Aber bevor Ryan und Riley sich auf den Weg machen konnten, rief ihr John zu.
»Warte einen Augenblick, Riley. Wir haben noch eine Sache zu erledigen.«
Rileys Augen wurden breit, als sie sich besann...
Ja, da gibt es noch eine Sache.
Sie und ihre Freunde gingen nach draußen an die frische Winterluft, wo die neuen Agenten sich aufstellten und sich auf den Weg zum Waffentresor des FBI machten. Riley und ihre zwei Freunde beeilten sich und schlossen sich den Anderen an, während Ryan sie begleitete.
Riley bemerkte, dass Ryan einen etwas ratlosen Eindruck machte.
Ihm ist nicht klar, was hier geschieht, dachte sie.
Aber die Zeit zum Diskutieren war gerade nicht vorhanden. Riley und ihre Freunde näherten sich dem Quartiermeister.
Als sie ihn erreichten, reichte er ihnen allen ihre Dienstwaffe—eine Kaliber .22 Glock-Pistole.
Ryans Mund öffnete sich weit vor Überraschung—und teilweise auch aus Sorge, da war sich Riley ziemlich sicher.
Er wird sich daran gewöhnen müssen, dass ich ab jetzt eine Dienstwaffe trage, dachte sie.
Riley lächelte ihm zu und sagte: »In Ordnung, jetzt können wir nach Hause gehen.«
Dass er keine Kommentare zur Waffe machte, die sie trug, beruhigte sie. Sie verabschiedeten sich von ihren Freunden und machten sich wieder auf den Weg zurück zur Halle.
Alles wird gut gehen, dachte sie.
In diesem Augenblick kam ihr ein junger Mann, mit einem Umschlag in der Hand, entgegen.
»Sind Sie Riley Sweeney?«, fragte der junge Mann.
»Ja«, antwortete Riley.
Der junge Mann reichte ihr den Umschlag mit den Worten: »Ich bin damit beauftragt worden Ihnen dies zu überreichen. Bitte unterzeichnen Sie hier.«
Riley unterzeichnete per Anweisung und öffnete hastig den Umschlag.
Überrascht über den Inhalt, taumelte sie ein paar Schritte zurück.
»Worum handelt es sich?«, fragte Ryan.
Sie schluckte mühsam und antwortete: »Es ist eine Einsatzänderung.«
»Was meinst du damit?«, forderte er.
»Ich werde doch nicht in der DC-Zentrale arbeiten. Ich wurde der Verhaltensanalyseeinheit hier in Quantico zugeteilt.«
Ryan stotterte: »Aber—aber du hast gesagt… wir wollten doch zusammen einziehen.«
»Das werden wir«, antwortete Riley hastig, um ihn zu beruhigen. »Immerhin ist es keine weite Pendelstrecke.«
Dennoch wusste sie, diese Änderung würde ihnen sicherlich das Leben schwieriger gestalten. Es machte ihnen das Zusammenleben zwar nicht unmöglich, aber leicht gemacht würde es ihnen bestimmt nicht.
Ryan verlor die Geduld: »Nein, so geht das nicht. Sie werden es umändern müssen.«
»Ich kann sie zu nichts zwingen«, antwortete Riley. »Ich bin hier nur eine Untergeordnete. So wie es bei dir in der Anwaltskanzlei der Fall ist.«
Ryan hielt einen Augenblick lang inne. Dann murrte er: »Wessen Idee war das überhaupt?«
Riley dachte nach. Sie hatte Quantico nicht einmal unter ihren drei Wahlorten angegeben. Wer konnte sie nach hier versetzt haben?
Dann wurde es ihr auf einmal klar...
Ich habe eine ziemlich gute Vorstellung.
KAPITEL ZWEI
Sonderagent Jake Crivaro starrte unzufrieden auf seine Rühreier.
Ich hätte zur Abschlusszeremonie gehen sollen, dachte er.
Er saß in der Kantine des Verhaltensanalyseeinheit-Gebäudes in Quantico und dachte an Riley Sweeney, seinen jungen Schützling. Ihre Abschlusszeremonie von der FBI-Akademie war vor zwei Tagen und er fühlte sich schlecht, weil er nicht anwesend gewesen war.
