In der Verklärung meiner Hormone stilisierte ich Julian zu einem Freiheitskämpfer, der vor seinen tyrannischen Eltern auf der Flucht ist und einmal gemeinsam mit seinem Bruder bei den Olympischen Spielen antreten möchte. Und nebenbei sah er auch noch so unverschämt gut aus.
Das erste und einzige Mal in meinem Leben lud ich einen Jungen zum Essen ein und bezahlte auch. Ich brachte uns zwei Pappteller voll Pommes, und auch, wenn sie fast schon in widerlich klebrigem Ketchup schwammen, waren es für mich die Besten überhaupt. Nun erzählte ich Julian aus meinem Leben, das bisher herzlich unspektakulär gewesen war, aber er gab sich trotzdem Mühe, mir zuzuhören. Wir blieben auf der Wiese sitzen, bis fast alle anderen Besucher gegangen waren. Dann griff Julian beiläufig nach meiner Hand, und da ich mir für das Erste keine größere Initiative von ihm erhoffen durfte, nutzte ich den Moment und drückte ihm einen schüchternen Kuss auf die Wange.
In den nächsten Tagen wurden wir experimentierfreudiger, unsere Küsse nahmen an Intensität zu, und Julians Berührungen fanden nicht mehr nur auf meiner Hand statt. Einem älteren Besucher des Bads wurde es schließlich zu viel, er fragte uns, ob wir kein Zuhause hätten. Das war ein guter Hinweis, denn tatsächlich waren meine Eltern tagsüber beide bei der Arbeit, und unser Haus stand mir und somit auch Julian zur freien Verfügung.
Hauptsächlich alberten wir herum. Ich ließ Eis auf Julians Arm tropfen und leckte es ab, er revanchierte sich mit einer halben Kugel Vanille, die schmilzend in meinem Bauchnabel landete. Als Julian sich mit seiner Zunge näherte, raubte es mir fast den Atem.
»Julian«, hauchte ich.
»Ja?«, fragte er und hob den Blick von meinem Bauch.
»Ich möchte gern mehr.«
»Mehr Eis?«
Ach, er war so unschuldig, und ich war es auch. Wäre dieser Sommer doch nur nie zu Ende gegangen – doch er tat es, und ich spürte, dass die warmen Tage vorüberzogen. An dem letzten heißen Nachmittag umarmte ich Julian und fragte ihn, ob er es schon einmal gemacht hätte. Er verstand nicht gleich, was ich mit es meinte, doch als ich deutlicher wurde, nickte er.
»Und möchtest du es auch einmal mit mir machen?«
Für diese Frage hatte ich meinen ganzen Mut aufgebracht, nur eine diffuse Angst vor den Konsequenzen blieb zurück.
Julian küsste meinen Hals und flüsterte mir ins Ohr, dass er sich es schon sehr oft mit mir vorgestellt hatte, immer wenn er allein war. Ich erzählte ihm von meinen Fantasien, und dass es doch nur logisch wäre, wenn wir sie gemeinsam Wirklichkeit werden ließen.
Ich schloss die Tür zu meinem Zimmer und zog, wie ich es mehrmals vor dem Spiegel geübt hatte, mein T-Shirt mit gekreuzten Armen über den Kopf. Darunter trug ich mein Bikini-Oberteil, das ich als Reminiszenz an unsere Freibad-Tage auch heute angezogen hatte. Julian war nun ganz und gar nicht mehr zurückhaltend, er griff direkt nach meinen Brüsten und fing an, sie etwas grob zu kneten. Ich hielt das für normal und verlegte mich darauf, ihn mit Zunge zu küssen, während sich in seiner Hose ganz eindeutig etwas bemerkbar machte.
»Und hast du schon einmal mit einem Jungen ... geschlafen?«
Ich verneinte, und Julian bat mich, auch den Bikini auszuziehen und mich hinzulegen. Es war merkwürdig, vor ihm komplett nackt zu sein, aber ich empfand auch eine sehr große Lust, als er lange auf diesen geheimnisvollen Fleck zwischen meinen Beinen starrte. Schnell zog er sich ebenfalls aus und legte sich auf mich. Da das Vorspiel sehr kurz und ich ziemlich aufgeregt war, wurde ich nicht wirklich feucht. Außerdem stach Julian etwas amateurhaft mit seinem Glied zu, bis ich ihm endlich die richtige Pforte zeigte. Er nahm sich nicht sehr viel Zeit für das Eindringen, und es wurde schmerzhaft für mich.
»Alles okay?«, fragte er, und um ihn nicht zu verschrecken, nickte ich tapfer und drückte dann seinen Kopf an meinen Hals. Irgendwie hatte ich es mir ganz anders vorgestellt. Da war nicht viel von der Lust, die mir nachts meine eigenen Finger bereiten konnten, und das Verlangen nach seinem Körper war eher dem Wunsch gewichen, dass dieses schreckliche Brennen in meinem Schoß endlich aufhören mochte.
