SeitenSprünge | Erotischer Roman. Clarissa Thomas. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Clarissa Thomas
Издательство: Bookwire
Серия: Erotik Romane
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783862774876
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Lionel.«

      Die Finger meines Chefs wanderten unschlüssig an meinem Schulterblatt hinab.

      »Ja, so ist es gut. Fester jetzt.«

      Er drückte mit der ganzen Hand zu, und ich belohnte seinen Enthusiasmus mit eifrigen Lauten des Entzückens.

      »Oh ja. Genau so. Mehr.«

      Und als es ihm schließlich zu viel wurde und er die spontane Massage einstellte, um mit seinen Kopien aus dem kleinen Raum zu verschwinden, erwiderte ich ihm kurz meinen Dank.

      »Sollte jemals eine Stelle Ihres Körpers verhärtet sein, werde ich natürlich auch gern Hand anlegen, um mich erkenntlich zu zeigen.«

      In einem Punkt war ich mir sicher – Lionel würde nie wieder auch nur ein Blatt vervielfältigen können, ohne dabei an mich denken zu müssen.

      »Klopf. Klopf. Klopf. Jemand zu Hause? Ich kann Sie sehen, Sie lesen meine Nachrichten und würden nur zu gern zurückschreiben. Überwinden Sie Ihre Hemmungen, Lionel. Es ist alles nur ...«

      »... eine Frage des Wollens, ja ja.«

      »Da ist er ja. Ich wollte schon fast eine digitale Vermisstenanzeige für Sie aufgeben.«

      »Das wird nicht nötig sein, schließlich können Sie mich ja sehen.«

      »Ich könnte noch Einiges mehr mit Ihnen, wenn Sie mich nur ließen.«

      »Amanda!«

      »Lionel?«

      »Wir kommen so nicht weiter.«

      »Wie sonst? Erklären Sie mir das mit dem ›Wir kommen‹ bitte einmal näher.«

      »Denken Sie denn die ganze Zeit nur an Sex?«

      »Wer denkt hier die ganze Zeit an Sex? Ich habe dieses Wort bisher peinlichst vermieden. Ich will doch nicht so flegelhaft wirken.«

      »Sie sind einfach unglaublich.«

      »Danke. Die meisten Männer sagen mir das erst hinterher.«

      »Was ist Ihr Antrieb, Amanda?«

      »Die Lust, würde ich sagen. Die Lust auf Neues. So wie vor Jahrhunderten mutige Abenteurer die Weltmeere erkundet haben, will auch ich immer wieder Unbekanntes entdecken. Und Sie, Lionel, wollen das auch. Sie gestehen es sich noch nicht ein, aber Sie sehen das fremde Amanda-Land bereits aus Ihrem Ausguck, und Sie segeln langsam, von einem chaotischen Wind getrieben, darauf zu. Legen Sie sich an meinen Strand. Finden Sie die Schätze, die ich für Sie bereithalte.«

      Lionel schrieb nicht mehr zurück. Stattdessen griff er nach dem Telefonhörer und führte ein Gespräch, das sich selbst geblockt durch schalldichtes Glas als privat darstellte. Er lehnte sich weit in seinem Chefsessel zurück, massierte mit einer Hand seine Stirn, starrte konzentriert an die Decke, stand auf, umrundete seinen Schreibtisch, setzte sich darauf, sodass ich nur noch seinen Rücken sehen konnte.

      »Klopf. Klopf. Klopf. Wenn Sie glauben, mich einfach ignorieren zu können, liegen Sie falsch. Und interessanter wirken Sie durch Schweigen auch nicht.«

      »Ach ja? Ich habe gehört, Frauen mögen stille und geheimnisvolle Typen.«

      »Was Frauen angeht, müssen Sie noch eine ganze Menge lernen. Wie wäre es mit einer ersten Lektion?«

      »So lange Sie keinen praktischen Aufklärungsunterricht beinhaltet, bin ich dabei.«

      »Gut. Was würden Sie zu einer Frau sagen, um sie rumzukriegen?«

      »Hm. ›Du hast wunderschöne Hände‹ vielleicht.«

      »Gott. Sie sind wirklich schwul!«

      »Sag ich doch.«

      »Sie müssen bei einer Frau die Schwachstelle finden. Damit können Sie sie erobern.«

      »Was ist Ihre Schwachstelle, Amanda?«

      »Nicht so schnell, Romeo. Vorher müssen wir noch ein paar grundsätzliche Dinge klären: Was in diesem Unternehmen passiert, bleibt in diesem Unternehmen.«

