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Heiße Wüstennächte in Kairo | Erotischer SM-Roman
von Tara Silver
Tara Silver lebt mit ihrem Mann und zwei Katzen in einem Haus, wo sich hinter jedem Fenster die grünen Weiten eines Landschaftsschutzgebietes erstrecken. Abends trinkt sie Wein bei Kerzenschein, hört den Grillen und Fröschen in ihrem Garten zu und träumt von neuen Geschichten. Bevor sie sich der Erotik zuwandte, schrieb sie über Naturschutz und Freundschaft. Inzwischen liebt sie es, die tausend Facetten von Erotik und Sexualität auch in ihren Romanen zu erforschen.
Lektorat: Sandra Walter
Originalausgabe
© 2019 by blue panther books, Hamburg
All rights reserved
Cover: © AlexAnnaButs @ shutterstock.com © givaga @ shutterstock.com
Umschlaggestaltung: MT Design
ISBN 9783862779758
www.blue-panther-books.de
Ein Bordell der besonderen Art
Karl Jürgen Vattenscheidt umklammerte seinen Aktenkoffer mit schwitzigen Händen. Er war der Einzige, der gerade mit diesem Aufzug fuhr. Trotzdem achtete er darauf, dass seine Haltung entspanntes Selbstbewusstsein verriet. Er durfte hier sein. Sein Anzug war ihm in einer der besten Schneiderwerkstätten Italiens auf den Leib geschneidert worden. Er investierte jeden Monat das dreifache Jahresgehalt einer Verkäuferin aus Malaysia in Solariumsbesuche, Beautysalons für Männer und den richtigen Sitz seiner Haare. Die schlichte Uhr an seinem Handgelenk war eine Einzelanfertigung eines Schweizer Fabrikanten. Jedes Detail seiner Erscheinung sollte darauf hinweisen, dass er es geschafft hatte.
Trotzdem war er nervös. Heute besuchte er zum dritten Mal dieses Bordell, von dessen Existenz er erst vor acht Monaten erfahren hatte. Obwohl in Kairo nur ein Herrscher regierte, der unter verschiedenen Namen wie Dollar, Yen, Rial oder Euro in Erscheinung trat, durfte man nirgendwo im arabischsprachigen Raum die Macht der Religionspolizei unterschätzen. Als Mann mit Geld konnte man sich viel erlauben, aber vollständige Sicherheit gab es nie.
Und Kairo hatte sich in den vergangenen Jahren verändert. Von der einstigen Weltoffenheit war weit weniger zu spüren als früher.
Der Fahrstuhl hielt im dreizehnten Stock. Auf dem Panel gab es keinen Knopf, mit dem man dieses Stockwerk wählen konnte, lediglich eine runde Markierung im Blech. Hier kam man nur als geladener Gast hinein. Die Türen öffneten sich mit einem leisen, fast unhörbaren Zischen. Der Geruch von Moschus und Erregung, aber auch dezentem Putzmittel strömte in den Fahrstuhl.
Vattenscheidt widerstand der Versuchung, sich durch die Haare zu fahren, und überprüfte seine Haltung ein letztes Mal. Aufrecht und entspannt. Ein Mann, der jedes Recht hatte, hier zu sein. Alle Vereinbarungen waren getroffen. Heute würde er zum ersten Mal den hinteren Raum betreten, und dort …
Sein Mund fühlte sich trocken an. Er fuhr sich mit der Zunge über die Lippen und schluckte.
»Willkommen, Sir«, sagte ein dunkelhäutiger Mann in Jeans und Lederweste, dessen durchtrainierter Körperbau einen Mann mit geringerem Selbstbewusstsein als Vattenscheidt neidisch gemacht hätte. Er selbst stand natürlich über solchen Gefühlen.
Schwere orientalische Teppiche bedeckten den Boden. Zwei Regency-Anrichten an der hinteren Wand wurden von edlen Vasen gekrönt, in denen große Gebinde natürlicher Blumen um die Wette prangten. Zwischen ihnen erhob sich ein mannshoher Spiegel mit verschnörkeltem Rahmen, der nach Jugendstil aussah. Links und rechts verrieten dunkle, geschnitzte Holztüren nichts von den Geheimnissen, die sich hinter ihnen verbargen.
Vattenscheidt nickte dem Mann zu. »Ist alles vorbereitet?« Höflichkeit zur Begrüßung an Orten wie diesem war überflüssig. Alle wussten, worum es gehen sollte. Das Geld hatte bereits den Besitzer gewechselt. Small Talk wäre Zeitverschwendung.
»Das Mädchen kann es kaum erwarten, Sie zu sehen.« Das Lächeln des Mannes wurde breiter und die perfekten Zähne blitzten auf. Seine Stimme klang falsch und hinterhältig wie die aller Araber, hinter deren netten Lächeln sich Gott weiß welche Aggressivität verbergen konnte.