Natürlich hatte er eine Ausrede genannt—zu viel Papierarbeit, die dringend erledigt werden musste. Aber in Wahrheit hasste er solche Zeremonien und er konnte sich nicht dazu bringen in der Menge zu sitzen und sich dieselben Reden, derer Variationen er schon so viele zuvor gehört hatte, anzuhören.
Wäre er gegangen, dann hätte er die Gelegenheit gehabt ihr Auge in Auge mitzuteilen, dass er persönlich für ihre Überweisung von DC zur Verhaltensanalyseeinheit hier in Quantico verantwortlich war.
Stattdessen ließ es einen Boten die Nachricht überbringen.
Aber sicherlich würde sie die Versetzung zur Verhaltensanalyseeinheit als gute Nachricht auffassen. Immerhin würden ihre einzigartigen Fähigkeiten hier einen viel besseren Einsatz finden, als das es der Fall in DC sein würde.
Dann kam es Jake in den Sinn, dass Riley vielleicht noch gar nicht wusste, dass er sie als seine eigene Partnerin zuteilen ließ.
Er hoffte, es war ihr eine angenehme Überraschung zu erfahren, dass sie in Zukunft zusammenarbeiten würden. Sie bildeten schon in drei ziemlich schwierigen Fällen ein ziemlich gutes Team. Die Anfängerin zeigte sich gelegentlich als etwas unberechenbar, aber es gelang ihr immer ihn mit ihren ungewöhnlichen Einblicken zu überraschen.
Ich hätte sie zumindest anrufen sollen, tadelte er sich selber.
Jake schaute auf die Uhr und ihm wurde bewusst, dass sich Riley schon auf dem Weg hierher befinden musste, um an ihrem ersten Arbeitstag Rapport zu erstatten.
Als er einen kleinen Schluck Kaffee nahm, klingelte sein Handy.
Er nahm den Anruf an und eine Stimme rief: »Hey, Jake. Es ist Harry Carnes. Rufe ich dich zu einem guten Zeitpunkt an?«
Jake grinste beim Klang der Stimme seines alten Freundes. Harry war ein pensionierter Kriminalpolizist aus Los Angeles. Einige Jahre zuvor arbeiteten sie an einem Entführungsfall einer berühmten Person zusammen. Sie hatten sich auf Anhieb gut verstanden und blieben in Kontakt.
»Na klar, Harry«, antwortete Jake. »Super, dass du anrufst. Was gibt’s Neues?«
Er hörte, wie Harry aufatmete. Dann sagte er: »Es gibt da etwas, das mich bedrückt. Ich dachte, du könntest mir vielleicht dabei helfen.«
Jake fühlte, wie ihn die Besorgtheit überkam.
»Gerne, Kumpel«, sagte er. »Was ist das Problem?«
»Erinnerst du dich an den Mordfall in Colorado von vor einem Jahr? Die Frau die im Dyson Park ermordet wurde?«
Jake überraschte es, dass Harry den Fall zur Sprache brachte. Als Harry aus dem Los Angeles Police Department in den Ruhestand trat, zog er mit seiner Frau Jillian nach Gladwin, einem kleinen Ort in den Rocky Mountains, der an Dyson Park angrenzte. Die Leiche einer jungen Frau wurde in der Nähe auf einem Wanderpfad entdeckt. Obwohl er zurzeit den Status einer Zivilperson hatte, versuchte Harry der Polizei beim Lösen des Falles zu helfen, aber vergebens, wie es sich herausstellte.
»Klar erinnere ich mich«, antwortete Jake. »Warum fragst du?«
Es trat eine kurze Stille ein.
Dann sagte Harry: »Also... ich denke, es ist erneut passiert.«
»Was meinst du damit?«, fragte Jake.
»Ich denke, der Mörder hat wieder zugeschlagen. Eine weitere Frau wurde ermordet.«
Jake fühlte, wie ein durch Überraschung verursachter Ruck durch seinen Körper ging.
Er fragte: »Du