      »Ganz meine Rede.«

      »Wenn ich Ihnen also etwa erzählen würde, dass ich gern oben liege, sehr gut mit der Hand bin, gern auch bis zum Schluss mit dem Mund verwöhne ... dann behalten Sie das bitte für sich.«

      »›Wenn ich Ihnen also erzählen würde‹ – weshalb so verschachtelt, Amanda? Sonst lieben Sie doch auch die Direktheit. Oder ist Ihr Fetisch für die Möglichkeitsform wieder mit Ihnen durchgegangen?«

      »Mein Fetisch? Aber ja; haben Sie es nicht auch satt, von allen köstlichen Speisen des Lebens stets nur das graue Alltags-Menü wählen zu müssen?«

      »Ich verstehe nicht so ganz.«

      »Doch, Sie verstehen natürlich. Jeden Tag begegnen Ihnen so viele attraktive Menschen, vielleicht sogar innerhalb Ihres eigenen kleinen Unternehmens, und da kehren Sie jeden Tag nach Hause zu der gleichen Person, an der Sie jeden Leberfleck auswendig kennen. Wo nehmen Sie diesen unbedingten Durchhaltewillen nur her?«

      »Das ist kein Durchhaltewille. Man nennt es Liebe. Treue. Vertrauen.«

      »Achtung. Ihr Nachrichtenaustausch wird von akuter Ödnis bedroht. Verwenden Sie eine Anti-Viren-Software oder vermeiden Sie zukünftig Floskeln, die bei anderen Brechreiz auslösen könnte.«

      »Amanda, Sie sind ein schlimmer Mensch.«

      »Hm, dann müssen Sie mich wohl erziehen. Würden Sie mir gern einmal den Hintern versohlen?«

      »Das könnte Ihnen so gefallen.«

      »Und wie mir das gefallen könnte. Ich sehne mich nach Ihren kräftigen Händen, Lionel. Nachts liege ich oft wach und male mir aus, was Sie alles mit mir anstellen würden, wären Sie nur ein wenig mutiger.«

      »Mutiger? Was hat es mit Mut zu tun, wenn man sich blindlings verführen lässt?«

      »Es ist mutig, zu seinen eigenen Wünschen zu stehen.«

      »Das sehe ich anders. Es gehört viel mehr dazu, die gesunde Vernunft walten zu lassen.«

      Lionel saß in seinem Glaskasten und entzog mir demonstrativ seinen Blick. Er tat sehr überzeugend so, als hätte er furchtbar wichtige Schreiben durchzugehen, und eine andere als ich, eine weniger Erfahrene, eine weniger Abgebrühte wäre vielleicht darauf hereingefallen. Doch ich kannte diese Masche, und in dieser Hinsicht waren nun wirklich alle Männer gleich, welcher sexuellen Orientierung sie auch angehören mochten. Lionel wartete gespannt auf meinen nächsten Schritt.

      »Drehen Sie sich um.«

      Kaum war der helle Ton erklungen, der meinen Chef über den Eingang einer neuen Textnachricht informierte, las er sie auch schon und gehorchte meiner Anweisung. Brav.

      »Jetzt sagen Sie mir, was ich hier in meiner Hand halte.«

      Ich hielt eines dieser zwangsverordneten Diensthandys hoch, aus der sie auch noch den letzten Rest von Stil und Individualität herausgeschraubt hatten. Schwarz, plump, abgerundet lag es zwischen meinen Fingern.

      »Was soll das schon sein? Eines dieser magischen Geräte, mit denen ich Sie ganz schnell aus Ihrer Mittagspause zurückrufen kann.«

      »Oh, mit diesen Teilen lässt sich noch sehr viel mehr anstellen. Nur der Klingelton war etwas nervig, deshalb habe ich ihn abgestellt und durch Vibrationsalarm ersetzt.«

      »Aha.«

      »Bisher scheinen Sie nicht allzu begeistert, Lionel, doch ich habe die Absicht, das zu ändern. Wo könnte ich das Handy nur hinstecken?«

      »Schön zurück in Ihre Handtasche.«

      »Sie Langweiler. Sehen Sie zu und lernen Sie.«

      Die Tischplatte nahm Lionel die Sicht, sodass er nicht erkennen konnte, wie ich das Telefon genüsslich unter meinen Rock schob – doch seinem erstaunten Gesichtsausdruck