Mord im Herrenhaus. Фиона Грейс. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Фиона Грейс
Издательство: Lukeman Literary Management Ltd
Серия:
Жанр произведения: Зарубежные детективы
Год издания: 0
isbn: 9781094305608
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zu neuen, ihr bisher gänzlich unbekannten Seiten ihres Wesens.

      Was immer es auch sein mochte, kam es Lacey vor als rumorten jede Menge sprudelnde Bläschen, etwa wie die, die man von Champagner her kennt, in ihrem Magen herum (vielleicht war dieses seltsame Gefühl aber auch einfach immer noch auf ihren Jetlag zurückzuführen, obwohl sie sich – jedenfalls laut ihrer inneren Uhr – doch gerade erst eine großzügig bemessene Portion Schaf gegönnt hatte). Doch wie dem auch war, brannte Lacey nur so darauf, den neuen Tag zu beginnen.

      Denn auf einmal sehnte sich Lacey nach Abenteuern. War sie gestern noch von dem ihr nur allzu vertrauten Verkehrslärm von New York City geweckt worden, so hatte sie heute das dauernde Blöken einer Schafherde aus dem Schlaf gerissen. Hatte sie gestern als erstes den Duft von frischer Wäsche und Putzmitteln in der Nase gehabt, so roch es hier und heute nach Staub und nach Meer. Sie hatte mal eben ihr altes, gewohntes Leben in Scherben gelegt. Als seit neuestem wieder alleinstehende Frau schien ihr die ganze Welt zu Füßen zu liegen. Und sie wünschte sich nichts mehr als diese zu erkunden! Neues zu entdecken! Dazuzulernen! Plötzlich fühlte sie einen Enthusiasmus in sich, den sie nicht mehr gehabt hatte seit…ja, eigentlich seit ihr Vater die Familie verlassen hatte.

      Lacey schüttelte den Kopf. Sie wollte sich jetzt nicht mit traurigen Dingen befassen. Sie wollte alles tun, um sich ihre neu gewonnene Lebensfreude zu erhalten. Wenigstens für heute. Sie wollte dieses Gefühl festhalten und nie mehr loslassen. Heute war sie frei.

      Um sich von dem inzwischen nagenden Hungergefühl in ihrem Bauch abzulenken, unternahm sie einen Versuch, sich in ihrer großen, altmodischen Wanne zu duschen. Das bedeutete sie nahm die seltsame, an den Wasserhähnen angebrachte, schlauchähnliche Konstruktion und spritze sich damit ab, wie man es sonst vielleicht mit einem dreckigen Hund tun würde. Zwar wurde das zuerst noch warme Wasser von jetzt auf gleich eiskalt und dazu gaben die Rohre die ganze Zeit über das ihr bereits bekannte Klappern von sich, doch hatte diese Dusche auch gute Seiten. Denn das im Vergleich zu dem harten Wasser, das Lacey aus New York gewöhnt war, unglaublich weiche Wasser hier fühlte sich auf ihrer Haut fast wie eine teure Feuchtigkeitslotion an, was Lacey sehr genoss, auch wenn der plötzliche Temperatursturz des Wassers sie dazu brachte, vor Kälte mit den Zähnen zu klappern.

      Nachdem sie sich die Ausdünstungen des Flughafens sowie den Schmutz der Großstadt von ihrer jetzt - sogar im eigentlichen Sinn des Wortes – strahlenden Haut gespült hatte trocknete sie sich ab und zog die Sachen an, die sie am Flughafen gekauft hatte. An der Innenseite des riesigen Schlafzimmerschrankes war ein Spiegel angebracht, in dem sie sich in ihrem neuen Outfit betrachten konnte. Doch dieses gefiel ihr ganz und gar nicht.

      Lacey zog eine Schnute. Sie hatte die Kleidungsstücke in der Annahme, Freizeitklamotten wären wohl die beste Wahl für ihren Urlaub in einem Badeort, in einem Laden für Strandbekleidung am Flughafen erstanden. Aber während sie sich eigentlich legere Kleidung für den Strand vorgestellt hatte, sah ihr neues Outfit eher aus wie Klamotten aus einem Secondhand-Laden. Die beigen Slacks saßen ein wenig zu eng, dafür war das weiße Baumwollshirt so weit, dass sie förmlich darin verschwand und die schlampig verarbeiteten Bootsschuhe eigneten sich wahrscheinlich noch schlechter zum Laufen auf Kopfsteinpflaster als die Stöckelschuhe, die sie normalerweise immer auf Arbeit getragen hatte! Aus diesem Grund würde sie sich heute wohl gleich als erstes nach ein paar besser passenden Klamotten umsehen müssen.

      In Laceys Bauch grummelte es noch immer.

      Du bist dann als nächstes dran, dachte sie und rieb sich den Magen.

      Ohne darauf zu achten, dass ihr Haar so nass war, dass ihr das Wasser den Rücken hinunterlief ging Lacey nach unten und in die Küche, wo sie bei einem Blick aus dem Fenster feststellte, dass von der Schafherde, die heute Morgen in ihrem Garten herumgestanden hatte, nur noch ein paar Tiere übriggeblieben waren. Weder ihre Suche in den Küchenschränken noch im Kühlschrank förderte irgendetwas essbares zu Tage. Aber es war auch noch zu früh, um in den Ort hinunter zu gehen und sich ein paar Leckereien aus der Patisserie auf der Hauptstraße zu holen. Bis diese aufmachte würde sie wohl noch etwas Zeit totschlagen müssen.