Julians Atem ging nun schneller, auch sein Stoßen wechselte in einen höheren Takt. Das Küssen meines Halses hatte er inzwischen gänzlich eingestellt, und aus seinem Mund kamen unheimliche Geräusche. Ich erinnerte mich wieder an den Aufklärungsunterricht des letzten Schuljahres, wobei mir erschreckend bewusst wurde, dass wir es ohne Kondom taten.
»Julian«, flüsterte ich in sein Ohr, »Julian, bitte, mach es nicht in mir, bitte.«
Doch er war bereits für jeden Einwand taub, und während ich noch versuchte, ihn mit leichten Schlägen auf seine Schulter zu bremsen, ergoss er sich bereits in mir. Er drehte sich herum auf das Bett und hatte die Augen geschlossen.
Julian war eingeschlafen.
Dritter Sprung
So kurz und ernüchternd mein Debüt mit Julian auch gewesen sein mochte – die Lust in mir war erwacht. Noch bevor der Herbst in den Winter überging, hatte bereits ein neues Exemplar der Gattung Mann meine Aufmerksamkeit gefesselt, und ich war fest entschlossen, mich dieses Mal nicht so schnell entmutigen zu lassen.
Er hieß Andrej und war im Zuge eines Austauschjahres in unsere Klasse gekommen. Mit seiner beachtlichen Größe, seinem kräftigen Körperbau und diesem fremdartigen Akzent war er natürlich nicht nur mir aufgefallen – eine ganze Menge meiner Mitschülerinnen versuchte unter dem Deckmantel des Nachhilfe-Unterrichts bei ihm zu punkten. Sie erledigten für ihn die Hausaufgaben, ließen ihn in Klassenarbeiten bereitwillig abschreiben und liehen ihm ihre Bücher, wenn er wieder einmal seine Sachen vergessen hatte.
Andrej beachtete diese Freundschaftsdienste kaum. Etwas an ihm strahlte die Kühle der Erfahrung aus, und ich ahnte, dass man bei ihm nicht landen konnte, indem man sich ihm aufdrängte.
Mir fiel auf, dass er sehr viel Zeit in der Schulbibliothek verbrachte, hauptsächlich, um seine Sprachkenntnisse zu verbessern, aber vermutlich auch, weil es dort so angenehm ruhig war. Mrs Miller unterband pflichtbewusst jeden Versuch eines lauten Gesprächs, und wer sich erdreistete, über ein leises Flüstern hinauszugehen, landete schnell vor der Tür.
Ich suchte mir in einigem Abstand zu Andrej einen Platz, wobei ein Regal unsere Blicke trennte. Wie genau ich ihn von hier aus auf mich aufmerksam machen wollte, war mir auch noch nicht ganz klar, aber ich kam jeden Tag wieder her. Andrej beschäftigte sich mit einem kleinen Kreis bestimmter Bücher, und ich kam auf die Idee, in einem dieser Werke meinen Schulausweis zu platzieren, wenn er bereits gegangen war. Irgendwie hoffte ich, er würde die Verbindung zwischen diesem kleinen Stück Papier und der Schülerin, die jeden Tag nur ein paar Meter von ihm entfernt saß, verstehen.
Ich wartete einen Tag.
Ich wartete zwei Tage.
Meine Zuversicht schwand, und fast hätte ich mir meinen dämlichen Schulausweis selbst zurückgeholt, als Andrej schließlich vor meinen Tisch trat und mich mit seinen großen blauen Augen musterte.
»Bist du Amanda?«, fragte er, und ich war zum Glück so überrascht, dass ich meine Aufregung komplett vergaß.
»Ja, die bin ich.«
»Ich habe hier etwas für dich. Steckte in einem der Bücher.« Er reichte mir meinen Schulausweis hinüber und lächelte.
»Oh, vielen Dank. Ich benutze ihn immer als Lesezeichen, da muss ich ihn wohl vergessen haben.«
Hinter dem Tresen machte sich bereits Mrs Miller bemerkbar, die mit eindeutigen Zischlauten unser beginnendes Gespräch unterdrücken wollte.
»Ganz schön laut hier«, sagte Andrej mit einem Seitenblick zu ihr und lächelte. »Wollen wir nicht woanders hin?«
Ohne auch nur einen Moment zu zögern, folgte ich ihm. Wir verließen das Schulgelände und gingen Richtung Fluss.
An einer Stelle, die ich noch nicht kannte, führten verwitterte Stufen hinab an das Wasser, wahrscheinlich, um kleine Boote hinein- oder herauszubringen. Mittlerweile war die Anlage