arztroman. Britta Frey. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Britta Frey
Издательство: Bookwire
Серия: Kinderärztin Dr. Martens Classic
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740963545
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Händchen gehabt. Ich bin sicher, daß wir in Dr. Küsters einen Arzt gefunden haben, der hervorragend in unser Team paßt. Die Sache ist also bestens gelaufen.«

      »Nun, wir werden sehen. Ich werde dann dafür sorgen, daß unsere Mitarbeiter und auch die Schwestern, die abkömmlich sind, am nächsten Freitag in der Kantine zusammenkommen, damit du unseren neuen Mitarbeiter einführen kannst, nicht wahr?«

      »Einverstanden, so können wir es halten, dann wissen alle sofort Bescheid«, erwiderte Kay, und für diesen Tag war das Thema Michael Küsters für Hanna und Kay abgehakt.

      Am Freitag der nächsten Woche, früh um acht Uhr, waren dann alle Mitarbeiter der Geschwister und auch der größte Teil der Schwestern in der Kantine versammelt, als Hanna und Kay Martens mit Michael Küsters eintraten.

      Lächelnd sagte Kay: »Hiermit möchte ich Ihnen allen unseren neuen Assistenzarzt Michael Küsters vorstellen. Er nimmt ab heute den Platz von Dr. Frerichs ein.«

      Halb verdeckt von Oberschwester Elli und Schwester Tina standen die beiden Operationsschwestern Barbara und Christina. Schon als der Chefarzt und seine Schwester mit dem jungen Arzt eintraten, weiteten sich Schwester Christinas Augen entsetzt. Sie starrte auf den jungen Arzt, als wäre dieser ein Geist, und ihre Gestalt wankte.

      Barbara, die als einzige die Fassungslosigkeit der Kollegin und Freundin bemerkte, flüsterte ihr, für die vor ihnen Stehenden nicht verständlich, zu: »Haltung, Christina! Haltung…, und immer lächeln!«

      Schon lag auf Christinas Gesicht wieder ein Lächeln, wenn auch ein sehr gezwungenes.

      Schwester Christina war die zweite Operationsschwester. Sie war fünfundzwanzig Jahre alt, hatte eine schlanke Figur. Dunkle, große Augen, die immer sehr ernst blickten, verliehen dem schmalen, ebenmäßigem Gesicht einen besonderen Reiz. Während der Dienststunden trug sie ihr dunkelbraunes, halblanges Haar meistens zusammengebunden oder hochgesteckt unter ihrem Schwesternhäubchen verborgen.

      Nicht einmal Barbara, mit der sie sich in der Zeit, in der sie nun schon in der Kinderklinik arbeitete, sehr angefreundet hatte, konnte ahnen, was in diesen Minuten in ihr vorging. Mit dem jungen Arzt hatte sie eine Vergangenheit eingeholt, der sie vor mehr als fünf Jahren, als sie sich noch in der Ausbildung befand, entflohen war.

      Nimm dich zusammen, raunte eine mahnende Stimme in ihrem Innern… Willst du, daß dir jeder gleich ansieht, was mit dir los ist?

      Während Michael Küsters zur Begrüßung Hände schüttelte, gelang es Christina, wenigstens nach außen hin ihre Fassung zurückzuerlangen.

      Dann stockte sekundenlang auch der Schritt des jungen Arztes.

      Das ist doch Christina, schoß es ihm gedankenschnell durch den Kopf, und ebenfalls nur mit größter Mühe wahrte er seine Fassung.

      Wie aus weiter Ferne drang die Stimme seiner jungen Vorgesetzten an sein Ohr, die in diesem Augenblick lächelnd sagte: »Und das, Dr. Küsters, sind unsere Oberschwestern Elli und Tina und unsere Operationsschwestern Barbara und Christina.«

      Christina sah Michael Küsters nicht an, als sie ihm ihre Hand reichte, aber bei der kurzen Begrüßung durchzuckte es sie wie ein elektrischer Schlag. Als habe sie sich verbrannt, zog sie schnell ihre Hand zurück.

      Hanna kam das Benehmen der beiden ein wenig sonderbar vor, da sie aber noch die übrigen Schwestern vorstellen mußte, machte sie sich zunächst darüber keine Gedanken.

      Christina atmete erst auf, als sie mit Barbara und den anderen Schwestern die Kantine verlassen konnte. Sie wollte loslaufen, aber Barbara hielt sie am Kittel fest und zischte ihr leise zu: »Nimm dich zusammen, Christina. Du tust ja gerade so, als würde dich der Neue fressen wollen. Ich finde, er ist ein sehr netter und sympathischer Mensch.«

      Während Barbara neben Christina den anderen Schwestern über den Gang folgte, wollte sie wissen: »Woher kennst du ihn, Christina? Sag jetzt nicht, daß es nicht stimmt.«

      »Ich habe ihn vor etlichen Jahren kennengelernt. Aber bitte, frag mich nicht, ich will und kann nicht darüber reden. Wenn du wirklich meine Freundin bist, erfüllst du mir diese Bitte. Die Sache geht nur mich allein etwas an.«

