Nach diesen Worten schwiegen alle in der Versammlung, und es schwiegen die Abkömmlinge Premysls, an welche die Worte gerichtet gewesen waren.
Nach einer Zeit sprach der Herzog: »Hocherhabener Kardinal, Ihr habt geredet in den Sachen des heilgen Glaubens, und für den heiligen Glauben. Wir haben gehöret. Und wie wir Euch danken für alles, was Ihr schon in unseren Ländern geredet und getan habt, und wie wir auch danken werden für das, was Ihr noch reden und tun werdet: so danken wir Euch für diese Worte.«
Otto, der Bischof von Prag, stand auf, und sprach: »Wir danken demütig und ehrerbietig dem hocherhabenen Kardinale, dem Abgesandten des Heiligen Vaters.«
Und alle Männer in der Versammlung erhoben sich, und sagten: »Wir danken demütig und ehrerbietig dem hocherhabenen Kardinale, dem Abgesandten des Heiligen Vaters.«
Der Herzog sprach hierauf: »Und nun rede ich zu euch, ihr hohen Herren der Kirche, Priester der Kirche, Sprossen Premysls, hohe und niedere Herren der Länder Böhmen und Mähren. Weil wir zu Ende geführt haben, weshalb wir in diesem Saale versammelt waren, so danke ich euch, und verabschiede euch. Und wenn kleinere Rattage sind, so werden wir in dieser Zahl, und noch um Tausende vermehrt zusammen kommen, wenn die Kirche des heiligen Veit eingeweiht wird, die hergestellt ist, und in der der Gottesdienst beginnt. Und so gehabt euch wohl.«
Die Versammelten blieben noch sitzen.
Dann stand Guido, der Kardinal, auf, und sagte zu dem Herzoge Wladislaw: »Sei gesegnet, Sohn der Kirche.«
Wladislaw stand auf, und entblößte sein Haupt.
Dann sprach Guido, der Kardinal, zu den Versammelten: »Seid gesegnet, Söhne unseres Glaubens.«
Die Versammelten standen alle auf, und entblößten ihre Häupter.
Dann sagten der Herzog und der Kardinal einander die Abschiedsgrüße, und jeder von ihnen ging mit seinem Gefolge bei einer andern Tür hinaus.
Die Männer, welche versammelt gewesen waren, zerstreuten sich jetzt auch von ihren Sitzen, und verließen den Saal.
Die mährischen Fürsten gingen auch bei einer Tür hinaus.
Von dem Tage an waren nun viele Versammlungen der hohen Herren der Kirche, zu denen auch Räte und Hofherren des Herzoges und Lechen und Herren des Landes geladen wurden. Es war an dem, daß kein Priester fortan mehr in der Ehe leben sollte, und der eine Gattin hatte, sollte sich von ihr trennen, oder seine Würde verlassen. Dann sollten die beiden Bischoftümer Böhmen und Mähren in einzelne ständige Pfarreien eingeteilt werden, und jeder Priester sollte die Weihe nur für eine voraus besagte Pfarre erhalten. Die heidnischen heiligen Haine und Bäume, Feste auf den Gräbern, Wahrsagerei und Zauberei sollten aufhören, und es sollten die christlichen Sonntäge und Feiertäge und Festtäge gehalten werden. Guido beriet mit den Kirchenherren die Mittel dazu. Es kamen nun aus vielen Gegenden Pfarrer und Priester, und selbst solche, die nur unvollkommene Weihen erhalten hatten, und der Kardinal Guido sprach mit einem jeden von ihnen. Er ließ auch manche berufen.
