Die Schwiegermutter würde selbst sehen müssen, wie sie klarkam.
Vielleicht war es dieser Augenblick, in dem sie den Weg des Guten verließ. Ein kleiner Gedanke nur – aber einer, der sie für immer von den netten und anständigen Mädchen im Dorf entfernte, die wussten, dass man nie nur für sich selbst Verantwortung trug. Das eigene Handeln hatte immer auch Auswirkungen auf andere.
Aber daran wollte sie in dieser Nacht nicht denken.
***
Viel später, als alle längst schliefen und das kleine Feuer in der Mitte des Dorfplatzes ausgetreten war, erhob sich Layla von dem Lager, das sie sich mit ihren drei Schwestern teilte, als hätte sie ein kleines Bedürfnis. Sie verließ die Hütte und genoss die kühle Nachtluft auf ihrer Haut. Die struppigen Palmen des Dorfes ragten in den Himmel. Sie waren so vertraut, dass Layla sie normalerweise nicht mal wahrnahm. Doch in dieser Nacht kam es ihr vor, als stünden sie wie Waffen mit Gewehren um sie herum, um sie festzuhalten in diesem alten Leben, das ihr mit einem Mal viel zu klein vorkam.
Sie schlich zur Hütte des Bürgermeisters. Der Staub des Dorfplatzes streichelte ihre nackten Fußsohlen. In der Luft lag der Duft von Blumen. Es kam Layla vor, als würde das Licht des Mondes und der Sterne auf ihrer Haut schimmern.
Vor dem offenen Fenster in das Schlafzimmer, in dem der Fremde heute Nacht allein schlief, blieb sie stehen und hielt den Atem an. Was im Namen aller bösen und guten Geister tat sie hier?
Beinah wäre sie zurück zur Hütte der Familie gekehrt. Wenn sie jetzt leise fragte, ob der Fremde wach wäre, würde sie für immer den Schritt auf die andere Seite machen. Dann gäbe es kein Zurück mehr in das Leben des netten Mädchens, das sie einmal gewesen war. Dann hätte sie dem Wind und der Erde verraten, dass sie von einem Leben in der großen weiten Welt träumte und das Leben als Hausfrau im Dorf ihr nicht ausreichen würde.
Ihr Herz klopfte wie verrückt. Die Knospen auf ihren Brüsten stellten sich auf und drückten gegen den Stoff ihres Kleides. Sie umfasste ihre Brüste und spürte, wie sich die zarte Härte in ihre Handflächen drückte und die Lust sich in ihr ausbreitete. Es fühlte sich sinnlicher und süßer an als alles, was sie je zuvor erlebt hatte.
Es gab kein Zurück mehr, entschied sie. Sie hatte den Schritt in das neue Leben bereits gemacht, als sie wach auf dem Rücken gelegen und die Decke angestarrt hatte, während die kleine Schwester in ihrem Arm lag. Wenn sie im Dorf hätte bleiben wollen, hätte sie den Abtritt benutzen und zurückgehen sollen. Doch im Dämmerlicht dieses fast vollen Mondes, unter dem blassen Band der Milchstraße und beschienen von den Sternen drum herum, schien alles möglich.
Sie kratzte an einem Lehmziegel der Fensteröffnung und klopfte dann leise, als nichts passierte.
Ein leises Rascheln im Innern des Raums verriet, dass man sie gehört hatte. Offenbar veränderte der Fremde aber nur seine Schlafposition, denn er fragte nicht, wer da sei und warum sie mitten in der Nacht vor seinem Fenster wartete.
War es möglich, dass er nichts von dem Chaos ahnte, in das er Laylas Geist verwandelt hatte? Konnte es sein, dass er genauso friedlich schlief, wie sie auf ihrem Lager hätte schlafen sollen?
Die Vorstellung erboste Layla. Sie klopfte erneut gegen den Ziegel. »Hallo«, rief sie leise in den Raum. »Bist du wach?«
»Hm?« Der Fremde setzte sich in seinem dunklen Zimmer auf, zumindest schien es Laylas an das Licht des Mondes gewöhnten Augen so. Er rieb sich die Augen.
»Ich bin Layla«, flüsterte Layla und blickte sich hastig um, ob auch wirklich niemand sie beobachtete.
»Und was willst du mitten in der Nacht im Zimmer eines Fremden, Layla?« Seine hellen Zähne blitzten auf. Er legte die Decke ab und stand auf.
Seine Frage brachte ihr die Ungehörigkeit ihres Verhaltens schmerzhaft zu Bewusstsein. »Ich wollte …«
Die Worte auf ihrer Zunge erstarben. Was immer sie sagen konnte, es würde sie blamieren. Morgen früh würde er allen Männern im Dorf von dem jungen Mädchen erzählen, das seinen Schlaf so dreist gestört hatte. Schlimmer noch, sie war dumm genug gewesen, ihm ihren Namen zu verraten. Jetzt würde man nicht nur über die Dreistigkeit eines Mädchens reden, ohne zu wissen, welche es war, sodass Layla mit ihrer stillen Art ohne Verdacht bleiben konnte.
Der Mann kam zum Fenster und griff nach ihrer Hand, die immer noch am Fensterrahmen lag. Seine Finger waren warm und trocken. Er streichelte über Laylas zitternde Finger.
»Du bist sehr hübsch, Layla«, sagte er mit tiefer, freundlicher Stimme.
»Findest du wirklich?«, fragte sie und hasste sich dafür, wie unsicher ihre Stimme klang.
»Ich habe schon viele schöne Frauen gesehen.« Er nahm ihre Hand, führte sie an seine Lippen und küsste ihre Fingerspitzen. »Du hast etwas, was die meisten von ihnen nicht haben. Das macht dich zu etwas Besonderem.«
Layla hatte noch nie gesehen, dass ein Mann die Fingerspitzen einer Frau küsste. Er berührte ihre Hand erst mit den Lippen und fuhr dann mit der Zungenspitze über ihre Haut. Ganz leicht, aber es erregte sie.
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