»Die gerade Feder ist der Trotz«, sagte Witiko, »und wenn ich meine Haube abtäte, so würdest du meine Locken sehen.«
»Trägst du die Locken nach deutscher Art?« fragte der Ritter.
»Wie sie die jungen Männer in Böhmen und Mähren tragen, habe ich sie nicht«, antwortete Witiko, »weil ich aus andern Ländern kam; aber unsere Ritter nähern sich schon eurer Kleidersitte; obgleich ich sagen muß, daß, wenn der alte Bolemil oder Lubomir in das dunkle fließende Gewand gekleidet sind, und die reichen Gürtel tragen, es erhabener aussieht, als eure schimmernden Fähnlein. In dem Mittage des Landes haben sie enge Gewänder aus grober Wolle. Ich trage sie auch, wenn ich dort bin.«
»Die werden wohl in diesen Gewändern nicht turnieren«, sagte der Ritter vom Kürenberge.
»Diese turnieren gar nicht«, entgegnete Witiko, »wo sie mit ihren Keulen oder Hämmern oder Eisenstangen hinschlagen, gilt es gleich auf das Leben.«
»Ich bin von den Bäumen, die in unserem Lande mit der unendlichen Obstblüte und der unendlichen Obstfrucht stehen, nicht zu euern Buchen und Tannen hinein gekommen«, sagte der Ritter, »und habe keinen Bären gesehen, der seinem Feinde die Haut abziehen, oder ihn erdrücken will.«
»Wir werden in dem nächsten Kriege sehen, was der Bär vermag«, sagte Witiko, »wenn dann auch kein zierlicher Sänger von ihm singt.«
»So muß ein unzierlicher singen, wenn sie unzierlich kämpfen«, sprach der Ritter.
»Er singe, wie sie kämpfen«, sagte Witiko.
»Lasse uns vorwärts zu Heinrich von Oftering reiten«, sagte der Ritter vom Kürenberge, »er wird sich freuen, daß du da bist. Heinrich und ich werden einmal einen Sang anheben von dem hörnernen Sifrid und von den Burgonden und von Island und von dem Könige Etzel und von Dietrich von Bern. Es möge nur nicht so werden, wie mit der schönen Frau in Passau, von der ich als Büblein die Farbe trug, und die ich nicht mochte han, was mir an meinem Herzen viel dicke weh getan.«
»So hast du das Lied von Passau nicht vergessen?« fragte Witiko.
»Ich habe es von Passau nach Wien getragen«, antwortete der Ritter; »aber ich achte jetzt mehr auf das Lied als auf die Frau. Witiko, reite recht oft zu mir in die Stadt Wien hinab, ich werde dir zeigen, was man tut und baut und singt, und werde dich zu Männern und Leuten führen.«
»Ich werde kommen«, sagte Witiko.
»Nun aber trachten wir zu dem hochgemuten Degen Heinrich von Oftering«, sprach der Ritter.
»So tun wir es«, sagte Witiko.
»Mit Vergunst, ihr Herren«, sprach der Ritter vom Kürenberge zu den Männern, die um Witiko waren, »gebt euerm Gaste Urlaub, wir reiten zu Heinrich von Oftering, der ihm ein Freund ist.«
»Reitet zu ihm, und gehabt euch in der Frist wohl«, sagte Poto von Potenbrun.
»Gehabt euch wohl«, sagte Witiko.
Und sie setzten ihre Pferde in schnellere Bewegung, und waren bald bei Heinrich von Oftering. Witiko grüßte ihn, er grüßte Witiko, und Witiko ritt nun auf seinem grauen Pferde zwischen den zwei Männern mit den blauen Gewändern und den weißen Pferden, und sie begannen zu sprechen.
Der Zug des Markgrafen ging nach mehrerer Zeit auf einem Wege in dem Walde nach abwärts. Er kam in ein enges Tal, in welchem ein Bach floß. Die Männer und Frauen ritten an dem Bache dahin. Dann kamen sie in ein weiteres Tal, ritten in demselben fort, bis die Bäume des Waldes zu Ende waren, und das Münster der neuen Burg vor ihnen stand. Sie ritten in das Münster, in dem Vorhofe stiegen sie von den Pferden, die Pferde wurden den Knechten zur Wahrung übergeben, Hartmann, der Abt, kam herzu, begrüßte die Mutter des Markgrafen, den Markgrafen und seine Gemahlin, und geleitete sie in die Kirche. Die Ritter, die Frauen und Jungfrauen folgten. Der Markgraf und die Markgräfinnen wurden zu einem geschmückten Platze geführt, die andern nahmen ihre Plätze ein, das Volk sammelte sich in dem hinteren Teile der Kirche, und es wurde ein feierlicher Gottesdienst gehalten. Nach dem Gottesdienste gingen die Gäste in den großen Saal, es wurde Wein und es wurden Speisen gereicht, und verschiedene Gespräche wurden geführt. Dann bestiegen die, welche von dem Kahlenberge gekommen waren, ihre Pferde, und ritten wieder auf den Berg zurück.