Zu dem Rate über das mittägliche Waldland wurde auch Witiko, und es wurden die anderen Herren und Männer des Waldes geladen. Als Witiko gefragt wurde, wie es in dem Walde sei, sprach er: »Hocherhabner Herr Kardinal, erlauchter Herzog, hohe Herren der Kirche, und Herren des Landes. Was ich sage, habe ich selber erfahren, und es hat mir ein frommer Priester, Benno von Pric, der mein gütiger Lehrer und Erzieher war, davon erzählt. In dem Walde an der jungen Moldau ist das Christentum viel früher gewesen als in den andern Teilen des Landes. Gotterfüllte Einsiedler haben hin und hin in dem Walde gelebt, und haben die Andacht des Glaubens geübt. Ihr Glöcklein und die Sage von ihnen rief Menschen herbei, und diese beteten mit, und wurden in dem Glauben belehrt, und breiteten ihn aus. Und aus mancher Siedelei ist eine Kirche geworden. Bei jeder Kirche und bei jedem Kirchlein, wenn es auch nur von Holz ist, besteht ein ständiger Pfarrer. Und da die ersten Priester die Siedler gewesen sind, so hat nach ihrem Brauche keiner, der auf sie gefolgt ist, ein Weib genommen. In der sehr alten Zeit aber, da noch das Heidentum in all den Ländern um uns gewaltet hat, da ist der Wald an der jungen Moldau so groß und so unwirtlich gewesen, daß keine Menschen in ihm gewohnt haben. Es sind also dort wenige Heiden gewesen, und wenige Gewohnheiten aus dem Heidentume übrig geblieben. Die Pfarrer streben, sie auszurotten, da sie dieselben verbieten, und mit kirchlichen Strafen belegen, und da sie die Kinder belehren, daß mit den alten Leuten die Gewohnheiten aussterben. Und wir alle sollten, wie wir es verstehen, mit den Pfarrern dazu wirken. Und die Herren im Walde tun es auch, und ich werde es tun. Die Kirchen sind noch sehr weit von einander entfernt; es werden aber neue, wo Menschen an einer Stelle sich mehren, und ich werde im Walde bei meinem Hause eine Kirche errichten, sobald ich es tun kann.«
Was Witiko gesagt hatte, sagten auch Rowno und Diet und Hermann und die andern. Und der Zupan Lubomir sprach auch so, der einen Teil des Waldes beherrschte.
Und nach den Sachen des Glaubens sollten auch noch Dinge über die Besitztümer der Kirche oder Streitigkeiten darüber geschlichtet werden, insonderheit der alte Streit zwischen den Bischöfen von Prag und Olmütz über Podiwin.
Guido hatte manche Zusammenkünfte mit den mährischen Fürsten.
Öfter war auch Rat bei dem Herzoge.
Als vierzehn Tage seit der großen Versammlung vergangen waren, geschah die Einweihung der Kirche des heiligen Veit.
Der Herzog Wladislaw kam an dem Festtage mit dem Gefolge aller seiner Hofherren und der Lechen und Führer und Herren der Länder Böhmen und Mähren vor die Kirche. Die Herzogin kam mit ihren Frauen. Guido kam mit seinem Geleite. Es kamen Otto, der Bischof von Prag, Zdik, der Bischof von Olmütz, und Daniel, der Propst, und die Erzpriester und Priester von Prag und die Äbte der Klöster, und die Nonnen, und die Pröpste und Priester und Pfarrer aus vielen Teilen der Länder, und selbst aus der Fremde. Es kam ein Teil der Krieger Wladislaws, und es kam unzähliges Volk. Mehr als tausend Scharen von Menschen sind von allen Seiten der Länder Böhmen und Mähren zu dem Feste der heiligen Kirche Böhmens gekommen. Die Herbergen hatten sie nicht gefaßt, und sie lagerten unter dem freien Himmel.
Auf einem Platze abseits der Kirche, der mit unbehauenen Schranken umgeben war, knieeten mit entblößtem Haupte, mit bloßen Armen, mit nackten Füßen und in Gewänder von grober Leinwand gekleidet, Konrad, Wratislaw, Otto, Leopold, Spitihnew und Wladislaw, die Sprossen aus dem Stamme Premysls.
Die Weihe der äußeren Teile der Kirche wurde begonnen.
Alle, die vor ihr waren, knieeten in Andacht auf die Erde nieder. Es kniete der Herzog mit den Seinigen, die Herzogin mit den Frauen, alle Priester, die nicht bei der heiligen Handlung mitwirkten, und alle anderen. Es war der ganze Berg mit knienden Menschen voll.
Unter den Frauen der Herzogin knieete Dimut, und betete. Sie war in ein schwarzes Gewand gekleidet, und ihre Augen waren gegen die Erde gewendet.
Da die Heiligung vor der Kirche vollendet war, wurden ihre Tore geöffnet, und die Priester und der Herzog und die Herzogin und die Hofherren und die Herren der Länder und Krieger und Volk gingen in dieselbe.
Die mährischen Fürsten blieben auf ihrem Platze knien, da sie nicht in die Kirche gehen durften, weil sie in dem Banne waren.
In der Kirche wurde die Weihe ihrer inneren Teile begonnen, und dann war ein feierlicher Gottesdienst. Nie waren so viele und so hohe Kirchenherren bei einem Feste zugegen. Die Kirche war mit Menschen erfüllt. Und die Menschen vor der Kirche knieeten dicht an einander, und weit über den Berg hinab knieten sie, und manche warfen sich auf die Erde, und beteten und weinten.
Als die Feier in der Kirche vollendet war, ging der Zug des Herzogs, der Herzogin, des Hofes, der kirchlichen Herren und der Herren der Länder wieder aus der Kirche.