Eine Minute später brachte sie ihn zur Tür. Ehe er ging, wandte sich noch einmal zu ihr um.
»Gute Nacht, Emily«, sagte er, hob die Hand und strich ihr mit einem Daumen sacht über die Wange. Überrascht und verlegen hielt sie den Atem an. Sie spürte der zarten Berührung nach, und ihr Puls ging ein wenig schneller. Tylers Blick, den er unverwandt auf ihr Gesicht richtete, schien in ihr Innerstes zu dringen. Rasch sah sie zur Seite.
»Gute Nacht … Tyler. Und danke für Ihre Unterstützung.«
»Gern.«
Behutsam schloss sie die Tür hinter ihm. Ihr Herzschlag beruhigte sich nur langsam.
*
Tyler blieb einen Augenblick im Dunklen stehen. Unvernünftige und völlig überstürzte Sehnsüchte drängten ihn, wieder umzukehren und Emily in den Arm zu nehmen. Er wollte es nicht bei einer zärtlichen Berührung ihrer Wange belassen. Es verlangte ihn, sie zu küssen, ihren Duft einzuatmen und ihre samtweiche Haut zu spüren. Seine Hände unter ihre Kleidung zu schieben und über ihre Rundungen zu tasten. Die vollen Brüste, den wohlgeformten Po. Er wollte ihren flachen Bauch streicheln, ihre Schenkel liebkosen und seine Finger zwischen ihre Beine legen, um die verborgenste Stelle ihres Körpers zu erkunden. Zarte, feuchte Hautfalten ertasten, behutsam in sie eindringen … Es pulsierte in seinem Schoß, und sein Geschlecht regte sich. Genug der Fantasien! Und vor allem weg hier. Was mochte Emily denken, wenn sie zufällig aus dem Fenster sah, und er stand noch immer hier? Tief atmete er die kühle Nachtluft ein, straffte die Schultern und verließ das Grundstück seiner Nachbarin. Ob sie ihm nachsah? Wohl sicher nicht. Dennoch meinte er ihren Blick im Rücken zu spüren. Eilig sperrte er die eigene Haustür auf. Doch auch in seinen vier Wänden angekommen, ließ ihn der Gedanke an die junge Frau, ihren zarten Körper und ihre seidigen Haare nicht zur Ruhe kommen. Er holte sich ein weiteres Glas Wein und setzte sich damit ins Wohnzimmer. Wie schön wäre es, wenn sie jetzt hier wäre. Besser, er dachte an etwas anderes. An ein paar unbezahlte Rechnungen zum Beispiel. Um die würde er sich morgen kümmern. Ein Einkauf war auch überfällig. Viel hatte er nicht im Kühlschrank. Tyler lehnte sich im Sessel zurück und stellte sein Glas auf den Beistelltisch. Kein Versuch sich abzulenken half. Sein Glied war hart geworden und seine Hose zu eng. Er öffnete den Reißverschluss und befreite seine Erektion von den Stoffen. Er schloss die Augen und umfasste seinen harten Schaft, jedoch ohne zu reiben. Stattdessen stellte er sich vor, Emily wäre bei ihm. Es wären ihre zarten Finger, die ihn umschlossen. Vielleicht ihr Mund, der näher kam. Ein Schauer der Erregung durchlief Tyler, und sein Glied zuckte. Tyler biss die Zähne aufeinander. Wie herrlich war die Vorstellung, Emilys warmer Atem würde über seine geschwollene Eichel gleiten, und Emilys Lippen würden sich über seine Härte stülpen, feucht und warm. Seine Hoden zogen sich dicht an seinen Körper, und mit einem Stöhnen spreizte er die Beine, so gut es die Jeans zuließ. Ob sie rotgoldenen Flaum zwischen den Schenkeln hatte? Oder blank rasiert war? Wie gern hätte er seine Zunge in ihre Spalte getaucht, über ihre Perle geleckt und sacht an ihr gesaugt. Wie herrlich wäre es, Emilys Lust zu sehen und zu spüren. Wie wundervoll, sich vorzustellen, dass sie sich vor Verlangen unter ihm wand, stöhnte und sich ihm entgegendrängte. Seine Erregung wurde übermächtig. Er hielt es nicht mehr aus. Wie von selbst bewegte sich seine Hand auf und ab und rieb seine Erektion mit sich steigernder Geschwindigkeit. Tyler schnaufte. Der Druck in seinem Körper wurde unerträglich, und Tyler hörte sein eigenes Keuchen. Eine heftige Explosion durchjagte ihn, und er entlud sich. Schwer atmend sackte er im Sessel zurück. Ganz langsam verebbte die Erregung. Tyler öffnete die Augen. Sein Hemd musste wohl in die Wäsche. Seltsam kühl fühlte sich der Raum an. Emily war nicht hier. Er war allein.
