Nur den Auserwählten. Морган Райс. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Морган Райс
Издательство: Lukeman Literary Management Ltd
Серия:
Жанр произведения: Детская проза
Год издания: 0
isbn: 9781094305653
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hatte ihr nicht geglaubt, doch jetzt... jetzt fühlte es sich so an, als würde ihr Herz zerbrechen.

      Ein Teil von ihr fragte sich, ob es noch möglich war, den zweiten Pfad einzuschlagen, aber schon während sie darüber nachdachte, war ihr klar, dass diese Option verflogen war. Es war nicht nur, dass sie jetzt nicht in derselben Situation war. Es lag vor allem daran, dass sie gesehen hatte, was mit Royce passiert war, und nie wieder mit jemand anderem glücklich werden konnte.

      „Ich muss nach Fallsport“, sagte Genevieve. Sie hoffte, dass der Weg sie zur Küste bringen würde. Früher oder später würde sie dort ankommen und ein Boot finden, das sie dorthin führen würde, wo sie hinmusste.

      Sheila musste bereits in Fallsport sein. Genevieve könnte sie treffen und gemeinsam würden sie einen Weg finden, das Beste aus der Situation zu machen. Vorausgesetzt, dass es so etwas wie das Beste überhaupt gab. War es überhaupt möglich, etwas Positives darin zu finden, dass sie mit Altfors Kind schwanger war, von dem Mann verlassen worden war, den sie liebte, und das gesamte Herzogtum im Chaos versank?

      Genevieve wusste es nicht, aber vielleicht konnte sie mit der Hilfe ihrer Schwester ihre Perspektive ändern.

      Sie wanderte weiter über das Heideland, während ihr Hunger immer größer wurde und die Müdigkeit in ihren Knochen steckte. Vielleicht wäre es leichter zu ertragen, wenn sie wüsste, wie weit es noch war oder wann sie das nächste Mal etwas zu essen finden würde, aber stattdessen schien sich das Heideland vor ihr in die Unendlichkeit zu ziehen.

      „Vielleicht sollte ich mich einfach hinlegen und sterben“, sagte Genevieve und obwohl sie es nicht wirklich meinte, wollte ein Teil von ihr... nein, so würde sie nicht denken. Würde sie nicht.

      In der Ferne konnte Genevieve Menschen erspähen, doch sie entfernte sich von ihnen. Sie zu treffen, würde in keinem Fall gut ausgehen. Als Frau alleine in der Wildnis war sie durch jede Gruppe von Desserteuren, Soldaten oder sogar Rebellen bedroht. Als Braut von Altfor hatten die Truppen von Royces Armee auch keinen Grund sie zu verschonen.

      Stattdessen ging sie in die entgegengesetzte Richtung, bis die Menschen aus ihrem Sichtfeld verschwunden waren. Sie würde es alleine schaffen.

      Nur, dass sie nicht wirklich alleine war. Genevieve legte eine Hand auf ihren Bauch, als könnte sie spüren, wie das Leben in ihr heranwuchs. Altfors Baby, aber auch ihres. Sie musste einen Weg finden, um ihr Kind zu beschützen.

      Sie ging immer noch weiter, als die Sonne hinter dem Horizont zu verschwinden begann und das Heideland in feuriges Rot tauchte. Doch es war kein Feuer, dass Genevieve warmhalten würde, und sie konnte bereits sehen, wie ihr Atem kleine Dunstwolken hervorbrachte. Es würde eine kalte Nacht werden. Im besten Fall würde sie eine Höhle oder einen Graben finden, in dem sie sich zusammenkauern konnte, während sie mit gefundenem Torf oder Unkraut versuchte, ein echtes Feuer zu machen.

      Im schlechtesten Fall würde es ihren Tod bedeuten, erfroren in einem Moor, das seinen Besuchern keine Gnade entgegenbrachte. Vielleicht war das noch besser, als ziellos hindurchzuwandern, bis sie verhungerte. Ein Teil von Genevieve wollte sich einfach hinsetzen und den Lichtern beim Tanzen zusehen bis...

      Auf einmal wurde Genevieve klar, dass nicht alle orangen und roten Farbklekse auf der Moorlandschaft eine Reflektion des Sonnenlichts waren. Dort, in der Ferne, konnte sie ein Licht sehen, das so aussah, als käme es aus einer Art Gebäude. Dort waren Menschen.

      Gerade noch hatte sie der Anblick von Menschen zum Umkehren gebracht, doch das war, als Tageslicht und Wärme vorhanden waren und andere Leute nur eine reine Gefahr dargestellt hatten. Jetzt, in der Dunkelheit und der Kälte waren diese Gefahren durch die Hoffnung eines Zufluchtsorts ausgeglichen.

