„Geht es dir gut?“ Sie klang ehrlich besorgt.
„Ja, Mom.“
„Nun, dann komm rein. Die Wohnung ist das reinste Chaos, aber ich hoffe, du kannst darüber hinwegsehen.“
Mackenzie betrat die Wohnung und sah, dass sie absolut nicht chaotisch, sondern sogar ziemlich aufgeräumt war. Ihre Mutter hatte nur minimalistisch dekoriert und Mackenzie entdeckte sofort das alte Bild von ihr und Stephanie, das auf dem kleinen Beistelltisch neben der Couch stand.
„Wie geht es dir, Mom?“
„Gut. Sehr gut sogar. Ich war in der Lage, hier und da etwas Geld zu sparen und habe es endlich geschafft, aus den Schulden rauszukommen. Bei der Arbeit wurde ich befördert … es ist immer noch kein Spitzen-Job, aber ich verdiene besser und habe einige Frauen unter mir. Wie geht es dir?“
Mackenzie setzte sich auf die Couch und hoffte, ihre Mutter würde es ihr gleichtun. Sie war dankbar, als sie es tat. Sie hatte noch nie an den Satz ‚vielleicht solltest du dich besser setzen‘ geglaubt; er erschien ihr viel zu dramatisch.
„Nun, ich habe tatsächlich ein paar Neuigkeiten“, sagte sie. Sie begann langsam, das Fotoalbum auf ihrem Handy zu öffnen und nach einem bestimmten Bild zu suchen. „Du weißt, dass Ellington und ich geheiratet haben, nicht wahr?“
„Ja. Lustig, dass du ihn noch immer bei seinem Nachnamen nennst. Hat das damit zu tun, dass ihr Kollegen seid?“
Mackenzie schmunzelte. „Ja, vermutlich. Bist du böse, die Hochzeit verpasst zu haben?“
„Oh nein. Ich hasse Hochzeiten. Das war vermutlich die schlauste Entscheidung, die du je getroffen hast.“
„Danke“, sagte sie. Ihre Nerven kochten wie Lava, als sie aussprach, weshalb sie wirklich gekommen war. „Ich bin hier, weil ich dir etwas anderes mitteilen möchte.“
Dann hielt sie ihr Handy nach oben. Ihre Mutter nahm es ihr ab und betrachtete das Foto von Kevin in seiner kleinen Krankenhausdecke, zwei Tage bevor sie die Klinik verlassen hatten.
„Ist das …?“, fragte Patricia.
„Du bist Oma, Mom.“
Die Tränen ließen nicht auf sich warten. Patricia ließ das Handy auf die Couch fallen und legte sich die Hand auf den Mund. „Mackenzie … er ist entzückend.“
„Das ist er.“
„Wie alt ist er? Du siehst zu gut aus, ihn gerade erst auf die Welt gebracht zu haben.“
„Etwas über drei Monate“, sagte Mackenzie. Sie blickte zur Seite, als sie das verletzte Zucken im Gesicht ihrer Mutter entdeckte. „Ich weiß. Es tut mir leid. Ich wollte dich anrufen, um dir Bescheid zu geben. Aber nach unserem letzten Gespräch … Mom, ich wusste nicht einmal, ob du es wissen wollen würdest.“
„Das verstehe ich“, sagte sie sofort. „Und es bedeutet mir alles, dass du jetzt hier bist, um es mir persönlich zu sagen.“
„Du bist nicht verärgert?“
„Gott, nein. Mackenzie … selbst, wenn du mir nie davon erzählt hättest, würde ich den Unterschied vermutlich nicht kennen. Ich denke, ich habe mich sogar schon darauf vorbereitet, dich nie wieder zu sehen und … und ich …“
„Es ist okay, Mom.“
Sie wollte ihre Hand ausstrecken, sie halten oder in den Arm nehmen. Aber sie wusste, dass sich das für beide erzwungen und seltsam anfühlen würde.
„Ich habe letzte Woche einen neuen Mixer gekauft“, sagte ihre Mutter wie aus dem Nichts.