      „Zeit totschlagen!“ rief Lacey überglücklich aus.

      Wann hatte sie eigentlich das letzte Mal Zeit totschlagen müssen? Wann hatte sie das letzte Mal die Freiheit gehabt, einfach mal herumzubummeln und nichts zu tun? David hatte immer sehr darauf geachtet, dass sie das Beste aus ihrer wenigen Freizeit herausholten. Da hieß es dann: ab ins Fitnessstudio, zum Brunchen, zu Unternehmungen mit ihren Familien oder auf einen Drink. Jede „freie“ Minute war durchgetaktet gewesen. Plötzlich fiel es Lacey wie Schuppen von den Augen, wie absurd es war, Pläne für seine freie Zeit zu schmieden, denn durch diese Planung war diese Zeit ja dann gar nicht mehr frei! Dadurch, dass sie es David überlassen hatte, nach Gutdünken über ihrer beider Zeit zu verfügen, hatte sie sich freiwillig in eine Zwangsjacke aus sozialen Verpflichtungen begeben. Diese Erkenntnis fühlte sich fast an wie eine buddhistische Erleuchtung.

      Der Dalai Lama wäre bestimmt stolz auf mich, dachte Lacey und klatschte dabei vergnügt in die Hände. In diesem Moment begannen die in ihrem Garten verbliebenen Schafe wieder zu blöken. Das brachte Lacey auf die Idee, sie könne ihre neu gewonnene Freiheit dafür nutzen Detektiv zu spielen und herauszufinden, wo die Tiere hingehörten.

      Sie öffnete die Fenstertüren und trat in den Hof hinaus. Auf ihrem Weg durch den Garten in Richtung der beiden Wollknäuel, die sich noch immer an ihrem Rasen gütlich taten, wurde ihr Gesicht von einem vom Meer herüber wehenden, wunderbar erfrischenden Sprühnebel benetzt.

      Als die Schaffe hörten, dass sie sich ihnen näherte trotten sie schwerfällig und ohne jede Grazie davon und verschwanden durch eine Lücke in der Hecke.

      Lacey marschierte ebenfalls zu dieser Lücke im Gestrüpp hinüber und warf einen neugierigen Blick durch diese, bei dem sie jenseits des Gebüschs einen mit bunten Blumen bestandenen Garten entdeckte. Also hatte sie wohl einen Nachbarn. Zu ihren Nachbarn in New York hatte sie keinen Kontakt gehabt, denn diese waren wohl - wie David und sie auch - zum größten Teil berufstätige Paare gewesen, die morgens das Haus verließen und erst spät abends wieder dorthin zurückkamen. Aber die Nachbarn hier schienen es, wie ihr gepflegter Garten vermuten ließ, etwas ruhiger angehen zu lassen. Und sie hielten sogar Schafe! Wo Lacey früher gewohnt hatte, hatte es, soweit sie wusste, kein einziges Tier gegeben, denn schließlich hatten vielbeschäftigte Yuppies, wie David und sie oder ihre früheren Nachbarn keine Zeit, um sich Haustiere zu halten, geschweige denn Lust dazu, sich mit deren überall in der Wohnung herumliegenden Haaren und anderen Hinterlassenschaften zu belasten. Wie schön war es dagegen, dass sie jetzt mitten in der Natur lebte! Ja sie empfand sogar den Geruch von Schafmist als eine willkommene Abwechslung zu dem sterilen Appartementhaus in NYC, in dem sie bis vor kurzem gewohnt hatte.

      Als sie sich wieder aufrichtete fiel Laceys Blick auf ein Stück Rasen, das weniger grün war als der Rest des Grases, sondern eher wie ein viel benutzter Trampelpfad wirkte. Dieser Pfad führte am Rande des Gebüsches entlang bis zum Rand der Klippe, wo sie ein fast ganz von Pflanzen zugewachsenes Tor erkennen konnte. Sie ging zu dem Tor und öffnete es.

      Vor ihr lag eine grob in die Klippe geschlagene Treppe, die bis zum Strand hinunterführte. Vorsichtig machte Lacey sich daran, die Stufen, die ihr vorkamen als seien sie direkt einem zauberhaften Märchen entsprungen, hinunterzugehen.

      Ivan hatte mit keinem Wort erwähnt, dass sie falls sie sich einmal danach sehnte Sand zwischen ihren Zehen zu spüren, dieses Verlangen innerhalb von wenigen Minuten schnell stillen könne, einfach weil es einen direkten Weg von ihrem Haus zum Strand gab. Und in New York hatte sie sich noch etwas darauf eingebildet, dass sie von zu Hause aus nur zwei Minuten Fußweg bis zur nächsten U-Bahn-Haltestelle hatte.

      Inzwischen hatte Lacey das Ende der unebenen Stufen erreicht und war damit nur wenige Meter vom Strand entfernt. Sie sprang auf diesen hinab. Der Sand war so weich, dass ihre Knie den Aufprall auf dem Strand locker wegsteckten – und das obwohl ihre billig am Flughafen erworbenen Bootsschuhe diesen in keinster Weise abfedern konnten.

      Lacey atmete tief durch und fühlte sich wild und völlig sorglos. Dieser Abschnitt des Strandes war menschenleer. Und unberührt. Lacey nahm an, dass dieses Stück vom Strand den meisten