Dort wurden die Pferde in die Ställe gebracht, und die Reiter und Reiterinnen gingen in die Gemächer der Burg.
Am Mittage wurde in dem Saale ein Mahl abgehalten.
Nach dem Mahle waren Gespräche, und es war Lustwandeln in dem Walde.
Gegen den Abend ritten die, welche aus der Stadt gekommen waren, wieder in die Stadt zurück, und Männer der Burg, unter denen auch Witiko war, geleiteten sie über die Höhe des Waldes hinab.
Dann ritten sie wieder in die Burg zurück.
In den Tagen, die nun kamen, schloß Witiko Genossenschaft mit den Männern der Burg, und lernte die Frauen und Jungfrauen kennen, und diente ihnen nach der Sitte, wie er hier sah.
Eines Tages ritt er mit Raimund in die Stadt Wien hinunter. Er ging zu dem Fiedler vom Kürenberge und mit ihm dann zu Heinrich von Oftering. Sie grüßten ihn, und wandelten dann mit ihm in der Stadt herum. Sie zeigten ihm den Bau des Markgrafen, an dem geschaffen wurde. Sie zeigten ihm die Kirchen, und dann Häuser, die schon von alten Zeiten her da standen, und solche, welche neu emporgerichtet wurden. In den Gassen und auf den größeren Plätzen sah Witiko Männer und Frauen, Herren und Knechte, Ritter und Reisige, Feiernde und Arbeitende, Jünglinge und Kinder teils herumstehen, teils wandeln, teils reiten, teils sogar fahren. Er sah Werkstätten der Waffen, der Stoffe, der Gewänder, und Stätten, wo Gold und Silber verwendet wurde, und kostbare Edelsteine in Fassung kamen. Er betrachtete die Hütten, in denen Dinge zum Verkaufe lagen, und betrachtete freie Gassenschenken, wo die Leute Wein, Bier, Met und Zugehöriges genossen, und ein Harfner zu Zeiten Weisen ertönen ließ. An einem Hause sang ein Mann Lieder von einem Gerüste herunter, und viele hörten ihm zu, und an einer andern Stelle tanzten auf Brettern zu der Fiedel bunte Männer und Frauen. Die wandernden Krämer schrien ihre Waren aus, die sie trugen. Auch manchen fremden Mann und manche fremde Frau sah Witiko in der Tracht des Landes Ungarn oder der Länder Böhmen und Mähren oder des weiteren deutschen Reiches. An dem Saume der Stadt waren Gärten mit grünen Bäumen, mit Blumen, Gemüsen und Früchten, und mit Wegen zum Wandeln. Die jungen Ritter führten Witiko an diesem Tage auch zu Chunrad von Asparn, zu Werinhard von Brun, zu Udalrich von Marbach, zu Wolftrigil von Stein und zu Thiemo von der Aue. Dann aß und trank Witiko mit mehreren Rittern, und kehrte am Abende wieder auf den Kahlenberg zurück.
Und so kam er nun öfter in die Stadt, und trachtete, sie immer mehr zu ergründen. Er ging auch zu älteren Herren und Rittern, und hielt mit den jüngeren Genossenschaft. Er lernte auch Frauen und Jungfrauen kennen, und wurde in manche Wohnungen geladen. Zu Zeiten ritten einige seiner neuen Freunde auf den Kahlenberg, und pflegten mit ihm ihrer Übungen.
Einmal wurde ein Fest des Hofes angesagt, und Witiko dazu entboten. Man errichtete auf einem Anger außerhalb der Stadt vor den Häusern der Wollzeile viele Schranken. An den Schranken wurde ein Gerüste mit Sitzen und Söllern gezimmert, und noch andere Gerüste wurden herum errichtet. Über die Gerüste wurden kostbare Tücher gebreitet, und über die Söller seidene Dächer gespannt. An dem Tage des Festes saßen der Markgraf und die Markgräfin auf dem höchsten Söller unter dem seidenen Dache, und auf den andern Söllern und Sitzen saßen die Herren und Frauen des Hofes und die hohen Männer und Frauen des Landes, und Ritter und Ritterfrauen und Jungfrauen. Außerhalb der Schranken war viel Volk. Auf einem sehr schön gezierten Gerüste erhoben Ritter in prächtigen Gewändern ihre Stimme zum Gesange, und übten die Fiedel. Der Ritter vom Kürenberge und Heinrich von Oftering waren unter den Männern. Hierauf wurden die Preise in Gold und in Seide und in Kleinodien ausgeteilt. Dann ritten die Männer zum Turniere. Witiko ritt auf seinem grauen Pferde und einem schönen Sattel, dessen Schemel Goldränder hatten, in die Schranken. Er trug einen Ringpanzer, einen Helm mit goldenen Zierden und an dem Arme einen weißen Schild, darauf eine Waldrose war, die fünf Blätter und die dunkelrote Farbe hatte. Er erstritt sich