      Genevieve humpelte auf das Licht zu, obwohl jeder weitere Schritt sich wie ein Kampf anfühlte. Sie spürte, wie ihre Füße tiefer in den torfigen Untergrund des Heidelands sanken und die Disteln dabei an ihren Beinen kratzten. Es fühlte sich wie eine natürliche Barriere an, in der sich Wanderer verwickeln und zerkratzen sollten, um schlussendlich ihren Willen zu verlieren, sie zu durchqueren. Trotz allem hörte Genevieve nicht auf zu gehen.

      Langsam kamen die Lichter näher und während der Mond den Himmel erklomm und die Landschaft erhellte, erblickte sie eine Farm. Genevieve ging ein wenig schneller und bewegte sich so schnell sie trotz ihrer Schmerzen und Erschöpfung konnte darauf zu. Sie näherte sich und jetzt kamen Menschen aus dem Gebäude.

      Einen Moment lang schreckte Genevieve zurück und wollte wieder davonlaufen. Sie wusste jedoch, dass sie das nicht mehr konnte, und so stolperte sie weiter, bis sie den Bauernhof erreichte. Ein Mann und eine Frau standen auf dem Hof mit Ackergeräten in den Händen, als erwarteten sie einen Angriff. Der Mann hielt eine Mistgabel hoch, während die Frau eine Sichel trug. Als sie erkannten, dass Genevieve alleine war, nahmen sie die Werkzeuge herunter.

      Das Ehepaar war älter, verwittert und sah so aus, als würde es das Land bereits seit Jahrzehnten bearbeiten, Gemüse anbauen und ein paar Tiere auf dem Weideland grasen lassen. Die beiden trugen simple Kleidungsstücke und als sie Genevieve begutachteten, wandelte sich ihr Ausdruck von Misstrauen in Mitgefühl.

      „Oh, sieh sie dir an, Thom“, sagte die Frau. „Die Arme muss halberfroren sein.“

      „Jawohl, das sehe ich, Anne“, antwortete der Mann. Er streckte eine Hand nach Genevieve aus. „Komm mit, Mädchen, wir bringen dich besser nach drinnen.“

      Er führte sie in ein Bauernhaus mit niedriger Decke, in dessen Ecke ein großer Kessel mit Eintopf vor sich hin köchelte. Der Mann führte Genevieve zu einem Sitzmöbel vor dem Feuer und sie klappte darauf zusammen, bis sie tief darin versunken war. Der Komfort ließ sie noch mehr spüren, wie müde sie tatsächlich war.

      „Bleib sitzen und erhole dich ein wenig“, sagte die Frau.

      „Hier“, sagte der Mann. „Sie kommt mir bekannt vor, nicht wahr, Anne?“

      „Ich bin ein Niemand“, erwiderte Genevieve schnell. Im Dorf hatte man sie schon alleine deshalb gehasst, dass sie Altfors Ehefrau war, obwohl sie keinen Einfluss darauf hatte, was der Sohn des Herzogs tat.

      „Nein, ich erkenne dich“, sagte Anne. „Du bist Genevieve, das Mädchen, das der Sohn des Herzogs mitgenommen hat.“

      „Ich—“

      „Du musst dich nicht verstecken“, sagte Thom. „Wir verurteilen niemanden dafür, gestohlen worden zu sein. Wir haben in unserem Leben schon viele Mädchen gesehen, die von den Adeligen mitgenommen wurden.“

      „Du bist hier sicher“, sagte Anne und legte ihr eine Hand auf die Schulter.

      Genevieve wusste gar nicht, wie sie sich für diese Worte bedanken konnte. Als ihr der Bauer einen Teller mit Eintopf überreichte, aß sie ihn mit großem Hunger und spürte erst jetzt, wie ausgezehrt sie war. Sie deckten sie zu und Genevieve war sofort eingeschlafen, tief in einer traumlosen Dunkelheit, die sie sich bitterlich erhofft hatte.

      Als sie erwachte, floss das Tageslicht bereits durch die Fenster des Bauernhauses und Genevieve erahnte, dass es bald Mittag sein würde. Anne war hier, doch ihr Ehemann schien verschwunden.

      „Ah, du bist wach“, sagte sie. „Es gibt Brot und Käse, und ein kleines Bier, falls du es möchtest.“

      Genevieve ging zum Küchentisch und füllte ihren hungrigen Bauch.

      „Es tut mir leid“, sagte sie.

      „Was tut dir leid?“, fragte Anne.

      „Dafür, dass ich einfach so aufgetaucht bin“, antwortete Genevieve. „Und einfach in euer Haus gekommen bin. Wenn mich jemand hier findet, seid ihr wahrscheinlich auch in Gefahr. Und... für alles, was passiert ist, während Altfor an der Macht war.“

      „Du musst dich dafür nicht entschuldigen“, beharrte Anne. „Denkst du, ich weiß nicht, wie es abläuft, wenn der Adel die Mädchen entführt? Denkst du, dass ich immer schon alt war?“

      „Du...“,