Vattenscheidt presste die Lippen zusammen. Er war weit gereist, aber beim Klang der arabischen Sprache oder des entsprechenden Akzentes fühlte er sich immer noch an die Gangs erinnert, die ihm als kleiner Junge auf dem Heimweg aufgelauert hatten. Die Älteren hatten nie etwas Schlimmeres getan, als in ihrer gutturalen Sprache über ihn zu reden oder ihm durch die Haare zu fahren, aber es hatte ihn entsetzt, dass seine guten Schulnoten und das große Auto seines Vaters nichts an der Hilflosigkeit ändern konnten. Die anderen hatten Freunde und Familie. Er selbst verbrachte jede Pause allein, weil keiner mit ihm spielen wollte.
»Das Mädchen ist blond?«, wiederholte er zur Sicherheit noch einmal seine Bestellung und stellte sich eine zarte, elfenbeinhäutige Finnin oder Holländerin vor. Seine Hose wurde eng.
»So blond wie die Sonne, Sir. Bitte folgen Sie mir. Sie werden begeistert sein von ihrer zarten Schönheit.«
Der Mann öffnete eine der Türen, hinter der ein mit Kerzen beleuchteter Gang auf eine dunkle Tür zuführte. Rechts davon gingen zwei weitere Türen ab. Vattenscheidt folgte ihm durch die hintere Tür in einen weiteren Raum.
Auf einem grob gezimmerten Podest hob sich ein mittelalterlicher Galgen in Richtung der hohen Decke. Ein wenig erinnerte das Szenario ans Mittelalter, aber ein kluger Innenarchitekt hatte es geschafft, dem Ambiente eine Mischung aus barbarischer Rauheit und modernstem Komfort zu verleihen. Neben dem grob gezimmert wirkenden Galgen stand auf dem Podest ein Stuhl in ähnlicher Optik, der jedoch an Armstützen und Sitzbereich mit Wildlederbezug gepolstert war und sehr bequem aussah.
Selbstverständlich war dieser Stuhl für den Scharfrichter gedacht und nicht für die Delinquentin.
Vattenscheidt räusperte sich. »Wie ist der Ablauf gedacht? Wird sie direkt zur Schlinge geführt, oder …«
»Oder was?« Das falsche Lächeln des Arabers veränderte sich nicht und blieb so servil wie bei der Begrüßung.
Vattenscheidt räusperte sich erneut und verfluchte sich für die Trockenheit in seinem Mund. »Oder gibt es vorher ein Verhör?«
»Oh. Das könnte auf leichte Schwierigkeiten stoßen. Das Mädchen spricht Ihre Sprache nicht. Aber selbstverständlich biete ich mich gern als Dolmetscher an.«
»Gut. Dann machen wir es so.« Es kam Vattenscheidt falsch vor, eine junge Frau zum Galgen zu verurteilen, ohne überhaupt zu wissen, welches Vergehens sie sich schuldig gemacht hatte.
»Sind Sie so weit? Wollen Sie es sich auf dem Richterstuhl bequem machen?«
Vattenscheidt überprüfte den Sitz seines Gürtels und nickte. In seiner Vorstellung hatte er sich in diesem Augenblick stark und selbstbewusst gefühlt. Jetzt war er doch eher nervös. Was, wenn er keinen hochkriegen würde? Was, wenn etwas schiefging? Allein mit einem Mädchen in ihrem Zimmer hatte es nie Probleme gegeben – aber in seiner Vorstellung hatte er nicht genug bedacht gehabt, dass die Wachen des Mädchens arabisch aussehen würden. Kriminelle und Terroristen. Leute, von denen man sich als anständiger Mann fernhalten sollte.
Er stieg auf die Empore und nickte seinem Begleiter – den er vielleicht nach dem Namen hätte fragen sollen, wenn er bereit gewesen wäre, sich dieses unaussprechliche arabische Kauderwelsch zu merken – freundlich zu. »Wir können anfangen.«
Der Mann klatschte in die Hände. Der Vorhang am Rand des Raumes wurde zurückgezogen. Ein blondes Mädchen mit einer Haut so dunkel wie Latte macchiato wurde von zwei muskulösen, südländischen Männern mit sorgfältig getrimmten Bärten und millimeterkurzem Haar festgehalten. Das weiße Gewand, das in fließenden Falten ihre Figur versteckte, betonte die Dunkelheit ihrer Haut und der nachtschwarzen Augen.
Vattenscheidt verbiss sich einen Fluch. Er hätte es wissen müssen. Sie hatten eine ganz normale Araberin von der Straße blondiert, statt ihm eine nordische Schönheit zu präsentieren. Er war drauf und dran, alles abzubrechen – aber die Angst in