„Ähem … okay.“
„Magst du Margaritas?“
Mackenzie lächelte und nickte. „Oh, ja. Ich habe seit einem Jahr keinen Alkohol mehr getrunken.“
„Stillst du? Darfst du trinken?“
„Das tue ich, aber wir haben genug Milch auf Vorrat eingefroren.“
Ihre Mutter sah erst verwirrt aus und lachte dann los. „Tut mir leid. All das ist so unwirklich … du hast ein Baby, hast Muttermilch auf Vorrat …“
„Es ist unwirklich“, stimmte Mackenzie ihr zu. „Hier zu sein auch. Also … was ist nun mit den Margaritas?“
***
„Dein letzter Besuch hier war der Auslöser“, sagte Patricia.
Sie saßen auf der Couch, jeweils einen Margarita in der Hand. Zwischen ihnen war ein Platz frei; es war offensichtlich, dass die Situation für beide noch immer unangenehm war.
„Für was?“, fragte Mackenzie.
„Du warst nicht übermäßig unhöflich oder so, aber ich habe gesehen, wie gut es dir ging. Und dann dachte ich mir: Sie ist meine Tochter. Ich weiß, dass ich keine tolle Mutter war … überhaupt nicht. Aber ich bin stolz auf dich, auch wenn ich zu dem Ergebnis nicht viel beigetragen habe. Es gab mir das Gefühl, dass auch ich etwas aus mir machen kann.“
„Und das stimmt.“
„Ich versuche es“, sagte sie. „Ich bin zweiundfünfzig Jahre alt und endlich schuldenfrei. Natürlich ist die Arbeit im Hotel nicht die Karriere meiner Wahl …“
„Aber bist du glücklich?“, fragte Mackenzie.
„Das bin ich. Vor allem jetzt - mit deinem Besuch und den wundervollen Neuigkeiten.“
„Seitdem ich Dads Fall abgeschlossen habe … ich weiß nicht. Wenn ich ehrlich bin, glaube ich, dass ich versucht habe, jeden Gedanken an dich zu verdrängen. Ich dachte, wenn ich das, was Dad passiert ist, in der Vergangenheit lassen kann, kann ich dich genauso gut auch zurücklassen. Und das hatte ich auch vor. Aber dann kam Kevin und Ellington und ich realisierten, dass wir unserem Baby nicht wirklich viel Familie bieten können. Wir wollen, dass Kevin Großeltern hat.“
„Du weißt, dass er auch eine Tante hat“, sagte Patricia.
„Ich weiß. Wo ist Stephanie?“
„Sie ist nach LA gezogen. Ich weiß nicht, was sie dort tut und habe Angst, zu fragen. Ich habe seit zwei Monaten nicht mit ihr gesprochen.“
Das zu hören schmerzte ein bisschen. Sie hatte immer gewusst, dass Stephanie kein Faible für Stabilität hatte. Aber sie dachte nur selten darüber nach, dass auch Stephanie sich dafür entschieden hatte, ein Leben weit weg von ihrer Mutter zu führen. Als sie mit dem Margarita in der Hand auf der Couch saß, fragte Mackenzie sich zum ersten Mal, wie es sich für eine Mutter anfühlen musste, zu wissen, dass beide Kinder der Meinung waren, ohne sie ein besseres Leben führen zu können.
„Ich habe das Gefühl, mich bei dir entschuldigen zu müssen“, sagte Mackenzie. „Ich weiß, dass ich dich nach Dads Beerdigung von mir weggeschoben habe. Ich war erst zehn und war mir dessen vermutlich nicht bewusst, aber … ja. Und das habe ich für den Rest meines Lebens so beibehalten. Aber hier ist die Sache, Mom. Ich will, dass Kevin eine Großmutter hat. Das will ich wirklich. Und ich hoffe, dass wir gemeinsam daran arbeiten können.“
Wieder kämpfte Patricia mit den Tränen. Sie lehnte sich nach vorne und verkürzte den Abstand zwischen ihnen. Dann legte sie ihre Arme um Mackenzie. „Auch ich war nicht da“, sagte Patricia. „Ich hätte anrufen oder mich anderweitig bemühen können. Aber als ich bemerkte, dass du dich entfernt hattest – sogar schon als Kind – habe ich dich gehen lassen. Ich war fast schon erleichtert. Und ich hoffe, dass du mir vergeben kannst.“
„Das