      »Wie du willst, Christina. Nur, wenn wir Freundinnen sind, dann solltest du mir auch ruhig ein wenig mehr Vertrauen entgegenbringen.«

      »Ich kann nicht, nicht jetzt, Barbara. Vielleicht werde ich dir später einmal meine ganze Geschichte erzählen. Aber noch bin ich nicht soweit. Die unverhoffte Begegnung, mit der ich nie im Leben gerechnet hätte, hat alles wieder aufgewühlt. Wenn doch dieser Tag nur schon vorbei wäre.«

      »Da mußt du schon noch so einige Stündchen durchhalten, liebe Christina, denn unser Tag beginnt erst. Denk daran, es steht heute noch eine Operation auf dem Plan. Da müssen wir fit sein. Gerade jetzt darfst du dir auch nicht den kleinsten Fehler erlauben.«

      »Keine Angst, Barbara, ich werde mich schon zusammennehmen. Ich werde Beruf und private Angelegenheiten schon nicht durcheinanderbringen. Laß uns in den OP gehen und mit unseren Vorbereitungen beginnen.«

      Erst als sie nach Dienstschluß oben in dem kleinen Zimmer war, das sie mit Schwester Barbara teilte, wurde Christina sehr still und ließ ihren Gedanken freien Lauf. Da die Freundin noch einmal in die Kantine hinuntergegangen war, um eine Kleinigkeit zu essen, war sie ungestört.

      Sie dachte an die unverhoffte Begegnung mit dem Mann, mit dem ihre Vergangenheit sie eingeholt hatte.

      Ein Mädchen von neunzehn Jahren war sie gewesen und noch in der Ausbildung, als sie vor über fünf Jahren Michael Küsters in Erlangen kennengelernt hatte. Er hatte dort in ihrer Heimatstadt studiert. Es war eine glückliche, aber kurze Zeit gewesen, bis sie jäh aus ihren glücklichen Träumen gerissen worden war. Es war Christina plötzlich zumute, als wäre es erst gestern gewesen, als sie den Mann, den sie über alles liebte, mit dieser anderen Frau gesehen hatte. Zutiefst getroffen hatte sie sich zurückgezogen, sich sogar verleugnen lassen, ohne eine Erklärung zu fordern.

      Kurz darauf hatte sie selbst aus bestimmten Gründen ihre Heimatstadt verlassen, ohne Michael noch einmal zu sprechen. So vieles war in der Folgezeit geschehen. Und nun, aus heiterem Himmel, führte das Schicksal sie einander wieder über den Weg. Sollte alles wieder von vorn beginnen? Ohne daß sie etwas dagegen tun konnte, traten ihr die Tränen in die Augen.

      Erst als sie Schritte hörte, die sich draußen der Tür näherten, fuhr sie sich mit einer unwilligen Geste über die Augen. Sie wollte nicht, daß Barbara sah, wie es in Wirklichkeit in ihr aussah. Wenn sie inzwischen auch schon sehr lange und sehr gut mit ihrer Kollegin befreundet war, so gab es doch in ihrem Leben Dinge, die nur sie allein etwas angingen, von denen niemand wissen durfte.

      *

      Michael Küsters erging es an seinem ersten Tag in der Kinderklinik Birkenhain genauso wie Schwester Christina. Auch er mußte seine Gedanken an private Dinge ausschalten, bis er nach Dienstschluß in seinen Wagen stieg und zur Pension »Haus Daheim« fuhr, wo er tatsächlich ein freies Zimmer bekommen hatte.

      Christina, das Mädchen, das er in all den Jahren nicht vergessen konnte… Ausgerechnet hier in der Heide traf er sie wieder. Er hatte nie begriffen, warum sie damals so plötzlich nichts mehr von ihm wissen wollte und so ohne Angabe von Gründen aus seinem Leben verschwunden war. Obwohl er zu dieser Zeit noch nicht fertig war, stand für ihn damals schon ernsthaft fest, daß er in Christina das Mädchen gefunden hatte, mit dem er sich eine gemeinsame Zukunft aufbauen wollte. Es war doch für sie beide die erste große Liebe ihres Lebens gewesen. So hatte er es gewußt und auch in seinem Herzen gefühlt. Es hatte ihn dann um so härter getroffen, als sie so spurlos aus seinem Leben verschwand. Sein zukünftiger Beruf war es dann, der ihm half, den ersten Schmerz zu vergessen und langsam zu verwinden. Aber von diesem Tag an hatte es für ihn keine andere Bindung zu einer Frau gegeben. Denn trotz allem hatte er Christina nie vergessen können. Nun war sie hier, und er konnte sie jeden Tag sehen. Er würde sie, wenn er sie einmal allein antraf, fragen, warum sie ihn vor Jahren verlassen hatte, warum sie spurlos aus seinem Leben verschwunden war.

      Noch immer tief in Gedanken, betrat er wenig später die Pension