*
Emily erwachte gegen neun Uhr am anderen Morgen. Für einige Sekunden lag sie still unter ihrer Bettdecke und versuchte, ihre Gedanken zu sortieren, ehe sämtliche Erinnerungen wieder da waren. Sie war in Solitude, im Haus ihrer Tante, die sie nicht angetroffen hatte. Tyler Roberts, der attraktive Nachbar, hatte ihr Zutritt zum Haus verschafft und sie gestern Abend noch besucht. Sie lauschte, ob sie irgendwelche Geräusche hören konnte, doch es war alles ruhig. Sie war offenbar nach wie vor allein. Emily schob die Beine über die Bettkante, tappte auf nackten Füßen zu Tür und öffnete sie. Aus dem Erdgeschoss hörte sie das gleichmäßige Ticken der großen Pendeluhr, die im Flur stand, sonst nichts.
»Tante Matilda?«, rief sie und schaffte es dabei kaum, die Stimme zu heben. Wie erwartet, antwortete niemand. Sie ging zum Fenster und zog die Vorhänge zurück. Milchiges Sonnenlicht blendete sie. Über den weitläufigen Wiesen, die sich hinter dem Haus erstreckten, waberte eine dicke weiße Nebeldecke, offenbar bereit, sich auf die Landschaft sinken zu lassen. An den wenigen stattlichen Bäumen, die locker verteilt in der Gegend standen, leuchtete das Herbstlaub in allen Rot- und Orangetönen, die sie sich vorstellen konnte. Es schien ein wundervoller Oktobertag zu werden. Und doch war ihr schwer ums Herz. Sie würde sich anziehen, die Zähne putzen und eine Tasse Tee kochen. Anschließend wollte sie zu Roberts rübergehen. Ihr war klar, dass er ihr nicht helfen konnte, doch sie hoffte zumindest auf moralische Unterstützung. Vielleicht konnte er sie nach Carmarthen auf die Polizeiwache bringen, damit sie eine Vermisstenanzeige erstatten konnte. In ihrem Magen lag ein Druck.
Eine halbe Stunde später verließ sie das Haus. Durch die noch kühle Luft des Morgens spürte sie die erste Wärme der Sonnenstrahlen.
Tyler Roberts erschien nach dem zweiten Klopfen.
»Guten Morgen, Miss Emily«, grüßte er freundlich und lächelte. Seine Haare kringelten sich in feuchten Locken um den Kopf, und eine winzige Schramme an seiner Wange verriet, dass er sich beim Rasieren gekratzt hatte. Der Hauch einer angenehm duftenden Bodylotion umgab ihn. Offenbar hatte er gerade geduscht.
»Gibt es Neuigkeiten?«
»Leider nein.« Sie umklammerte den Riemen ihrer Handtasche und fragte sich plötzlich, warum sie diese für die wenigen Schritte zum Nachbarn überhaupt mitgenommen hatte. Ihr Schlüsselbund hätte auch gereicht.
»Wie schade.« Sein Lächeln erlosch. »Möchten Sie sich mit mir auf die Terrasse setzen und frühstücken? Oder haben Sie schon gegessen?«
»Ich … nein. Ich habe noch nicht gefrühstückt. Tut mir leid, wenn ich Sie so überfalle.«
»Aber das macht doch nichts. Kommen Sie. Auf der Terrasse ist es herrlich. Wir sitzen direkt in der Morgensonne, und es ist absolut windgeschützt. Ich hole Ihnen rasch eine Tasse.« Er machte eine einladende Handbewegung. Zögernd folgte sie seiner Aufforderung. Sie hatte sich nicht zum Frühstück einladen wollen. Dennoch, sie saß gern mit Tyler zusammen, und außer weiterzugrübeln, was geschehen sein mochte, hatte sie ohnehin nichts zu tun.
Tyler durchquerte mit großen Schritten eine düstere Wohnhalle, von der mehrere Türen abgingen. Sie kamen in eine geräumige Küche, die linksseitig von einem großen Esstisch beherrscht wurde und einen Hinterausgang in den Garten hatte. Durch zwei Sprossenfenster schien die Morgensonne. Tyler nahm einen weißen Henkelbecher von einem Bord an der Wand und ging voraus in den Garten. Auf der kleinen Terrasse, die unmittelbar ans Haus grenzte, standen ein runder Holztisch und dazu zwei Korbsessel mit roten Sitzkissen.
»Setzen Sie sich. Und nehmen Sie sich, was Sie möchten.« Er zeigte auf einen Brotkorb, in dem Scones und Croissants lagen. Auf Teller verzichtete er offenbar. Auf einer vollgekrümelten Papierserviette lag ein angebissenes Croissant. Er schenkte ihr Tee ein und schob eine Zuckerdose über den Tisch.
Bedächtig nahm Emily Platz. Es war tatsächlich fast sommerlich warm auf der Terrasse.
»Sie sehen aus, als hätten Sie ein Anliegen. Worum geht es?«, fragte Tyler und trank von seinem Tee.
»Ich wollte Sie fragen, ob Sie mich vielleicht nach Carmarthen fahren könnten, zur Polizeiwache. Tante Matildas Verschwinden lässt mir keine Ruhe. Ich möchte eine Vermisstenanzeige aufgeben.«
Tyler stellte seine Tasse ab.
»Selbstverständlich. Das ist gar kein Problem. Haben Sie nach einem Adressbuch gesucht?«
»Ja.« Ihr wurde unangenehm warm bei der Erinnerung, wie sie vergangene Nacht, nachdem